Es ist alles nur ein Spiel

Rollenspiele durchdringen als Alternate Reality Games das Internet. Ein Interview mit einem Veranstalter

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“Discovering the object of the game is the object of the game.“ Mit diesen Worten lässt sich Michael Douglas in David Finchers "The Game" erklären, in was er da eigentlich hineingeraten ist: Ein Alternate Reality Game, wie das Phänomen inzwischen genannt wird. Das Spielkonzept lebt von der Eigendynamik des Internets, häufig aber auch davon, ein ganz klares kommerzielles Interesse zu verfolgen. Die Verschmelzung von äußerer Realität und Fiktion des Spiels ist dabei essentiell. Am 20. Februar hat Telepolis – unbemerkt von den meisten Lesern - mit einem Artikel zu dem Spiel "Final Mill" beigetragen. Jetzt, nach dessen erfolgreichem Abschluss, unterhielten wir uns mit Patrick Möller, einem der Veranstalter.

Können Sie das ARG - Alternate Reality Game – "Final Mill", das Ihre Agentur vm-people veranstaltet hat, kurz inhaltlich zusammenfassen?

Patrick Möller: Ganz kurz geht es leider nicht, aber ich versuche mal, es so kurz wie möglich zu halten. Eine Persönlichkeit aus der Vergangenheit, Ada Lovelace, hat eine Botschaft an die Nachwelt hinterlassen. Und von dieser Botschaft denkt ein Unternehmen – oder zumindest dessen Führung -, dass sie ein ausführbarer Programmcode ist. Das hängt damit zusammen, dass Ada die Botschaft auf Lochkarten hinterlassen hat. Diese Lochkarten konnten allerdings bis zur heutigen Zeit nicht entschlüsselt werden.

Das Unternehmen, die Van Velsenmeer Stiftung, nimmt sich jetzt dieser Aufgabe nochmal ganz neu an und schickt diese Karten hinaus in die Welt, um Personen zu finden, die diese Karten entschlüsseln können. Unter Anderem gibt es auch eine Person, die diese Karten erhält, namens Vivien Pastiof, eine junge Webdesignerin aus Hamburg. Wie sich später im Spiel herausstellt, ist sie eine Nachfahrin von Ada Lovelace, und mit ihr wird ein böses Spiel getrieben: Zunächst ist ihr Freund entführt worden – zumindest glaubt sie das sehr lange -, bis sich zum Schluss herausstellt (nachdem die Karten entschlüsselt werden konnten), dass ihr Freund eigentlich in die bösen Machenschaften des großen Unternehmens verwickelt war und die Entführung nur vorgespielt hat. Er dreht dann den Spieß um und entführt sie, um an einen allerletzten Code – die Hauptverschlüsselung der Karten – heranzukommen.

Dazu muss man sagen: Jede Karte ist einmal einzeln verschlüsselt - und dann gibt es noch eine für alle Karten gemeinsam gültige Hauptverschlüsselung. Ihr Freund erpresst also von den Spielern (den Teilnehmern an diesem ARG) das Hauptpasswort. Das Ganze endet dann damit, dass alle Karten entschlüsselt werden konnten und die Machenschaften der Van Velsenmeer Stiftung beendet wurden. Die hatten nämlich einen Wurm programmiert, mit dem sie das Internet infizieren wollten, was mit Hilfe der Spieler abgewendet werden konnte.

Das gipfelte in einem großen Finale, in dem sich die Spieler mit einem Server der Van Velsenmeer Stiftung verbinden mussten, um dort das Wurmprogramm tatsächlich zu blockieren. Es gab einen Countdown, mit dessen Ablauf sich das Wurmprogramm komplett auf das Internet verteilen sollte - und die Spieler mussten mit einem Programm auf diesen Server zugreifen und verhindern, dass das passiert. Das ist ihnen auch gelungen.

Ein Kaninchenbau: Der USB-Stick in der Pizza – in diesem Fall aus dem ARG „Push11“

Sie reden von Spielern. Wie haben Sie diese Spieler denn gefunden? Wo nahm das Spiel seinen Anfang?

Patrick Möller: Das ist ganz unterschiedlich. Für ein ARG legt man so genannte rabbit holes aus – in Analogie zu Lewis Carrolls "Alice im Wunderland", wo die kleine Alice durch den Kaninchenbau in eine ganz neue Welt voller Fantasien hineinfällt. Bei Alternate Reality Games ist das sehr ähnlich, durch diese rabbit holes werden die Spieler in eine alternative Realität hineingezogen und können daran teilnehmen, mit den Figuren des ARGs interagieren – ihnen schreiben, mit ihnen telefonieren, sie treffen. Aber das wird über diese rabbit holes generiert.

Und in diesem Fall war das rabbit hole der Versand der Lochkarten?

Patrick Möller: Ganz genau. Es gab mehrere rabbit holes. Ganz zu Anfang wurden die Lochkarten versandt, etwas später dann Sanduhren. Solche kleinen Sanduhren, die man beim Zähneputzen verwendet, um zu wissen, wann man lange genug geputzt hat. Beide enthielten Hinweise auf Webseiten und Rätsel aus dem Spiel. So kann man als Spieler jederzeit in das ARG hineingelangen.

Und wie haben Sie die Spieler ausgewählt? Woher hatten Sie überhaupt die Adressen, an die sie die Lochkarten und Sanduhren verschickt haben?

Patrick Möller: Es ist so, dass wir das natürlich nicht zum ersten Mal machen, sondern dass das bereits unser viertes ARG in Deutschland war. Zum Einen hat sich inzwischen eine Art Community darum gebildet, so dass man gezielt sehr aktive Spieler als Empfänger dieser ersten rabbit holes anvisieren konnte. Zum Anderen ist allerdings auch eine sehr aufwändige Recherche unsererseits im Vorfeld nötig, um Personen zu finden, die daran Spaß haben könnten, an so etwas teilzunehmen.

Melden Sie sich nicht bei uns – die Van Velsenmeer Stiftung wirbt in der c’t

Und diese Lochkarten-Empfänger waren Blogbetreiber?

Patrick Möller: Nein, nicht nur. Es ist natürlich schon so, dass man Personen auswählt, die in erster Linie selber auch in irgendeiner Art und Weise publizierend tätig sind – die das also nicht nur für sich selbst behalten. Auf der anderen Seite streut man natürlich breiter. Die Empfänger waren ganz bunt gemischt. Um Ihre Frage nach den Adressen zu beantworten: Dafür bedarf es tatsächlich sehr viel Arbeit unsererseits. Wir kopieren nicht die Adresse aus dem Impressum eines Blogs heraus, die ja häufig auch ausdrücklich darauf hinweisen, dass sie nicht von irgendwelchen Werbeaktionen belästigt werden möchten. So etwas machen wir definitiv nicht. Es gibt andere Wege, an die Adressen entsprechender Personen zu gelangen.

Die Adressen waren also von den Inhabern für die Verwendung im Rahmen einer solchen Aktion freigegeben?

Patrick Möller: Ich selbst war in diesem Bereich nicht sehr involviert, aber soweit mir bekannt ist, war dieses Einverständnis gegeben.

Die Spieler konnten beim Erhalt einer solch mysteriösen Sendung also damit rechnen, dass es sich um ein Spiel und eine Werbeaktion handelte?

Patrick Möller: Zum größten Teil, ja. Wenn man kein Paket erwartet, aber plötzlich eines überreicht bekommt, dann ist das natürlich schon etwas Besonderes. In diesem Fall waren es ja nicht nur Lochkarten (die hätte man ja in einen Umschlag stecken und so verschicken können), welche bei den Empfängern ankamen, sondern die Lochkarten befanden sich zusammen mit einer Nachricht in einem kleinen Holzschächtelchen. Es war also schon ein etwas größeres, auffälligeres Paket als ein normaler Briefumschlag.

Ada Lovelace und ihre Spuren im Web

"this is not a game"

Wenn man jetzt so eine Lochkarte bekommen hat, wie geht es denn jetzt weiter? Wie kann ich als potentieller Teilnehmer signalisieren, dass ich mitspielen will?

Patrick Möller: Stellen Sie sich vor, Sie haben das bekommen und wissen nicht sofort, was Sie damit anfangen sollen. Das ist auch eines der Prinzipien von Alternate Reality Games: "this is not a game." Das Spiel behauptet von sich selbst, kein Spiel zu sein. Deswegen ist es nahe liegend, jetzt auf ganz herkömmliche Weise über Google nach Informationen zu suchen. Dann wird man sehr schnell feststellen, dass andere dieses Paket auch erhalten haben. Mit denen kann man sich dann zusammenschließen, um sich auf die weitere Suche zu begeben.

Die Eigeninitiative der potentiellen Spieler ist also für Sie ein ganz wichtiger Faktor für das Gelingen eines solchen Spiels?

Patrick Möller: Das ist richtig. Das ist bei versendeten rabbit holes der erste Stein, der ins Rollen gerät.

Gibt es einen Backup-Plan, wenn die erhoffte Resonanz auf die Pakete ausbleibt, vielleicht weil die Lochkarte doch nicht genug Neugier wecken konnte?

Patrick Möller: Einen Backup-Plan gibt es immer. Man muss dazu sagen, dass dieses erste rabbit hole in der Regel auch nicht das Einzige ist. Es muss nicht damit beginnen, dass ich etwas zugeschickt bekomme, sondern ich kann auch im täglichen Leben auf etwas aufmerksam werden, über das ich stolpere. Etwas, das mir einfach ein bisschen seltsam erscheint. Konkretes Beispiel am Fall "Final Mill": Wir hatten im Anzeigenteil der c't eine Anzeige geschaltet, im Namen der Van Velsenmeer Stiftung. Der Anzeigentext lautete dabei ganz bewusst: "Melden Sie sich nicht bei uns, wir melden uns bei Ihnen", und darunter stand die Adresse der Stiftungswebseite. Wenn Sie jetzt also gerade die Anzeigen durchblättern und das sehen, dann wird Ihnen das wohl etwas seltsam vorkommen. Sie klicken dann auf die Seite, sehen, dass das etwas seltsam ist, was dort passiert, und suchen dann weitere Informationen darüber – ein anderer Weg ins Spiel. So gibt es also noch viele weitere Wege hinein.

Beißen denn viele an? Können Sie Erfolgsquoten nennen, wie viele der Köder tatsächlich einen Spieler produzieren?

Patrick Möller: Prozentuale Quoten kann ich leider zur Zeit nicht nennen. Man muss aber beachten, dass es bei ARGs tatsächlich unterschiedliche Stufen der Involvierung gibt. Das heißt, es gibt einen sehr aktiven Kern, das ist aber eher ein geringer Anteil. Wir haben also vielleicht 50-60, vielleicht auch mal 100, sehr aktive Spieler, die ständig miteifern, Aufgaben und Rätsel lösen. Darunter gibt es aber mehrere Abstufungen: Leute, die beispielsweise einmal am Tag vorbeischauen und bei einer Aufgabe mitmachen. Zur Zeit lässt sich also nicht genau sagen, wie viel involvement das Ganze generiert, außer dass wir wissen, dass es sehr viel höher als zum Beispiel bei Bannerwerbung ist, auf die man heutzutage kaum noch klickt.

"Final Mill" warb für Microsofts "Visual Studio 2008". Wie steht denn das Produkt in Verbindung zum Plot des Spiels?

Patrick Möller: An verschiedenen Stellen des Spiels wurde eben diese Software verwendet. So gab es einen, von der Van Velsenmeer Stiftung veranstalteten, Termin, zu dem einige Spieler eingeladen waren, wo es eine Programmieraufgabe unter Verwendung von "Visual Studio 2008" zu bewältigen gab. Genauso gab es noch zwei oder drei weitere Momente, wo man mit dieser Programmierumgebung in Berührung kam – wo man sie nutzen konnte, aber nicht unbedingt musste, um im Spiel voranzukommen.

Damit ist klar, wie der Werbeeffekt für die Teilnehmer am Spiel aussieht. Lebt eine solche Aktion aber nicht auch davon, dass darüber geschrieben wird? Wird dort der Bezug zum Produkt überhaupt noch hergestellt?

Patrick Möller: Dass jemand in seinem Blog oder einem Forum darüber schreibt, ist ein Zusatzeffekt, den man erreichen kann. Das Hauptsächliche ist aber, dass sich die Spieler zusammenfinden, um gemeinsam den Verlauf des ARGs voranzutreiben. Dort wird dann in der Regel auch sehr viel spekuliert. Es findet eine Meta-Diskussion statt, wer dahinter stecken könnte und um was es geht. Das setzt auch schon sehr früh ein, und das entwickelt sich spielbegleitend. Wenn darüber auch noch außerhalb des ARG-Forums geredet wird, dann ist das aber nur ein Zusatzeffekt, der für den eigentlichen Verlauf des ARGs nicht mehr unbedingt nötig ist.

Die beinahe alleinig angesprochene Zielgruppe dieser Werbung sind also nur diejenigen, die auch an dem Spiel teilnehmen. Ein anderes ARG von ihrer Agentur, Push11, sollte den Roman "Das Kind" bewerben. Hier erhielten zum Schluss die Spieler den Roman als Lohn für ihre Teilnahme. Ist das nicht ein Widerspruch, wenn man die Gruppe, um die man wirbt, mit dem beworbenen Produkt beschenkt?

“To execute these commandments you’ll have to find the properly gifted fellows.” – ein solcher Begleitbrief lag den Lochkarten bei

Patrick Möller: Überhaupt nicht. In diesem Fall war die Geschichte von Push11 ja ein Prolog zum Buch. Jede andere Firma würde jetzt sagen: "Wenn sie den Prolog durchgespielt haben, dann lassen Sie anschließend die Kunden das Buch kaufen." Was wir machen wollen, ist aber, Gespräche zu erzeugen. Das geht nicht, indem man die Kunden und Mitspieler anschließend mit einer Kaufaufforderung im Raum stehen lässt. Gespräche kann man nur dadurch erzeugen, wenn man auf bestehende Gespräche aufsetzt. Das war hier auch der Fall: Es gab einen geschlossenen Leserkreis dieser aktivsten Teilnehmer, die noch vor der Buchveröffentlichung bereits das Manuskript zu lesen bekamen und sich darüber schon ihre Gedanken machen konnten und sich darüber also auch bereits austauschen konnten. Nicht nur untereinander, sondern auch gegenüber Freunden, Bekannten und eben mit jedem, mit dem sie sich darüber austauschen wollten.

Wie begeistert sind denn die Spieler im Allgemeinen, wenn sie bemerken, dass alles nur eine große Werbeaktion war? Ärgern die sich nicht im Nachhinein, dass sie zwei Wochen ihrer Freizeit in Werbung investiert haben?

Patrick Möller: Das gibt es auch, dass sich einige darüber ärgern. Das ist allerdings eher ein geringer Anteil. Die meisten Teilnehmer – und das stelle ich auch jetzt nach dem Ende von "Final Mill" wieder fest – sind einfach, wie Sie schon sagten, begeistert davon, Teil dieser alternativen Realität gewesen zu sein. Sie haben über einen gewissen Zeitraum das Leben einer oder mehrer Figuren mit verfolgt, konnten in die Handlung eingreifen, konnten sie teilweise selbst bestimmen. Zumindest aus den Reaktionen, die wir momentan zurückbekommen, schließen wir, dass es für die Spieler ein besonderes Erlebnis war. Der überwiegende Teil ist sehr positiv gestimmt. Natürlich kam "Visual Studio 2008" in dem ARG hier und da vor, aber eben nicht in der Holzhammermethode, wie sie in Fernsehspots oder Werbeanzeigen eingesetzt wird. Die Entscheidung, mitzuspielen, erfolgt bewusst und freiwillig - daher kommt auch kaum negative Stimmung auf.

Die Grenze zwischen dem Spiel und der Realität

Ein wichtiger Teil eines solchen Spiels ist ja auch die Verschmelzung der tatsächlichen Realität mit der alternativen Realität des Spiels. Deswegen müssen ja auch davon unabhängige Medien in das Spiel einbezogen werden. Sie hatten vorhin schon die Anzeige in der c't erwähnt. Telepolis hat unter dem Pseudonym Achim A. Berger – einer Randfigur des Spiels - einen Artikel Ihrer Agentur veröffentlicht. Und für Vivien Pastiof gibt es ein Facebook-Profil. Ein solches Fake-Profil widerspricht aber den Nutzungsbedingungen. War das mit Facebook abgesprochen?

Ist Viviens Profil im Facebook ein Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen?

Patrick Möller: Da muss ich jetzt, ehrlich gesagt, passen, das kann ich Ihnen auf die Schnelle nicht beantworten. Letzten Endes gehört so etwas zu einem ARG dazu - sei es Grasroots oder kommerzieller Natur – dass die Figuren des Spiels auch durch solche Sachen greifbar gemacht werden. Das ist ein ganz wichtiges Element, das für Kommunikation zwischen Spielern und der Figur sorgt, weil man sich darüber Nachrichten schreiben und Bilder von der Person sehen kann. Es gibt einen Einblick in die Hobbies – alles Dinge, die man sonst von der Webseite nicht unbedingt mitbekommen würde.

Das ist bestimmt richtig, so lange jeder, der das verfolgt, sich darüber bewusst ist, ein Spiel zu beobachten. Untergräbt es denn nicht für jemanden, der nur am Rande involviert ist, das Vertrauen in die Realitätstreue und Objektivität solcher Medien?

Patrick Möller: Vielen, die damit zum ersten Mal in Kontakt gekommen sind, wird eben durch die Gespräche mit anderen sehr schnell bewusst, dass sie sich in einem ARG, einem Spiel, befinden. Deshalb hat sich eine solche Frage für die meisten gar nicht erst gestellt. Bei unseren ARGs ist es so, dass wir bewusst Seiten und Profile recht offensichtlich so "strange" aussehen lassen, dass sie eigentlich nicht real sein können. Im Endeffekt kann jeder, der sich eine solche Seite anschaut, schon sehr schnell feststellen, dass es sich eben nicht um reale Personen handelt, sondern um Figuren aus einem Spiel.

Überschätzen Sie dabei nicht die User? Im Film „The Game“ geht es im Grunde um genau so ein Spiel. Gleichzeitig wird aber gezeigt, wie schnell die Grenze zwischen dem Spiel und der Realität verwischen kann. Wie können Sie jetzt ausschließen, dass nicht jemand zum Beispiel die Polizei ruft, wenn er etwas Verdächtiges beobachtet.

Patrick Möller: Nehmen wir mal ein Beispiel aus Push11. Da gab es tatsächlich Live-Events, wo solche Szenen durchaus auch vorgespielt wurden. Spieler trafen sich an bestimmten Orten, von denen sie kurz zuvor erfahren hatten, und konnten in einer Live-Situation vor Ort zum Beispiel einen Tatort miterleben, oder sich direkt auf Spurensuche machen. In so einem Fall sichern wir uns natürlich ab, nicht anders als bei einer Filmproduktion: Die öffentlichen Behörden sind darüber informiert, dass ein solches Schauspiel stattfindet. Von Videos, die auf YouTube gefunden werden und wo es um beispielsweise Entführungen geht, kann man das natürlich nicht sagen. Auch da werden heutzutage Sachen auf YouTube gezeigt werden, die schon sehr extrem sind. Da versuchen wir, uns einen Riegel vorzuschieben und eben nicht so extrem zu produzieren, wie es vielleicht von Anderen gemacht wird. Man darf aber auch nicht verkennen, dass es sich um Videos unter vielen handelt. Diejenigen, die das Video sehen, sind dann in der Regel auch die, die aktiv am Spiel teilnehmen. Daher ist der Anteil zufälliger Betrachter solcher Videos naturgemäß recht gering, und das sind – so würde ich es einschätzen – eher nicht die Leute, die sofort die Polizei verständigen.

Eine letzte Frage: Wenn ich auch an einem ARG teilnehmen will, wie erhöhe ich denn dann meine Chancen, auch einmal eine Lochkarte zugeschickt zu bekommen?

Patrick Möller: Es gibt bestimmte Kanäle und Foren, in denen Alternate Reality Games stark diskutiert werden. Eine sehr gute Chance habe ich zum Beispiel, wenn ich bei solchen Sachen Mitglied bin. Bei den letzten beiden ARGs war es so, dass die Spieler untereinander Email-Listen erstellt hatten, über die sich Informationen über neue Spiele sofort verbreitet haben. Das ist zwar mit der Lochkarte noch nicht vergleichbar, aber auch das kann man beeinflussen. Man sollte zwar nicht in einem solchen Forum unbedingt seine Adresse posten, um Gottes Willen, aber man kann durchaus schreiben, dass man auch gerne mal so etwas erhalten würde. Dann sind die Chancen auf jeden Fall höher, als wenn man das noch nicht gemacht hat.