Die Bienen und der Gen-Mais

Das Verwaltungsgericht Augsburg entschied in einem wichtigen Urteil zugunsten des Anbaus von gentechnisch verändertem Monsanto-Bt-Mais

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Das Verwaltungsgericht Augsburg hatte einen schwierigen Fall zu entscheiden. Ein Imker aus Kaisheim bei Donauwörth hatte gegen den Anbau von gentechnisch verändertem Mais (MON810) vom Konzern Monsanto auf einem staatlichen Versuchsgut geklagt, nachdem 4 Prozent gentechnisch veränderte Pollen bei seinen Bienenvölkern gefunden wurden. Seine Bienenvölker standen 200 Meter entfernt von dem Maisfeld, eine Entfernung, die nach dem Gentechnikgesetz zwischen den 150 Metern für ein konventionelles Maisfeld und den 300 Metern für ein Feld mit Öko-Mais liegt.

Die Bienen halten sich aber nicht an die Sicherheitsabstände, die das – erst nach der Klage verabschiedete – Gentechnikgesetz festlegt, zumal dabei nicht Bienen, sondern nur der Pollenflug berücksichtigt wird. Bienen fliegen auch schon einmal ein paar Kilometer, um Pollen zu sammeln. Maisfelder sind da, wo sie sind. Es handelt sich, würde man die dem Gesetz zugrunde liegenden Einschätzungen hinsichtlich des Pollenflugs zustimmen, um eine juristische Leerstelle, an die man nicht gedacht hat oder nicht denken wollte. Schließlich werden Sicherheitsabstände zur Farce, wenn man den Insektenflug, der ja nicht nur Bienen betrifft, mit einbeziehen würde.

Was also tun, wenn ein Imker einen Honig anbieten will, der nicht mit Pollen von gentechnisch verändertem Mais verunreinigt und naturrein sein soll? Letztes Jahr hatte der Imker Karl-Heinz Bablok vor dem Gericht noch einen Erfolg erzielen können. Mon 810 ist nämlich ein Mais, der in der EU nicht für den menschlichen Verzehr zugelassen ist. Um den Mais resistent gegen Schädling Maiszünsler zu machen, wurde in ihn ein Gen des Bakteriums Bacillus thuringiensis (Bt) eingeführt, das ein Toxin codiert. Nach EU-Recht, so das Urteil des Gerichts 2007, enthalte der Honig durch die Verunreinigung nicht nur gentechnisch veränderte Organismen, sondern er sei auch nicht mehr Verkehrs- und verbrauchsfertig. Die Anordnung des Gerichts lautete: "Der Antragsgegner hat auf den Grundstücken (…) den Mais der Linie MON 810 vor der Blüte zu ernten oder die Pollenfahnen während der Blütezeit mehrfach so abzuschneiden, dass kein Maispollen von Bienen aufgenommen werden kann."

Das wollten Monsanto und Freistaat Bayern aufgrund der ernsten Konsequenzen für den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen nicht auf sich sitzen lassen, man legte Widerspruch ein und am Freitag entschied die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts erneut über die mobilen Insekten, das ruhende Feld und die widerstreitenden Interessen des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen und der Gewinnung eines naturreinen, nicht verunreinigten Honigs.

Dass das nicht im Sinne des Imkers ausgehen würde, hat man schon erwarten dürfen. Das Verwaltungsgericht hält zwar aufrecht, dass Pollen der MON 810-Maissorte auch nicht in geringsten Mengen in den Honig gelangen darf, damit dieser noch als Lebensmittel verkauft werden kann, aber die Richterin drehte, wie die Augsburger Allgemeine berichtet, die Verantwortlichkeit um. Nun muss nicht mehr der Anbauer dafür sorgen, dass die Bienen keinen Pollen von dem gentechnisch veränderten Mais aufnehmen können, sondern der Imker. Der soll die Bienenstöcke, die jetzt von 1500 Meter von dem Maisfeld stehen, einfach während der Blütezeit woanders hinbringen, schließlich sind die mobil, das Feld aber nicht. In dem Fall wurde also für die Pflanzen, gegen die Tiere, für die Immobilität, gegen die Mobilität entschieden. Wer sich prinzipiell bewegen kann, muss dies auch machen, um sich vor Schaden zu bewahren. Die immobilen Risikoverursacher können erwarten, dass die Mobilen weichen. Die Verlegung der Bienenstöcke sei zumutbar, Schadenersatz könne dafür nicht verlangt werden. Er kann zwar Schadensersatz für den verunreinigten Honig verlangen, den Nachweis muss er aber erbringen.

Damit ist der Imker der Gelackmeierte. Das Gericht hat sich allerdings, wie so gerne, auch einer wirklichen Entscheidung entzogen. Zwar hat es die Anbauer von gentechnisch veränderten Pflanzen begünstigt, aber gleichzeitig festgestellt, dass Bienen über eine Entfernung von drei Kilometern die Pollen sammeln und damit auch verbreiten können. Das bedeutet eigentlich, dass ein Sicherheitsabstand von 300 Metern eine Farce ist und dass eine Koexistenz nur über kilometerweite Entfernungen möglich wäre. Ungelöst bleibt auch, welche Mobilität ein Imker erbringen müsste, wenn in der näheren Umgebung bei der Blütezeit kein ausreichender Abstand zu Feldern mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefunden werden kann.

„Die Entscheidung macht deutlich, dass die Imkerei durch die Agro-Gentechnik im Kern getroffen ist. Es kann nicht richtig sein, dass die von Monsanto zu verantwortenden Zulassungsdefizite von den Imkern oder von den Landwirten die diesen Mais anbauen, ausgebadet werden müssen“, erklärte Thomas Radetzki, Vertreter des Bündnisses, das den klagenden Imker unterstützt. Man will in die Berufung gehen.

Wenn nicht, was beispielsweise die CSU mittlerweile fordert, eine gentechnikfreie Zone Bayern erklärt werden kann, dürften längerfristig die Imker und Bio-Bauern mitsamt ihren Kunden das Nachsehen haben, zumindest bei Pflanzen, die als Lebensmittel zugelassen sind.