Das Kennedy-Puzzle

Das angebliche "Transkript" eines gemeinsamen Mordplans von Oswald und Ruby bereichert zwar nicht den Forschungsstand, weckt aber die Geister der Vergangenheit

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Vor kurzem erregten bisher der Öffentlichkeit unbekannte Asservate bezüglich des Attentats auf John F. Kennedy Aufsehen, die nach knapp 45 Jahren in einem Tresor des Gerichts von Dallas aufgetaucht waren. Neben persönlichen Gegenständen von Lee Harvey Oswald sowie seinem Mörder Jack Ruby tauchte nicht nur ein Holster, sondern auch eine mögliche „smoking gun“ auf: ein Transkript einer angeblichen Unterhaltung zwischen Oswald und Ruby, bei der beide den Mord an Präsident John F. Kennedy besprochen haben sollen. Ein fragwürdiges Beweismittel für eine Verbindung zwischen den beiden Schlüsselfiguren – die längst bewiesen ist.

Als wäre der Präsidentenmord alleine nicht schon rätselhaft genug gewesen, so erschoss kurz darauf Jack Ruby den zum Mörder gekürten Verdächtigen Lee Harvey Oswald. Über die Motive von Oswald und Ruby für die ihnen zur Last gelegten Taten wird bis heute spekuliert. Was das aufgetauchte ominöse Transkript betrifft, so halten es praktisch alle Kommentatoren für eine Fälschung oder Fiktion. Höchstwahrscheinlich handelt es sich bei der angeblichen „Mitschrift“ um nichts Banaleres als um den Entwurf eines Drehbuchs für einen halbdokumentarischen Film, für den sich im gleichen Tresor ein Vertrag mit Henry Wade fand, dem damaligen Bezirksstaatsanwalt von Dallas. Auch Fälschungen im Zusammenhang mit dem Kennedy-Attentat wären nichts wesentlich Neues und stammen bisweilen von unerwarteter Seite.

„Oswalds“ Brief vom KGB

Der sowjetische Geheimdienst KGB – und ihm wohl folgend Chruschtschow - hielt die in den Südstaaten führenden Ölmagnaten und rechtsgerichteten Kommunisten-Paranoiker Clinton Murchison und Haroldson L. Hunt (nicht zu verwechseln mit dem Geheimdienstler Ethan Howard Hunt) für die Drahtzieher des Attentats. Hunts Sohn Nelson Bunker Hunt hatte anlässlich des Kennedys Besuchs in der Hochburg der amerikanischen Rechten eine aggressive Anzeige geschaltet, in welcher der Präsident des Hochverrats geziehen wurde. Auch war Ruby einen Tag zuvor bei Bunker Hunt gesehen worden. Radio Moskau bezweifelte angesichts der Sicherheitsmaßnahmen, dass ein einzelner Fanatiker Kennedy hätte töten können, und witterte den ultrarechten Präsidentschaftskandidaten Barry Goldwater hinter einem Staatsstreich.

In einem KGB-Bericht war von einem Journalisten der „Baltimore Sun“ die Rede, der in einem Privatgespräch von Ruby erfahren haben wollte, Ruby habe Oswald im Auftrag einer Gruppe texanischer Industrieller unter Führung Hunts Geld für den Mord geboten. Oswald war dem KGB unangenehm, da dieser wegen seiner Jahre in der Sowjetunion und seiner Aktionen im kommunistischen Umfeld in den USA die Kommunisten in Misskredit bringen konnte.

Das KGB verfolgte wohlwollend die Aktivitäten des zähen Rechtsanwalts Mark Lane, der in Dallas tapfer Beweismittel sicherte und in täglichen Reden gegen die gleichgeschaltete Mainstream-Presse wetterte. Ohne dessen Wissen unterstützte das KGB Lanes Verleger im Hintergrund. In den 70er Jahren protegierte das KGB verdeckt Verschwörungstheoretiker wie den Deutschen Joachim Joesten, die Oswald als „einen Agent provocateur des FBI mit CIA-Hintergrund“ sahen. Ein ungleich größerer Anteil an der Verbreitung der Zweifel an der Oswald-These dürfte jedoch der verdächtigen Geheimniskrämerei der US-Behörden geschuldet sein.

Nach dem Watergate-Skandal beschloss das KGB 1975, der „Wahrheit“ auf die Sprünge zu helfen, in dem es Nixons Handlanger, den Ex-CIA-Mann Ethan Howard Hunt in Verbindung mit dem Kennedymord brachte. Hierzu fälschte das KGB einen scheinbar von Oswald stammenden Brief und lancierte Fotokopien an führende Verschwörungstheoretiker. Der Brief überzeugte neben drei Graphologen selbst Oswalds Witwe, gelangte jedoch erst 1977 an die Öffentlichkeit. Howard Hunt wehrte sich gegen die Vorwürfe gerichtlich, vermochte jedoch die Zweifler nicht zu überzeugen. Auf dem Sterbebett wusste Hunt allerdings von brisanten Details eines Komplotts zu berichten.

Huismanns „Geheimdossier“

2006 präsentierte der preisgekrönte Dokumentarfilmer Wilfried Huismann in seinem umstrittenen "Rendezvous mit dem Tod" ein angeblich „brisantes“ Dokument: Auf offiziellem Briefpapier des Weißen Hauses „ausschließlich für Kennedys Nachfolger Johnson“ schien dessen Vertrauter Martin Underwood darüber berichtet zu haben, Fabian Escalante, ein Geheimagent Castros, habe nach dem Attentat Dallas mit einem Kleinflugzeug Richtung Mexiko verlassen. Underwood räumte jedoch später ein, den „Bericht für Johnson“ erst 20 Jahre nach dessen Tod geschrieben zu haben, der in Wirklichkeit als Ideenskizze für einen Buchautor gedient habe, den Huismann zum Co-Autor seiner Produktion machte.

Ruby, Oswald und die Mafia

Das dubiose Transkript, das nun gefunden wurde, schien eine persönliche Bekanntschaft zwischen Oswald und seinem Mörder zu belegen. Der Sturm im Wasserglas wurde von manchem zum Anlass genommen, der bequemen Alleintätertheorie zu huldigen und einen Kontakt zwischen Ruby und Oswald ins Reich der Fabeln und lästigen Verschwörungstheorien zu verweisen. Doch der Verdacht einer solchen Verbindung wird von zahlreiche Augenzeugen seit Jahrzehnten gestützt. Um die Zusammenhänge zu verstehen, bedarf es einiger Kenntnisse über einige öffentlichkeitsscheue Organisationen, mit denen Oswald und Ruby zu tun hatten: Die Mafia, die Geheimdienste und die Amerikanische Rechte.

Kefauver-Ausschuss

Bereits im 19.Jahrhundert hatten sich in den amerikanischen Großstädten Verflechtungen aus Verbrechen, Korruption und legaler Wirtschaft etabliert. Während der Prohibition schließlich bedienten die Clans die immense Nachfrage nach Alkohol und entwickelten sich so zu lokal immer professionelleren und einflussreicheren Organisationen, die bislang jedoch unabhängig voneinander dezentral operierten. Nachdem das Organisierte Verbrechen durch Wiederfreigabe des Alkohols seine Haupteinnahmequelle verloren hatte, entdeckte es das Glücksspiel als lukratives Geschäftsfeld. Die Organisationen begannen, landesweit zu kooperieren, indem einerseits zur Vermeidung von unproduktiven Rivalitäten Reviere aufgeteilt wurden, andererseits gemeinsame Unternehmen wie Drogenimport und Geldwäsche durchgeführt wurden, etwa durch Aufbau der Spielkasinos auf Kuba und in Las Vegas.

Die Existenz des geheimen nordamerikanischen Gangster-Kartells, der „Commissione“, war lange als bloße Verschwörungstheorie abgetan worden, rückte jedoch 1950 in den Blickpunkt der Öffentlichkeit, als sich der spätere Präsidentschaftsbewerber Estes Kefauver durch einen Senatsausschuss zur Untersuchung des Glücksspiels profilierte. Die in zahlreichen Städten durchgeführten Anhörungen blieben jedoch weitgehend ergebnislos, nicht zuletzt deshalb, weil wichtige Zeugen wie der redselige Gangster Willie Moretti vor ihrer Aussage erschossen wurden. Demgegenüber bestritt der zwielichtige J. Egdar Hoover, Direktor der Bundespolizei FBI, die Existenz des Organisierten Verbrechens zeitlebens vehement. Andernfalls hätte er nicht nur das Unvermögen seiner Behörde diesbezüglich einräumen müssen: Hoover hatte sich schon deshalb mit dem Mob arrangiert, weil dieser ihn einerseits mit pikanten Details aus seinem Privatleben erpresste, ihm anderseits jedoch durch diverse Gefälligkeiten bei Laune hielt. Auch andere Schattenmänner taten sich mit dem Thema schwer, hatten die Geheimdienste doch im Zweiten Weltkrieg diskret mit hohen Mafiosi kooperiert, welche bei der Invasion in Italien behilflich gewesen waren und die Politik des Nachkriegsitalien nicht unwesentlich zugunsten der USA beeinflussten.

Jack Ruby

Einer der Gangster, die damals zwar nicht beim Kefauver-Ausschuss, jedoch beim verwandten „House UnAmerican Activities Committee“ vorzusprechen hatten, war ein ehemaliger Chicagoer Gewerkschaftssekretär und nun Barbesitzer aus Dallas gewesen – Jacob Rubinstein, bekannt als Jack Leon Ruby. Dallas, um das sich zuvor Al Capone und sein Nachfolger Sam Giancana bemüht hatten, gehörte seit 1946 zum Revier der Südstaaten-Mafia. Zum von den Chicagoer Partnern übernommenen Personal zählte auch der Nachtclubbesitzer Ruby, in dessen Striplokalen vor allem Angehörige der auf allen Ebenen korrupten Dallas-Polizei verkehrten. Ruby selbst war von der Polizeiarbeit fasziniert und pflegte mit zahlreichen Polizisten so enge Freundschaft, dass ihm das Hauptrevier zur zweiten Heimat geworden war. Obwohl der Nichtitaliener in den italienisch dominierten Clans in Chicago und den Südstaaten nur begrenzte Aufstiegschancen hatte, wurde er in der Organisation durchaus mit besonderen Missionen betraut. Auf Betreiben des damaligen Abgeordneten Richard Nixon wurde dem Gangster eine öffentliche Anhörung erspart, angeblich, weil er dessen Informant gewesen sei.

McClellan-Ausschuss

1957 hob die Polizei in Appalachin bei New York ein geheimes Gipfeltreffen des Syndikats aus, bei dem über 60 Bosse von Mafiafamilien und korrupten Gewerkschaften aus ganz Nordamerika Schlagzeilen machten. Daraufhin bot ein neuer Untersuchungsausschuss unter John McClellan Politikern die Chance, sich publikumswirksam gegen eine angebliche Unterwanderung der USA zu profilieren. Ähnliches war kurz zuvor Senator Joseph McCarthy gelungen, der sich konservativen Wählern durch seinen Ausschuss gegen „unamerikanische Aktivitäten“ als starker Mann empfohlen hatte. Als übermächtige Staatsfeinde machte man diesmal anstatt der Kommunisten das Organisierte Verbrechen aus, das man als „italienisch“ labelte, obwohl italoamerikanische Gangsterbanden lediglich einen Teil der nach ethnischer Herkunft organisierten Familien ausmachten und die Schattenwirtschaft mit den legalen Strukturen wie Polizei und Politik konspirierte. Ins Visier des McClellan-Ausschusses waren nun vor allem die vom Organisierten Verbrechen unterwanderten Teamster-Gewerkschaften geraten. Bei den Anhörungen der Mafiabosse, die im Fernsehen landesweit übertragen wurden, engagierten sich neben dem ultrarechten späteren Präsidentschaftskandidaten Barry Goldwater auch zwei aufstrebende Söhne eines ebenfalls rechtskonservativen Milliardärs namens Kennedy.

Clanchef Joe Kennedy

Der Feldzug der Brüder John F. und Robert F. Kennedy gegen das Organisierte Verbrechen missfiel zutiefst dem Clanchef Joseph P. Kennedy, der selbst in Sachen Korruption denkbar erfahren war und der italienischen Mafia einen Großteil seines Vermögens verdankte. Bereits dessen Vater Joseph P. J. Kennedy war im Politik- und Alkoholgeschäft gewesen. „Joe“ Kennedy nun, der auch in der Rüstungsbranche tätig war, hatte das Alkoholgeschäft während der Prohibition in den Untergrund verlegt. Erst in den 80er Jahren gestand der von der Presse „Ministerpräsidenten der Unterwelt“ genante New Yorker Gangster Frank Costello, dass es in den 20er Jahren eine direkte Kooperation zwischen ihm und Joe Kennedy gegeben hatte. Nach der Aufhebung des Alkoholverbots lieferten sich die beiden in den 30er Jahren im nun legalisierten Spirituosen-Großhandel einen erbitterten Konkurrenzkampf, der schließlich mit der Ausweisung Costellos aus New York endete, um dessen Korrumpierung der Polizei Einhalt zu gebieten.

Joe Kennedy hatte sein Vermögen auch durch windige Börsengeschäfte vermehrt, die nicht zuletzt den „Schwarzen Freitag“ zur Folge hatten, und auch in die Präsidentschaft von Franklin D. Roosevelt investiert, wobei der Intrigant langfristig auch selbst das Präsidentenamt anstrebte. Da infolge Joes Engagements für Nazi-Deutschland an eine weitere politische Karriere nicht mehr zu denken war, setzte der in seinen Methoden selten wählerische Geschäftsmann alles daran, nun einen seiner Söhne zum Präsidenten zu machen.

Joe Kennedy, der in Chicago mit dem Merchandise Mart das höchste Gebäude besaß, arrangierte ein Treffen mit Al Capones Nachfolger Sam Giancana, den er um Unterstützung für den Wahlkampf seines Sohnes John F. Kennedy bat. Inwieweit der ohnehin äußerst verschwiegene Joe seinen Söhnen jemals von diesem oder anderen Geschäften mit der Mafia erzählt hat, ist unbekannt.

Robert Kennedy

Der gerade einmal 33jährige Robert Kennedy hatte 1959 als Chef-Rechtsberater des McClellan-Ausschusses viele Mafiabosse vor laufenden Fernsehkameras persönlich verhört, die auf sämtliche Fragen die Aussage verweigerten, da sie sich hierdurch selbst belasten könnten. Neben Mafia-Größen wie ausgerechnet Giancana war Robert hierbei erstmals persönlich auf Carlos Marcello gestoßen, den Paten von New Orleans. Der gelassene Mafiaboss ließ Robert Kennedy wie einen Schuljungen aussehen und verweigerte auf sämtliche der fast 50 Fragen Kennedys die Aussage. Als Marcello auch die Antwort auf die Frage nach seiner Steuerehrlichkeit verweigerte, warfen ihm gereizte Ausschussmitglieder vor, amerikanische Rechte und Gelder in Anspruch zu nehmen, obwohl Marcello sich nicht einmal um die Staatsbürgerschaft bemüht hätte, und empfahlen ihm, die Koffer zu packen. Marcello verließ den Gerichtssaal unbeeindruckt.

Robert und John F. Kennedy

In seinem Buch „The Enemy Within“ forderte Robert, die organisierten Verbrecher mit Waffen und Methoden zu bekämpfen, die ebenso wirkungsvoll wie deren eigene seien. Zwei Jahre später sollte Robert Gelegenheit bekommen, die Frage der Staatsbürgerschaft Marcellos erneut anzusprechen und mit seiner Ankündigung schmutziger Methoden ernst zu machen – als neuer Justizminister der Vereinigten Staaten.

Marcellos Südstaatenmafia

Carlos Marcello, eigentlich Calogero Minacore, war 1910 in Tunesien als Kind sizilianischer Eltern geboren worden. Im gleichen Jahr folgte die Mutter ihrem Mann nach Louisiana, wo „Carlos“ jedoch fatalerweise nicht die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt. Während einer Wirtschaftskrise Ende des 19. Jahrhunderts waren viele Italiener, insbesondere Sizilianer, an die klimatisch der Heimat so ähnliche Südküste der USA ausgewandert, von denen einige die damals in Sizilien etablierten Strukturen des organisierten Verbrechens importiert hatten. Ohnehin gingen in dem frankophilen Sonnenstaat die Uhren anders. Bereits als Kleinkrimineller hatte sich Marcello der Protektion eines juristischen Handlangers des korrupten Gouverneurs erfreut. Als junger Bandenchef ging er eine Kooperation mit dem aus New York vertriebenen Frank Costello ein, mit dem er ein Spielautomatenimperium und luxuriöse Kasinos aufzog. Nachdem der bisherige Pate der Südstaatenmafia wegen eines Staatsbürgerschaftsproblems nach Sizilien ausgewiesen wurde, vermochte sich Marcello an die Spitze von Amerikas ältester italoamerikanischer Mafiafamilie zu manövrieren, welcher nach dem Kodex der Vorsitz des landesweiten Syndikats zustand. Viele Polizisten verdienten sich in Marcellos Kasinos als Sicherheitspersonal mehr als nur ein Zubrot.

Auch die Beziehungen von Louisianas bedeutendstem Unternehmer zur Politik liefen wie geschmiert: So stand auf Marcellos langer Payroll auch der Namen des Senators des benachbarten Bundesstaates Texas, Lyndon B. Johnson. Trotz vieler Leichenfunde im Sumpf des Grundstücks, auf dem Marcello damals seine Zentrale hatte, wurde er nie eines Mordes angeklagt. Die Zurückhaltung der Staatsanwaltschaft von New Orleans war ein offenes Geheimnis - auch Staatsanwälte mochten nicht in Sümpfen enden. Am Ausgang von Marcellos Büro belehrte ein Schild seine Gäste: „Drei können ein Geheimnis bewahren, wenn zwei tot sind.“

John F. Kennedys Wahl

Erst in den 90er Jahren gestand auch der Sänger und Kasino-Unternehmer Frank Sinatra, sich mit Giancana beim Mob für eine Partnerschaft mit den Kennedys eingesetzt zu haben. Sinatra hatte sich auch persönlich für den Katholiken Kennedy durch gemeinsame Wahlkampfauftritte bei den italo-amerikanischen Wählern stark gemacht. Ausgerechnet die von Robert so angegangenen korrupten Teamster-Gewerkschaften, die auf das Wahlverhalten ihrer Mitglieder damals einen starken Einfluss ausübten, brachten ihre Leute auf Kennedy-Kurs. In mindestens fünf Bundesstaaten manipulierte der Mob sogar an den Wahlurnen, bei dem es zu erstaunlichen Auszählungsfehlern und anderen Unregelmäßigkeiten kam. Der Chicago-Mob verschaffte den Kennedys insbesondere in Illinois eine hauchdünne Mehrheit, die aufgrund der Eigenheiten des komplexen amerikanischen Wahlsystems ausschlaggebend für den Sieg gewesen war. Obwohl es zu Verurteilungen von demokratischen Parteisoldaten kam, wollte Kontrahent Richard Nixon nicht als schlechter Verlierer dastehen und verzichtete generös auf eine Anfechtung der Wahl.

Kurz vor dem Wahltermin hatten die Kennedy-Brüder völlig überraschend ihren Kandidaten für die Vizepräsidentschaft gegen den Texaner Lyndon B. Johnson ausgetauscht, mit dem sie eigentlich ein gegenseitiger Hass verband. Die Erklärung für den mehr als ungewöhnlichen Stimmungswandel wurde oft in der persönlichen Freundschaft zwischen Johnson und seinem Freund und Nachbarn vermutet, der in Washington 30 Jahre im Haus gegenüber wohnte: Dem rechtsgerichteten FBI-Chef Hoover, der die Kennedys ebenfalls hasste und über zur Erpressung geeignete Informationen über zahlreiche Kennedy-Affären verfügte. Johnsons Geliebte Madeleine Duncan Brown berichtete, ein entsprechender Deal sei zwischen Joe Kennedy und den texanischen Ölmillionären H. L. Hunt, Clinton Murchison und Sid Richardson ausgehandelt worden.