Fahndung mit Hypnose

Die Münchner Polizei versetzte die Zeugin eines Gewaltverbrechens in Hypnose - und konnte so tatsächlich geständige Täter ermitteln

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Im März wurde auf dem Münchner Vergnügungsareal "Kunstpark Ost" ein 21jähriger im Beisein einer 19jährigen von zwei Gewalttätern zusammengeschlagen. Das Opfer schwebte aufgrund einer Kontusionsblutung im Gehirn längere Zeit in Lebensgefahr. Die geschockte Zeugin konnte sich zwar noch an das Fahrzeug der beiden Täter erinnern, allerdings nicht mehr in einer Detailgenauigkeit, wie sie für eine erfolgreiche Fahndung notwendig gewesen wäre.

Mit ihrem Einverständnis wurde die junge Frau daraufhin von einem pensionierten hessischen Polizeipsychologen in einen zwanzig Minuten andauernden Hypnosezustand versetzt, in der sie sich dann tatsächlich wesentlich besser an den schwarzen 3er BMW mit Fürstenfeldbrucker Kennzeichen erinnerte, der die „Soko Tonfa“ schließlich auf die Spur der Täter führte, die als "Sicherheitsleute" auf dem Gelände beschäftigt waren. Unter anderem konnte sich die 19jährige in der Hypnose entsinnen, dass es sich um ein Cabrio-Modell handelte, außerdem gab sie Einzelheiten zu Felgen und Zierleisten zu Protokoll. Dadurch konnten die in Frage kommenden Fahrzeuge von etwa 950 auf 150 eingegrenzt werden. Mittlerweile legten die mutmaßlichen Täter ein Geständnis ab - vor Gericht hätten die unter Hypnose getätigten Aussagen der Zeugin keine Beweiskraft gehabt.

Das in der Hypnosesitzung ermittelte Täterfahrzeug. Foto: Polizei Bayern

In einer Hypnose wird versucht, eine Person in einen Zustand tiefer Entspannung und geänderter Aufmerksamkeit zu versetzen. Erreicht werden soll der Zustand meist durch einfache und monotone Aufgaben. Wichtig ist dabei auch, dass sich die Person, die hypnotisiert werden soll, in der jeweiligen Situation sicher und geborgen fühlt – ein Grund, warum "Zahnarzthypnose" eher selten funktioniert.

Ist der Zustand erreicht, kann der Hypnotiseur dem Hypnotisanden Anweisungen beziehungsweise "Suggestionen" geben. Für den kriminalistischen Einsatz ist das Verfahren deshalb nicht ganz unproblematisch, weil sich anstatt von Erinnerungen auch Erwartungen zutage fördern lassen. Nach Angaben der Polizei kommen Hypnotiseure seit den 1990er Jahren in "schwierigen Fällen" zum Einsatz. Über die genaue Methode und die Ausbildung des Hypnotiseurs schweigt sich die Pressestelle der Kripo allerdings aus.

In länger zurückliegenden Zeiten griff die Polizei auch auf heute noch ungewöhnlicher erscheinende Mittel zurück - etwa beim durch das Buch Tannöd berühmt gewordenen Mordfall von Hinterkaifeck, bei dem Nürnberger Hellseherinnen die Köpfe der Ermordeten zur Verfügung gestellt wurden – allerdings ohne brauchbares Ergebnis.