RWE-Chef droht mit "tagelangen Stromausfällen"

Konzernchef Großmann will politischen Druck ausüben und hat offenbar Sorge davor, dass CDU und Grüne sich annähern könnten

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Jürgen Großmann, der Vorstandsvorsitzende der RWE, nutzt die Stromausfälle in Florida und die Bühne, die ihm Bild bietet, und warnt davor, dass im Sommer auch in Deutschland "tagelange Stromausfälle" drohen könnten.

Die Warnung dient vor allem dem Ziel, die sowieso schon sprudelnden Einkünfte des Konzerns durch politischen Druck auf die CDU und gegen die Grünen und die Linkspartei zu mehren. Die CDU müsse aufpassen, in einer Koalition mit den Grünen nicht ihre Identität zu verlieren, sagt Großmann und meint damit vor allem, dass ökologische Ziele für eine "Wirtschaftspolitik mit Augenmaß" klein gehalten werden müssen. "Schon heute haben wir enorme Probleme", beklagt sich der Konzernchef, "neue moderne Kraftwerke zu bauen, die alte Anlagen ersetzen. Wir riskieren damit steigende Preise und verzichten auf höhere Wirkungsgrade und mehr Umweltschutz."

Gefordert wird nicht uneigennützig, weiterhin auf Braunkohle und Kernenergie zu setzen, zudem sollen "Politik und auch die Bürger ihren Widerstand gegen den Neubau von Kraftwerken aufgeben – sonst drohen Engpässe und Blackouts!"

Großmann hat gerade erst wieder für 2 Millionen Euro RWE-Aktien gekauft. Vielleicht dämmert dem Konzernchef, dass langfristig die Vormachtstellung der vier Energieriesen in Deutschland bröckeln könnte, weswegen man Katastrophenszenarien an die Wand malt und sich bekanntlich beim Ausbau der Netze zurückhält, aber gleichzeitig gerne die Stromnetzentgelte erhöht. Die Bundesnetzagentur hatte erst kürzlich wieder kritisiert, dass die Übertragungsnetze nicht ausreichend ausgebaut werden und es deswegen zu Stromausfällen kommen kann.

3,6 Prozent der Kunden, das ist eine Viertelmillion, hat RWE im letzten Jahr an andere Stromanbieter verloren. Auch wenn Großmann am Freitag noch mit einem Umsatz von über 42 Milliarden und einem betrieblichen Ergebnis von 6,5 Milliarden Euro große Gewinne für das letzte Jahr verkünden konnte, musste er die Aussichten für die nächsten Jahre etwas dämpfen. Auch zu diesem Anlass klagte Großmann, dass das Klima rauer für RWE werde und daran vor allem die Politik Schuld sei, die wegen der steigenden Energiepreise Druck zur Herabsetzung der Netzengelte ausübt und das Kartellrecht verschärft:

Unter dem Strich sehen wir uns einer Energiepolitik ausgesetzt, die sehr viel Wert legt auf Ökologie, aber zu wenig auf Ökonomie und Versorgungssicherheit. Damit hält Deutschland an seinem Sonderweg fest: Bei ambitionierten CO2-Minderungszielen soll es beim Ausstieg aus der Kernenergie bleiben. Dies wird unweigerlich dazu führen, dass die politisch bedingten Strompreisbelastungen weiter steigen.

Jürgen Großmann