Genveränderte Pflanzen: ein Flop?

Die Anbauflächen für genveränderte Pflanzen sind 2007 um 12 Prozent gewachsen, ein Bericht der Umweltorganisation Friends of the Earth weist auf vermehrten Pestizideinsatz, resistente Unkräuter und fehlende Ertragssteigerung

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Am selben Tag, als die International Service for the Acquisition of Agri-biotech Applications (ISAAA) in Manila die Zahlen über den weltweiten Anbau von genveränderten Pflanzen vorlegte, präsentierte die Umweltschutzorganisation Friends of the Earth in Kuala Lumpur, Lagos und Brüssel ihren Bericht, der belegen soll, dass genveränderte Pflanzen die von der Industrie geäußerten Versprechungen nicht erfüllen. Sie führen zu einem verstärkten Einsatz von Pestiziden und können weder Hunger noch Armut bekämpfen.

Nach der ISAAA sind genveränderte Pflanzen 2007 auf weiteren 12.3 Millionen Hektar angepflanzt worden. Das sind 12 Prozent mehr, so dass sich nun der weltweite Anbau auf eine Fläche von über 114 Millionen Hektar erstreckt. Zudem meldet die Organisation den Erfolg, dass die Landwirte auch zunehmend mehr Pflanzen anbauen, bei denen mehr als nur eine Eigenschaft verändert wurde. Diese Anbaufläche wuchs um 12 Prozent oder 12,3 Millionen Hektar. Um imposantere Zahlen zu erhalten, multiplizierte die Organisation die Hektar mit der Zahl der Eigenschaften und kam mit der Zahlenspielerei auf einen Zuwachs um 22 Prozent oder 26 Millionen Hektar. Dazu beigetragen hat nicht zuletzt China, wo letztes Jahr 250.000 genveränderte, insektenresistente Pappeln gepflanzt worden sein sollen.

Grafik: ISAAA

Als weitere Erfolge führt ISAA an, dass die Zahl der Landwirte, die genveränderte Pflanzen anbieten, letztes Jahr um 2 Millionen auf 12 Millionen angewachsen sei. 90 Prozent seien ressourcenarme Landwirte. Die Wachstumsrate war in den Entwicklungsländern drei Mal so groß wie in den Industrieländern, es wurden auch erstmals in mehr Entwicklungsländern (12) genveränderte Pflanzen als in Industrieländern (11) angebaut. In den USA gibt es weiterhin die größten Anbauflächen, gefolgt von Argentinien, Brasilien, Kanada, Indien und China. Angepriesen werden nicht nur die wirtschaftlichen Vorteile, besonders auch für die Entwicklungsländer, sondern auch, dass die Ernten in Indien und China mit der Bt-Baumwolle um 50 bzw. 10 Prozent größer geworden seien, während der Einsatz von Insektiziden um "50 Prozent und mehr" abgenommen habe.

"four crops, two traits and a handful of countries."

Der Bericht Who benefits from GM-crops?, der von Friends of the Earth in Auftrag veröffentlicht wurde, kommt zu ganz gegenteiligen Ergebnisse. Es sei nach einem Jahrzehnt der Existenz von gentechveränderten Pflanzen, die mit großen Versprechungen beworben wurden, kein großer Erfolg, wenn sie gerade einmal auf 3 Prozent der weltweiten Anbaufläche angepflanzt werden, so heißt es hier. 70 Prozent der weltweiten Anbaufläche findet man in zwei Staaten: USA und Argentinien. Die Zahl der Pflanzenarten habe lange Zeit stagniert, da praktisch nur Sojabohnen, Mais, Baumwolle und Raps angebaut wurde. Dasselbe sei bei den Eigenschaften zu beobachten. Letztlich gibt es nur Pflanzen mit Herbizidtoleranz oder Bt-Sorten oder Pflanzen mit beiden Eigenschaften, die tatsächlich angebaut werden. Der Bericht sarkastisch dazu: "four crops, two traits and a handful of countries."

Nach dem Bericht hat mit dem Anbau von genveränderten Pflanzen der Pestizid-Einsatz nicht ab-,sondern massiv zugenommen. Dazu hätten sich Herbizid-resistente Unkrautpflanzen ausgebreitet. So habe sich von 1994 bis 2005 in den USA nach Angaben des US-Landwirtschaftsministeriums der Verbrauch des Monsanto-Pestizids RoundUp (Glyphosat), das zusammen mit genveränderten Pflanzen angeboten wird, um 15 Prozent, in Brasilien gar nach Regierungsangaben zwischen 2000 und 2005 um 80 Prozent gesteigert. Allein im Jahr 2006 stieg die Anwendung von RoundUp für Sojabohnen um 28 Prozent auf 44 Millionen kg. Zudem stieg der Verbrauch anderer Herbizide an. Nach Schätzungen benötigt man 25 Millionen Liter Herbizid – nicht Glyphosat -, um die resistenten Unkrautpflanzen zu vernichten.

Unseren KollegInnen aus Afrika wurde versprochen, dass Gentech-Pflanzen den Hunger ihres Kontinents beseitigen werden. Doch der überwiegende Teil wird als Futtermittel oder als Agro-Treibstoff für reiche Länder verwendet. Zusätzlich hat der Anbau zu keinerlei Ertragssteigerungen, sondern zu neuen Abhängigkeiten geführt. Die Bilanz, die die Biotech-Industrie vorweisen kann ist mehr als beschämend.

Jens Karg, Gentechniksprecher der Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000

Der Bericht verweist darauf, dass in den Entwicklungsländern mit der Einführung von genverändertem Saatgut die Zahl der kleinen Bauern sinkt. Bauern würden in eine Spirale der Verschuldung getrieben, was besonders in Indien seit Jahren zu einer Welle von Selbstmorden geführt hat. Die Ausbreitung von genveränderten Sojabohnen beispielsweise in Paraguay sei mit einer zunehmenden Armut der Bevölkerung einhergegangen.

Bestritten wird auch, dass genveränderte Pflanzen zu größeren Ernten führen. So sollen die Monsanto Roundup Ready-Sojabohnen keine besseren Ergebnisse als normale Sojabohnen-Sorten haben, möglicherweise sinken die Ernteergebnisse sogar um bis zu 10 Prozent. Ähnlich sei dies mit Bt-Baumwolle. In den USA, Argentinien oder Australien sei durch den Anbau die Ernst nicht angestiegen, in Indien und China seien die größeren Erntemengen nicht auf den Anbau von Bt-Baumwolle zurückzuführen, sondern beispielsweise auf günstigere Wetterbedingungen.