"Die Entscheidungen der Regierungen bestimmen über die Verteilung der Ressourcen"

FAO-Generaldirektor hebt auf der Konferenz zur Lebensmittelkrise die Verantwortung der Politik hervor, während sich UN-Generalsekretär Ban Ki-moon um die Frage nach dem Anteil von Biosprit an den gestiegenen Lebensmittelpreisen herumwindet

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UN-Generalsekretär Ban Ki-moon sagte zur Eröffnung der FAO-Konferenz zur Lebensmittelkrise in Rom, dass bis 2030 50 Prozent mehr Lebensmittel produziert werden müssten. Er warnt vor möglichen Hungerrevolten beispielsweise in Haiti, Afghanistan, Liberia oder der Elfenbeinküste (Côte d`Ivoire), die auch Demokratisierungsprozesse gefährden könnten. Jetzt würden bereits 850 Millionen Menschen Hunger leiden. Mit den steigenden Preisen könne deren Zahl weiter ansteigen. Die steigenden Preise treffen vor allem die Ärmsten, die zwei Drittel und mehr ihres kärglichen Einkommens für Lebensmittel ausgeben müssen.

Neben der Soforthilfe müsse die Landwirtschaft "revitalisiert" werden, beispielsweise durch Bezuschussung beim Erwarb von Saatgut und Dünger, der durch die hohen Ölpreise auch teuer geworden ist. Ban Ki-moon schlägt Mikrokreditprogramme zur Unterstützung der Bauern vor und fordert den Abbau von Exportrestriktionen und Importzöllen. Für eine grüne Revolution in Afrika, das am stärksten von der Lebensmittelkrise betroffen ist, würden jährlich 8-10 Milliarden US-Dollar erforderlich sein. Zur Lösung der Nahrungsmittelsicherheit für die bis 2015 auf 7,2 Milliarden anwachsende Weltbevölkerung müsse man mit Ausgaben von Staaten und Spendern von jährlich 18-20 Milliarden US-Dollar rechnen.

Neben der längerfristigen Erforschung zur Optimierung Pflanzen (Ki-moon sagt nicht, ob er hier auch den Einsatz von Gentechnik befürwortet) und "besseren Tierproduktionssystemen" weist der Generalsekretär auch auf internationale Abmachungen über Bio-Sprit hin, ohne allerdings konkret zu werden. Diese Zurückhaltung verdankt sich politischer Rücksichtnahme, schließlich ist die Umwandlung von Flächen, die der Nahrungsmittelproduktion gedient haben, in Anbauflächen zur Gewinnung von Biosprit und dessen Förderung zusammen mit der Spekulation, der wachsenden Nachfrage und den gestiegenen Energiepreisen zu den Ursachen der Verteuerung der Lebensmittel.

Im Vorfeld der Konferenz hatte US-Landwirtschaftsminister die Nutzung von Biosprit verteidigt, weil dessen Herstellung höchstens "2-3 Prozent" zur Erhöhung der Lebensmittelpreise beigetragen habe. Damit hatte er Kritik auf sich gezogen. Der Weltwährungsfond geht hingegen von 20-30 Prozent Anteil an den Preiserhöhungen der letzten beiden Jahre aus. Die USA investieren 11 Milliarden US-Dollar in die Förderung von Biosprit. Umstritten ist auch die EU-Biosprit-Richtlinie, die bis 2020 einen Anteil von Biokraftstoffen von 10 Prozent vorsieht (ähnlich das Biokraftstoffquotengesetz, das 2006 in Deutschland in Kraft trat). Der britische Regierungschef Gordon Brown tritt für eine Veränderung der EU-Regelung für Biokraftstoffe und dafür ein, Biosprit zum Thema auf dem G8-Gipfel in Japan zu machen.

Der FAO-Generaldirektor Jacques Diouf sagte zur Eröffnung der Konferenz, es verstehe niemand, dass 2006 bereits 11-12 Milliarden US-Dollar investiert worden seien, um 100 Millionen Tonnen Getreide dem Lebensmittelmarkt zu entziehen und in die Tanks von Fahrzeugen zu stecken. Ebenso wenig könne man verstehen, dass die OECD-Länder zur Subventionierung ihrer Landwirtschaft 372 Milliarden US-Dollar 2006 ausgegeben haben, während es jährlich 30 Milliarden kosten würden, die 850 Millionen hungernden Menschen zu ernähren. Und den Regierenden erklärte Diouf, dass das Problem der Lebensmittelunischerheit politischer Natur sei: "Es sind die Entscheidungen der Regierungen, die die Verteilung der Ressourcen bestimmen."