Schweiz leistet der CIA Amtshilfe

Der Schweizer Bundesrat befahl die Vernichtung von Zigtausenden Akten, die mit der Lieferung von Atomtechnik von Schweizer Ingenieuren an Libyen und Iran zu tun haben

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Schnelle Amtshilfe leistete die Schweiz der CIA. Dummerweise kam es an den Tag, obwohl sich Bundesrat und Geschäftsprüfungsdelegation auf Geheimhaltung verpflichtet hatten. Der Fall ist brisant. Bei der "Aktion Reißwolf" geht es um die Vernichtung von 10.000 Dokumenten und 20.000 Computerdateien, die in einem laufenden Prozess eine Rolle spielen.

Es geht um Weltpolitik – und einmal wieder um die verzwickten Machenschaften der CIA, die gerne hintenrum mithelfen, wenn vorne die US-Regierung bestimmte Ziele verfolgt. Die drei Ingenieure – ein Vater und seine Söhne - aus St. Gallen sollen mit dem "Vater der pakistanischen Atombombe" Abdul Qader Khan, den die US-Regierung aber auffällig schonte, kooperiert haben. Khan soll auch Hilfestellung für ein libysches Atomwaffenprogramm gegeben haben, das 2003 aufflog, wonach Libyen plötzlich zu einem guten Land wurde, so dass Bush und Blair demonstrieren konnten, dass der von ihnen verantwortete Einmarsch in den Irak Sinn machte und die Bösen unter Druck gesetzt hat, auf die Entwicklung von Massenvernichtungswaffen zu verzichten.

Der Tipp für den Hinweis auf eine pakistanische Lieferung an Libyen sei von der CIA gekommen. Und just dieser Geheimdienst hat nun die Schweiz dazu gebracht, letzten November trotz einer laufenden Strafuntersuchung - zwei der Verdächtigen befinden sich weiterhin in Haft - sämtliche Akten über den angeblichen Atomschmuggel, in denen die Tinners, die Schweizer Ingenieure, verwickelt waren und der Geheimdienst erwähnt wurde, zu zerstören. Das lässt den Verdacht aufkommen, dass es sich um wirklich krumme Geschäfte der CIA gehandelt haben muss.

Besonders verdächtig wird der Vorgang, weil die Schweizer angeblich auch in Geschäfte mit Iran verwickelt gewesen sein wollen. Interessant dabei ist auch die Rolle der Internationalen Atomagentur (IAEA), unter deren Aufsicht angeblich die Dokumente zerstört worden sein sollen, wie Pascal Couchepin, der Präsident des Bundesrats, behauptet. Man habe vermeiden wollen, dass die Informationen einer Terrorgruppe oder einem gegnerischen Staat bekannt werden. Die Dokumente hätten detaillierte Pläne über die Herstellung von Atomwaffen enthalten.

Die Schweizer Ingenieure sollen seit 2002 auch für die CIA gearbeitet haben, nachdem der US-Geheimdienst diesen Straffreiheit zugesichert hatte. Dafür spreche, so mutmaßt die Süddeutsche Zeitung, dass die Schweizer Regierung der Staatsanwaltschaft verboten habe, "gegen die Tinners wegen Spionage zugunsten eines fremden Staates zu ermitteln". Noch abenteuerlicher spekuliert die Süddeutsche, dass kurz vor der "Aktion Reißwolf" der damalige rechte Justizminister Christoph Blocher in die USA gereist war. Möglicherweise bestünde die Gegenleistung nun in einem Entgegenkommen der USA bei der Bank UBS, die möglicherweise Steuerhinterziehung begünstigt habe.

Wie auch immer, schon der Eingriff des Bundesrates in die Rechtssprechung ist natürlich ein Verstoß gegen die Gewaltenteilung. Juristen bezeichnen denn auch den Vorgang als "ungeheuerlich". Die Schweiz hat sich damit nicht als Rechtsstaat bewährt. Zu bezweifeln ist, dass mehr über die Machenschaften der CIA bekannt wird. Sollte der Geheimdienst auch die Finger mit im Spiel haben, Wissen und Technik an den Iran zu vermitteln, so wäre das der scharfen Anti-Iran-Politik der Bush-Regierung und ihrer Unterstützer nicht gerade hilfreich.