Schlechte Aussichten für den Klimaschutz

Das größte Hindernis beim Aufhalten des Klimawandels könnte das selbstsüchtige Verhalten des Menschen sein. Wir sind selbst bei großem Gesamtrisiko offenbar nicht bereit, bewusst unseren eigenen kleinen Beitrag zu leisten

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Auf kurze Sicht geht es in der Regel dem am besten, der selbstsüchtig nur auf sein eigenes Wohl bedacht ist. Das ist beim Klimaschutz nicht anders: Zwar ist ein gewisses Risiko absehbar, dass es dereinst allen Menschen schlechter geht als heute. Verhindern ließe sich das, gäbe jeder Beteiligte ein wenig von seinen Ressourcen ab. Doch das moralische Dilemma wird schnell klar: Wenn alle anderen außer mir Energie sparen, dann wird das Ziel mit hoher Wahrscheinlichkeit trotzdem erreicht. Und ich habe mein komfortables Leben kein bisschen einschränken müssen.

Oder andersherum betrachtet: wenn nur ich allein meinen Teil beitrage, geht es mir am Ende genauso schlecht wie allen anderen - und das, obwohl ich ja mein Scherflein beigesteuert habe. Gerade in Klimafragen ist sich die Forschung ja einig: je eher man etwas tut, desto geringer sind die nötigen Investitionen. Aber wer zuerst und am eifrigsten die Zukunft der Menschheit sichert, muss auch die damit verbundenen ökonomischen Kosten tragen, ohne sicher sein zu können, dass sich das rentiert.

Dass trotzdem womöglich zu wenig passiert, ist vermutlich dem menschlichen Verhalten zuzuschreiben. Das verrät jedenfalls ein Experiment, das sich deutsche Forscher ausgedacht haben, und das sich auf die Diskussion um den Klimawandel gut übertragen lässt. Die Ergebnisse des Versuchs sind in der aktuellen Ausgabe der Mitteilungen der US-Akademie der Wissenschaften (PNAS) nachzulesen. Die Wissenschaftler fassten die Eigenschaften des zu untersuchenden Dilemmas so zusammen: Die Teilnehmer müssen ihre Entscheidungen wiederholt treffen, bevor das Ergebnis klar wird. Die Investitionen sind verloren. Der effektive Wert des öffentlichen Gutes (hier der Verhinderung des Klimawandels) ist unbekannt. Das übrig bleibende private Gut ist mit gewisser Wahrscheinlichkeit in Gefahr, wenn das Ziel nicht erreicht wird.

Mit einem Spiel haben die Forscher diese Merkmale umgesetzt: sie statteten 30 Gruppen von je sechs Studenten mit je 40 Euro Grundkapital aus. Die Probanden hatten nun die Aufgabe, in zehn Runden 0, 2 oder 4 Euro in eine "Klimakasse" einzuzahlen, und zwar anonym. Das Ziel bestand darin, am Ende mindestens 120 Euro in dieser Kasse zu besitzen. Wurde dieses Ziel erreicht, passierte gar nichts: Jeder Student durfte sein übrig gebliebenes Geld behalten. Wurden die 120 Euro aber nicht erreicht, wurde gewürfelt. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 90, 50 oder auch nur zehn Prozent verloren dann alle Gruppenteilnehmer ihre Ersparnisse. Im besten Fall würde also jeder Proband 20 Euro in die gemeinsame Sache einzahlen - eine faire Aufteilung.

Was die Forscher wunderte: Auch in der Hochrisikogruppe kamen die 120 Euro nur in der Hälfte der Fälle zusammen. Also selbst wenn die Mitspieler mit dem 90-prozentigen Risiko rechnen mussten, alles zu verlieren, gab es in der Hälfte der Fälle noch mehr Schmarotzer unter den Probanden als besonders Hilfsbereite. Immerhin zeigte es sich, dass die Mitspieler lernfähig waren: wenn im Lauf des Spiels absehbar war, dass das Ziel nicht erreicht würde, änderte manch Student sein Verhalten und wurde altruistischer. Anders war es in der Gruppe mit 50-Prozent-Risiko: Hier nahm mit dem Fortschreiten des Spiels selbstsüchtiges Verhalten zu. Deshalb erreichte auch nur eine einzige Gruppe das 120-Euro-Ziel.

Die Folgerung der Wissenschaftler - jetzt wieder auf den Klimawandel bezogen: jeder Einzelne muss das Risiko, alles zu verlieren, sehr genau kennen - nur dann ist er auch bereit, von sich aus den nötigen kleinen Beitrag zu leisten.