Abwärtstendenz beim Nettoeinkommen hat sich seit 2005 verstärkt

Die Bundesregierung musste bei der Beantwortung einer Kleinen Anfrage der FDP unangenehme Zahlen mitteilen

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Die deutschen Durchschnittsverdiener werden immer ärmer. Auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion zum Thema der "kalten Progression", die in den nächsten Jahren aus den Taschen der Normalverdienen dem Staat Milliarden an zusätzlichen Steuereinnahmen spülen wird, antwortete die Bundesregierung möglichst knapp, dass seit 2005 das Jahresnettoeinkommen bei ledigen und verheirateten Durchschnittsverdienern noch stärker als zuvor zurückgegangen ist.

Besonders ernüchternd ist die Aussage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, worauf sich die FDP-Fraktion in ihrer Anfrage bezieht, dass "derzeit ein Prozent Lohnsteigerung eine zwei Prozent höhere Einkommensteuerbelastung" bewirkt. Das macht für viele mögliche Lohnerhöhungen zum Ausgleich der in den letzten Jahren real gesunkenen Einkommen von Arbeitnehmern, kaum mehr attraktiv. Auf die "kalte Progression" möchte die Bundesregierung lieber gar nicht näher eingehen, ebenso wird die Beantwortung der Frage vermieden, ob sie dies als gerecht ansieht:

Grundsätzlich sind von diesem Phänomen alle Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen betroffen. Die vorliegenden Schätzungen bedürfen einer vertieften Prüfung durch die Bundesregierung.

Antwort der Bundesregierung

Zwar wurde der Eingangssteuersatz von 25,9% (1998) auf jetzt 15% ab einem Einkommen von 7665 Euro (6323 Euro im Jahr 1998) abgesenkt, allerdings wurde auch der Steuersatz von den Gutverdienenden von 53 Prozent (ab einem Einkommen 61.377 Euro) auf 42 % ab einem Einkommen von 52.157 Euro heruntergefahren (ab 250.000 Euro müssen 45% gezahlt werden). Damit wird gerade die Mittelschicht unter einem Einkommen von 52% gegenüber den Gutverdienern am stärksten belastet bzw. die Gutverdiener gegenüber der Mittelschicht stärker entlastet, auch wenn sich die Zahl der Spitzensteuersatz-Zahler erhöht hat. Die Bundesregierung führt lediglich die Zahlen an, enthält sich aber einer Bewertung.

Die FDP wollte wissen, wie sich das durchschnittliche Jahreseinkommen eines Arbeitnehmers und die Steuerbelastung seit 1958 entwickelt haben. Die Bundesregierung präsentiert allerdi8ngs leider nur Zahlen seit 1990. Danach ist das verfügbare Einkommen von ledigen Arbeitnehmern, ohne Kinder, unter 50, Steuerklasse I/0, mit Durchschnittseinkommen von 21.479 Euro auf 27.161 Euro angestiegen, während die Steuer von 16,8 % über den Peak Mitte der 90er Jahre mit 19% auf 14,8% gesunken ist. Ähnlich ist dies für verheiratete Arbeitnehmer, mit zwei Kindern, Alleinverdiener (Steuerklasse III/2), wo die Steuer von 6,9 bis 2004 auf 3,4 % sank, allerdings 2007 wieder auf 3,5% stieg.

Sieht man sich allerdings die kaufkraftbereinigte Entwicklung des Jahreseinkommens an, dann ergibt sich ein anderes Bild:

Für den Zeitraum 1999 bis 2001 ergibt sich eingemischtes Bild: Das Einkommen eines ledigen Durchschnittsverdieners verzeichnete zunehmende jährliche Wachstumsraten, während diese bei einem verheirateten Arbeitnehmer deutlich zurückgingen. In der wirtschaftlichen Schwächephase 2002/2003 verzeichnete insbesondere der ledige Durchschnittsverdiener deutliche Einkommenseinbußen. Aber auch das Einkommen des verheirateten Durchschnittverdieners ist 2002 kaum gestiegen, 2003 ging es deutlich zurück.

Antwort der Bundesregierung

Und seit der schwarzroten Regierung hat sich alles noch weiter verschlechtert, obgleich Bundeskanzlerin Merkel sowie andere Regierungsvertreter gerne ankündigen, dass der Aufschwung nun bei den Menschen angekommen sei. In der Antwort der Bundesregierung steht allerdings anderes:

Ab 2005 nahm das Jahresnettoeinkommen sowohl bei dem ledigen, als auch bei dem verheirateten Durchschnittsverdiener ständig ab. Die Abwärtstendenz hat sich zuletzt verstärkt.

Kombiniert man die sinkenden Nettoeinkommen der Arbeitnehmer ("Wachstum ohne Einkommenszuwachs") mit den gleichzeitig steigenden Zuwächsen der Bezieher von Gewinn- und Vermögenseinkommen (Kommt der Aufschwung bei den Menschen nicht an?), dann wird die Schieflage deutlich, in die Deutschland sich vor allem in den letzten Jahren hineinbegeben hat.