Postkarten für den militanten Antiislamisten

Endlich im weltweiten Netz: "Fitna"

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Geert Wilders hat die Welt lange warten lassen. Seit Monaten hatte der Politiker aus Holland mit der auffälligen Schlagerstarfrisur und den eingängigen Botschaften dem großen Publikum einen Film versprochen (vgl. Wilders Website für Anti-Islam-Film offline), der die Wahrheit über den Islam offenlegt. Natürlich entfachte er damit die dazu gehörigen Tumulte, Drohungen, Polemiken und Plädoyers in den jeweiligen Lagern. Das Thema Islam polarisiert und entzündet wie kaum ein anderes, kein Tisch, an dem sich damit nicht ein heftiges Streitgespräch in Gang bringen ließe. Die Angst vor dem Islam ist die Angst vor der Atombombe in den Nuller Jahren. Und die Bombenangst ist auch der Nukleus des Films von Wilder, der seit gestern Abend im Internet läuft.

Ein Kunstfilm ist "Fitna" nicht. Möglich, dass manche die Erwartung unter Nichtbeachtung der Art der bisherigen politischen Provokationskunst von Wilders gehegt haben, immerhin verwies Wilders im Vorfeld nachhaltig auf Theo van Gogh, den ermordeten Filmemacher, der tatsächlich einen Kunstfilm über einen repressiven Strang in der islamischen Kultur gedreht hat. Theo van Gogh wurde von einem islamistisch motivierten Mann auf offener Straße ermordet – ein entsetzlicher Akt, der weit über die Niederlande hinaus in der ganzen Welt bekannt wurde. Die Diskussionen, die daraus folgten – Stichwort "Die Grenzen der Toleranz"1 - halten bis heute an.

Wilder will an van Gogh anknüpfen und die Diskussion energisch in eine Richtung weitertreiben, die lautet: Hütet euch vor falscher Toleranz, wir haben es hier mit einem Extremismus zu tun, der die Welt erobern will, dem jedes Mittel recht ist. Das Argument kennt man, damit lässt sich ein markantes Profil schaffen und schärfen. Wilder bebildert es in seinem Film und es ist kein Zufall, dass er weite Teile am Ende des 15-minütigen Kurzfilms mit bloßen Zeitungsschlagzeilen füllt, die von grässlichen Untaten im Namen des Islams berichten. Ein bisschen wie bei einer Comicverfilmung, die zur Untermalung der kriminellen Energie der düsteren Schurken schreiende Großbuchstaben von Revolverblättern einblendet; Wilders begnügt sich im Gegensatz dazu aber nicht mit zwei, drei Schlagzeilen, er braucht viel viel mehr, einen ganzen Kiosk voll. Spätestens hier dürfte dem letzten Zuschauer klar werden, dass Wilders mehr dramaturgischen Verstand, Mühe und Arbeit in das spannende Vorspiel zum Film, das sehr hohe Aufmerksamkeit gewann (siehe Eine unbequeme Wahrheit?), gelegt hat als in die Arbeit am Film, der vor allem aus viel Füllmaterial besteht.

Der Film fängt an mit einem Geräusch, das dem Entzünden eines Streichholzes ähnelt, und endet mit der Explosion der islamischen Zeitbombe, sinnigerweise illustriert als der Turban des Propheten, die zeichnerische Vorlage dazu kennt das Publikum aus dem Karikaturenstreit. Wilders selbst erklärt die Geräusche allerdings als Herausreißen von Buchseiten und als "Gewitter". Fraglich ist allerdings, inwieweit der im Bild gezeigte Countdown zu dieser Erklärung passt.

Dazwischen ist der Film in Abschnitte unterteilt, die durch das Blättern im Koran, den Wilders wiederholt öffentlich mit Hitlers "Mein Kampf" gleichgestellt hat (siehe Zensurinflation), gekennzeichnet werden. Einzelne Kapitel des Filmes werden mit einem Koranzitat, einer Sure, eingeleitet, die mit Gewaltbotschaften ineinsgesetzt werden und mit Bildern, Ausschnitten aus weltweiten Newsmaterial, und suggestiver Musik untermalt werden.

Das Bemerkenswerte: Wilders lässt nichts aus. Er bebildert alles, was es an Ängsten und Argumenten gegen die Muslime derzeit gibt. Wir sehen Ausschnitte von Anschlägen, bzw. Bilder der Opfer, der grausam Verstümmelten - 9/11, Madrid, London -, Hassprediger, aufgebrachte Muslime, die tote US-Soldaten über den Boden schleifen, Ausschnitte aus einem Enthauptungsvideo, Ahmadinedschad, das Hängen von Homosexuellen in Iran, die Ausübung der Scharia, die Hinrichtung von Frauen in einem Stadion, die Beschneidung von Frauen, Bilder von militanten Palästinensern in offenkundiger Parallelität zu nationalsozialistischen Inszenierungen, Kinder, die zur Gewalt und zum Hass erzogen werden, statistische Kurven, die zeigen, dass immer noch mehr Muslime nach Europa und in die Niederlande kommen, Satellitenstädte, die Heimstadt all dieser künftigen Welteroberer, denn so begreift Wilders auch die Botschaft des Koran, des Islam: Als nächster Totalitarismus, nach Faschismus und Kommunismus, der zur Weltherrschaft ansetzt.

Bilder und Botschaft des Films sind also bekannt, lehrt uns Wilders Montage wirklich etwas Neues? Aufklärerisch kann man seine Sammelkartendoku, seine Compilation des Entsetzens nicht nennen. Rüttelt der Film auf? Wen soll er aufrütteln? Vermutlich nur die ohnehin "Erwachten", die seit Jahren vor "dem Islam" warnen. Klüger wird man durch den Film nicht. Fitna, zu deutsch "die Spaltung", eine elementare Angst der Umma, verstärkt nur die Gräben, die ohnehin schon existieren.