Feige Sponsoren

Olympische Spiele und Menschenrechtsverletzungen: Human Rights Watch klagt Coca-Cola, General Electric, McDonald's, Samsung, Panasonic und viele andere an

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Eine abseitige, übertriebene Vorstellung? Sportausstattungsfirmen wie z.B. Adidas oder Nike lassen aufwändige TV- und Kino-Spots für die Olympischen Spiele drehen und erleben damit ein aufmerksamkeitsökonomisches Desaster, weil das Image des "berühmtesten Sportereignisses der Welt" bis zum Start im August völlig ramponiert ist. Sehr wahrscheinlich ist ein solch drastischer Image-Einbruch zwar nicht, dafür hat der Sport zu viele Anhänger vor den Bildschirmen, die von der "Politik" nichts wissen wollen. Aber das gegenwärtige Spektakel um die Fackelläufe, das dem Image der Pekinger Spiele schon jetzt historischen, also unvergesslichen Schaden zugefügt hat, ist vielleicht nur der Anfang einer Folge von Geschehnissen und Aktionen, die die Aufmerksamkeit der internationalen Öffentlichkeit mehr und mehr auf unsportliche Aspekte des Giga-Events richten. Ein nächster Schritt in diese Richtung wird derzeit jedenfalls von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch unternommen.

Die Menschenrechtsorganisation nimmt mit ihrer heutigen Veröffentlichung jene ins Visier, die direkt mit dem Image der Pekinger Spiele verbunden sind: die 12 Top-Sponsoren – Atos Origin, Coca-Cola, General Electric (GE), Manulife, Johnson & Johnson, Kodak, Lenovo, McDonald's, Omega (Swatch Group), Panasonic, Samsung und Visa.

Der Vorwurf von HRW: Diese Unternehmen würden ihre selbst geäußerten Standards nicht erfüllen und feige schweigen angesichts zunehmender Menschenrechtsverletzungen durch chinesische Behörden im Vorfeld der Spiele. Aktionäre und Kunden, denen Menschenrechte wichtig sind, sollten die Sponsor-Konzerne nicht so leicht davonkommen lassen, appelliert Arvind Ganesan, Leiter des HRW Programms für Business und Menschenrechte an die Öffentlichkeit:

Persönlichkeiten der Weltpolitik und sogar das Internationale Olympische Komitee haben kürzlich damit angefangen, Menschenrechtsverletzungen in China im Zusammenhang mit den olympischen Spielen anzuprangern, aber die Unternehmen bleiben bemerkenswert still. Die Olympischen Spiele sind ein wichtiger Prüfstein dafür, wie man soziale Verantwortlichkeit von Großunternehmen in die Praxis umsetzt. Bislang haben an dieser Stelle selbst Unternehmen mit angeblich hohen Ansprüchen versagt.

Die hohen Ansprüche entnimmt die HRW-Anklage öffentlichen Erklärungen von Unternehmen: So sind beispielsweise Coca-Cola und General Electric Mitglieder der Business Leaders Initiative on Human Rights (BLIHR). Der Initiative geht es nach eigenen Angaben hauptsächlich um die praktische Anwendung der Internationalen Menschenrechtsdeklaration im geschäftlichen Umfeld und die Verbreitung dieses Gedankenguts:

Our principal purpose is to find "practical ways of applying the aspirations of the Universal Declaration of Human Rights within a business context and to inspire other businesses to do likewise.

Seit September letzten Jahres würde Human Rights Watch mit allen Top-Sponsoren und anderen, wie beispielsweise Microsoft, in Kontakt stehen und Treffen anberaumen, um die Unternehmen dazu anzuhalten, ihre öffentlich verkündeten sozialen Verantwortlichkeiten in die Tat umzusetzen. Laut der Organisation werde diese Verhaltensänderung umso dringender, weil die Menschenrechtsverletzungen in China im Vorfeld der Olympischen Spiele laut eigenen Informationen zunehmen würden und in "direkter Verbindung" dazu stünden. Als Beispiel für die Menschenrechtsverletzungen führt HRW an: anhaltende Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit, eine intensivere Verfolgung von chinesischen Menschenrechtsanwälten, die sich öffentlich aussprechen und fortlaufende Repressionen in Gebieten mit tibetischen Bevölkerungsanteil.

Die Menschenrechtsorganisation hat den Sponsoren einen Katalog mit einer sechs-Punkte-Forderung1 übergeben. Auf keine dieser Forderungen – u.a. die Einleitung einer unabhängigen Untersuchung über das Einschreiten der chinesischen Regierung jüngst in Tibet - reagierten die Unternehmen bislang. Für Ganesan ist dies ein Zeichen von Feigheit, zumal die Unternehmen mit ihrem Geld, das sie für die Olympischen Spiele zahlen auch Macht und Einfluss geltend machen könnten:

Companies are quite literally paying for these Games, so they can’t argue that they don’t have any responsibility to address abuses that taint the Olympics. If companies aren’t going to act on their own human rights policies in the face of gross abuses, why have those policies at all?