Wann hat Gott die Bakterien und vor allem die Krankheitserreger geschaffen?

Amerikanische Kreationisten haben nun eine "wissenschaftliche" Peer-Review-Zeitschrift gegründet, die schon mal mit überraschenden Einsichten aufwartet

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Kreationisten und die Anhänger der Theorie des Intelligent Design haben bislang meist nur versucht, die Evolutionstheorie zu entkräften, um ihre Ansicht durchzusetzen, dass Gott die Welt so geschaffen hat, wie es die Bibel beschreibt, also auch, dass sie erst ein paar tausend Jahre alt ist. Jetzt wollen die bibelgläubigen Fundamentalisten aus den USA aber selbst die Bildung wissenschaftlicher Theorien fördern und haben eine "Peer Review"-Zeitschrift im Internet mit dem Namen Answers Research Journal gestartet.

Hinter dem Zeitschriftenprojekt steht die Organisation Answers in Genesis, die ihre biblische Sicht der Dinge nicht nur in Form von Publikationen und Veranstaltungen, sondern auch in einem neu geschaffenen Museum als Wissenschaft präsentiert. Im Creation Museum können die Besucher Adam und Eva im Paradies mitsamt Schlange, den Sündenfall und auch Dinosaurier erleben, die etwa mit einer Gruppe von spielenden Kindern dargestellt werden.

Dinosaurier haben nämlich nach Ansicht der Kreationisten zeitgleich mit den Menschen gelebt, schließlich hat Gott am sechsten Tag die Landtiere und den Menschen geschaffen. Zu sehen gibt es auch die Arche Noah, in der vor der großen Sintflut jeweils ein Paar aller Landtiere Unterschlupf fand – auch die Dinosaurier. Die Sintflut, die vor 4.500 Jahren geschehen sein soll, erklärt übrigens auch, warum es Fossilien gibt. Das sind die Überreste der Tiere, die durch die Sintflut ertranken. Daher sind auch die Fossilien der Dinosaurier nicht älter als 4.500 Jahre. Und weil nach der Sintflut die Welt ganz anders war, starben die Dinosaurier wie viele andere Arten aufgrund fehlender Anpassung bald aus. Kreationisten, so heißt es auf der Website, würden aber nicht überrascht sein, wenn doch noch irgendwo einige Exemplare überlebt hätten.

Diese biblische Wissenschaft soll nun in wissenschaftlichen Artikeln weiter ausgebaut werden. Dazu wurde die neue Zeitschrift ("Cutting-edge creation research") gegründet, weil man die verwegenen "wissenschaftlichen" Theorien nicht in anderen anerkannten Zeitschriften unterbringen kann. Eingereicht werden können, so heißt es, Beiträge aus allen Wissenssparten, wenn ihnen die Theorie der Jungen Erde oder des Jungen Universums zugrunde liegt und sie die Entwicklung der Theorie von der göttlichen Schöpfung und der Sintflut unterstützen.

Wie das geht, zeigt einer der ersten Artikel, den man unbedingt lesen sollte, um einen Eindruck von der Geisteswelt der Kreationisten zu erhalten. Geschrieben hat den Artikel Biologieprofessor Alan Gillen von der baptistischen Liberty University in Lynchburg, Virginia, die von dem Pastor und Fernsehprediger Jerry Falwell Anfang der 70er Jahre gegründet wurde. Hier wird eine Ausbildung auf der Grundlage des christlichen Glaubens und der Heiligen Schrift vermittelt. Entsprechend ausführlich ist der Verhaltenskodex für die Studenten. Wer an dieser christlichen Universität Biologie studiert, wird in die Theorie der Jungen Erde und in den Kreationismus eingeführt. Gillen hat u.a. das Buch "The Genesis of Germs" geschrieben und beschäftigt sich mit dem menschlichen Immunsystem oder mit der Entstehung von Infektionskrankheiten. Das ist auch das Thema seines Beitrags in der Kreationistenzeitschrift: Microbes and the Days of Creation.

Mit Bakterien, Viren und anderen Kleinstlebewesen haben sich Kreationisten bislang nicht beschäftigt. Ein Problem ist nämlich, dass die Bibel nicht erwähnt, wann sie geschaffen wurden. Hier ist für den gläubigen Bibelausleger Fantasie gefragt, schließlich gibt Gott keine Antwort, auf die man sich beziehen könnte. Bakterien oder Viren kommen auch später in der Bibel nicht vor. Biologe Gillen stellt sich also die gewichtige Frage, ob sie in den ersten sechs Tagen der Schöpfung geschaffen wurden oder gar erst nach dem Sündenfall.

Manche Kreationisten würden annehmen, dass Bakterien und Viren zusammen mit den Pflanzen am dritten Tag von Gott geschaffen wurden, schließlich hätten sie Eigenschaften, die man mit Samen vergleichen könnte. Gillen gibt aber zu bedenken, dass die Mehrzahl der Mikroben in enger Gemeinschaft mit anderen Lebewesen lebt. Symbiose ist die Norm, weswegen sie als "biologische Systeme" mit Pflanzen, Tieren und Menschen geschaffen worden sein müssen und zwar als "unterstützende Systeme". Das sei auch ganz logisch, da Gott die Lebewesen von vorneherein völlig ausgewachsen geschaffen hat, weswegen er auch "verwobene, zusammengepackte Systeme" produzierte. Schließlich sind Mikroorganismen zum Recyceln von Nährstoffen, zum Abbau von Abfall und zur Fotosynthese für die Herstellung von Sauerstoff notwendig. Die Mikroorganismen müssen also gleichzeitig mit den Makroorganismen entstanden sein, da diese auf jene angewiesen sind. Das wäre zwar als Hinweis auf eine Evolutionsgeschichte zu verstehen, aber die darf ja nicht sein. Also hat Gott nach dem gläubigen Biologen die Mikroben in drei Tagen geschaffen. Die zu den Pflanzen passenden Cyanobakterien entstanden am dritten Tag, die mit den Tieren in Symbiose lebenden am fünften und sechsten Tag. Auch den Menschen überzog Gott mit Milliarden von symbiotischen Bakterien und schuf etwa E. coli für ihren Darm, damit sie verdauen können. Am vierten Tag war Gott bekanntlich damit beschäftigt, Sonne, Mond und Sterne sowie Tag und Nacht einzurichten.

Aber wenn alles so schön ineinander gefügt ist und Bakterien, Viren, Pilze, Amöben etc. noch gutartige Symbionten sind, woher kommen dann die bösen Krankheitskeime? Biblisch gesehen, so der christliche Biologe, seien Krankheiten ein "sekundärer Zustand", da Gott den Menschen und die Natur natürlich wohlgeordnet und gesund, also paradiesisch geschaffen hat (wie das mit dem Jagen und Fressen der größeren Tiere ist, spielt bei diesem Thema allerdings keine Rolle). Dem paradiesischen Zustand würde auch entsprechen, dass die meisten Bakterien gutartig seien, nur 5-10 Prozent würden Krankheiten auslösen. Leider ist die Erklärung der Entstehung der Krankheitserreger etwas kurz geraten und kommt ganz am Schluss in einer Anmerkung, die auf Gillens Buch verweist. Aber eigentlich gibt es dazu auch keine groß Begründung, weil die Sache doch evident ist: Entstanden sind die Krankheitserreger nach der Schöpfung und nach dem Sündenfall. Deswegen wurden die Menschen von Gott aus dem Garten Eden vertrieben und kam das Böse in die Welt.

Nur gut, dass nach der großen Flut das Feuer die Erde zerstören wird, wie uns die Kreationisten berichten. Damit wird alles Böse, das die Sintflut überstanden hat, endgültig vernichtet, wozu vermutlich auch die Krankheitserreger gehören. Und dann schafft Gott einen neuen Himmel und eine neue Erde, allerdings nur für die Gläubigen, der Rest wandert für alle Ewigkeit in die Hölle: "But for those who commit their lives to the Lord — what a wonderful message! What a wonderful Savior! What a wonderful salvation in Christ the Creator!"