US-Dollar: The (not so) long Goodby

Es häufen sich die Anzeichen, dass die globale Dominanz des Dollars schneller vorüber sein könnte als bislang angenommen

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Der Status als Weltleitwährung bringt unschätzbare Vorteile mit sich. Aufgrund der internationalen Nachfrage nach Dollars sind in den USA die langfristigen Zinssätze niedriger als ökonomisch sonst angemessen, außerdem ermöglicht dies den USA, sich im Ausland in der eigenen Landeswährung zu verschulden und sich der Auslandsschulden dann über eine Dollarabwertung zu entledigen.

Dieses “unglaubliche Privileg”, wie Charles de Gaule es bereits Anfang der 1960er Jahre genannt hatte, haben die USA in der Zeit zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg von den Briten übernommen und seither leidlich genossen. So dürfte sich die Netto-Auslandsverschuldung der USA aktuell in einem Bereich zwischen 3,5 und 4,5 Billionen Dollar bewegen, je nach dem, wie man die US-Anlagen im Ausland bewertet.

Durch die Abwertung der vergangenen sechs Jahre um handelsgewichtet fast 40 Prozent haben die USA sich gemessen an der internationalen Kaufkraft davon inzwischen von mindestens 1,5 Billionen Dollar befreit, was nicht nur zu Lasten der Notenbanken der großen Exportländer gegangen ist, sondern zu mehr als zwei Dritteln auf private Dollarinvestoren entfällt. Dazu kommt, dass durch die niedrigen Leitzinsen die USA vor allem in den Emerging Markets für stark ansteigende Inflationsraten sorgen. Deren Notenbanken wären nun gezwungen, über höhere inländische Leitzinsen die Innlandskonjunktur zu dämpfen, was angesichts der nach wie vor weit verbreiteten Armut in diesen Ländern nicht unbedingt besonders fair erscheint.

Diese Realbesteuerung durch die USA wollen sich nun aber zusehends immer weniger Länder gefallen lassen. So sind, wie Bloomberg berichtet, die Währungsreserven der weltweiten Notenbanken von 2000 bis 2007 zwar von 1,2 Billionen auf 4,9 Billionen Dollar angestiegen, wovon 76 Prozent von “Emerging Markets” wie China, Russland oder den Ölexporteuren gehalten werden. Bei diesen ist der Dollaranteil in diesem Zeitraum allerdings von 73 Prozent auf 61 Prozent zurückgegangen, wovon vor allem der Euro profitiert hat.

Außerdem weigern sich die Notenbanken zusehends, diese Dollars in Zinspapieren zu halten, sondern sie versuchen über sogenannte “Souvereign Wealth Fonds” (SWF) in reale Werte wie US-Unternehmensbeteiligungen und Immobilien zu investieren. Allerdings hat sich das im letzten halben Jahr als noch verlustreicher erwiesen, als die direkte Vergabe von Dollar-Krediten durch den Kauf von US-Anleihen. Immerhin haben die SWFs schon zu Beginn der Finanzkrise massiv in Aktien der großen US-Investmentbanken oder des Private Equity Fonds Blackstone investiert, die zusätzlich zu den Abwertungsverlusten seither im Schnitt rund 40 Prozent an Börsenwert verloren haben.

In der Folge dürften die internationalen Notenbanken zuletzt wieder vermehrt den sicheren Hafen von US-Staatsanleihen gesucht haben. Darauf deuten jedenfalls die jüngsten Veröffentlichungen des US-Finanzministeriums. Demnach wären die internationalen Anleihenkäufe im Januar massiv eingebrochen, hätten ab Mitte Februar aber wieder deutlich angezogen. Interessant erscheint dabei allerdings, dass China und Japan - die beiden wichtigsten staatlichen Halter von US-Staatsanleihen - ihre Bestände in diesem Jahr insgesamt reduziert haben, während die Nachfrage aus London, wo ein Großteil der privaten Käufe abgewickelt wird, deutlich angestiegen ist.

Anekdotische Hinweise auf einen Abschied vom Dollar finden sich dennoch überall. So fakturiert die in Dänemark angesiedelte weltgrößte Container-Frachtschifflinie A.P. Moeller-Maersk A/S seit 1. April in Euros und nicht mehr nur in Dollars, und das indische Taj Mahal nimmt von seinen Besuchern schon seit November nur noch Rupien und keine Dollars mehr an. Ebenso sollen auch die internationalen Drogenkartelle ihre Bargeldtransaktionen bereits weitgehend auf Euro umgestellt haben.

Nach wie vor weitgehend in Dollar fakturiert werden vor allem Rohstoffe, die deshalb so stark an den Dollar gebunden sind, weil sie vor allem an den Terminmärkten gehandelt werden, wo die Kurse von in Dollar denominierten Markern abhängen. Allerdings haben Venezuela und Iran bereits begonnen, ebenfalls gegen Euro zu verkaufen.

Außerhalb des Rohstoffbereichs hat der US-Dollar jedoch bereits stark an Beliebtheit verloren. So werden beispielsweise rund 70 Prozent der Rohstoffexporte Australiens in Dollar fakturiert, während sich der Dollar-Anteil bei den sonstigen Exporten auf nur 19 Prozent beläuft.

Allerdings wurde bereits Anfang der 1970er Jahre und Anfang der 1990er Jahre, als die US-Wirtschaft ebenfalls in großen Schwierigkeiten steckte, jeweils das Lied vom Ende der Dollarhegemonie gesungen. Eingetreten ist das damals bekanntlich nicht, nur gab es auch noch keine Alternative, wie sie jetzt der Euro zu bieten scheint.

Von Rainer Sommer ist gerade das Buch Die Subprime-Krise. Wie einige faule US-Kredite das internationale Finanzsystem erschüttern erschienen.