The Pirate Bay rüstet auf

Reaktion auf Schwedens Abhör-Gesetz

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The Pirate Bay, die nach eigenen Angaben größte Torrent-Tracker-Site der Welt, will ihre Nutzer besser schützen: Noch für diese Woche kündigte Mitbegründer Peter Sunde in seinem Blog die Einführung des Public-Key-Verschlüsselungsprotokolls Secure Socket Layer (SSL) an. Der Daten-Dienst reagiert damit auf die Zustimmung des schwedischen Parlaments zu einem Gesetzentwurf, der dem militärischen Nachrichtendienst FRA künftig weitgehende Rechte bei der Überwachung von Schwedens grenzüberschreitendem Telefon-, SMS- und Internetverkehrs zusichert.

Ab dem 1.Januar nächsten Jahres will die FRA den gesamten Datenaustausch nach Schlüsselbegriffen durchsuchen, deren Auswahl ein angeblich unabhängiges Komitee treffen wird. Ein parlamentarischer Ausschuss ist mit der Kontrolle der Maßnahmen beauftragt.

Obwohl die Mitte-Rechts-Regierung von Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt nur über eine Mehrheit von vier Mandaten verfügt und der Entwurf vor der Abstimmung auch für Kritik aus den eigenen Reihen gesorgt hatte, war die von Gegner so genannte "Lex Orwell" am vergangenen Mittwoch mit einer Mehrheit von 143 zu 138 Stimmen bei einer Enthaltung verabschiedet worden. 67 Abgeordnete waren bei der Abstimmung nicht anwesend, davon 33 Mitglieder der Regierungskoalition.

Nicht nur die schwedische Opposition (darunter die Linke, die Grünen, die Sozialdemokraten und die Piratenpartei), sondern auch die Jugendorganisationen der Zentrumspartei, der Christdemokraten und der Liberalen Volkspartei - alle an der Regierung beteiligt - hatten während der Abstimmung vor dem schwedischen Reichstag demonstriert. Die Piratenpartei hat inzwischen angekündigt, die schwedische Regierung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu verklagen.

"Die Leute haben das Gefühl, dass dies ein Eingriff in ihre Rechte und Freiheiten ist", kommentierte selbst der ehemalige schwedische Geheimdienstchef Anders Eriksson, "das Gesetz geht zu weit." Bedingt durch die Architektur des Internets, wird auch der innerschwedische Email-Verkehr häufig über Serverknoten außerhalb des Landes geleitet und fällt damit unter die Überwachung.

Der schwedisch-finnische Telekommunikationskonzern TeliaSonera hatte bereits Anfang Juni vorsorglich die Email-Server für seine finnische Kundschaft aus dem Nachbarland abgezogen, denn die grenzüberschreitende Kommunikation ist nunmehr nach finnischem Recht illegal: Finnische Telekommunikationsanbieter haben laut Gesetz dafür Sorge zu tragen, dass die Daten- und Telefonverkehr ihrer Kunden von niemandem abgefangen wird. Doch ein großer Teil des finnischen Datenverkehrs mit dem Rest der Welt läuft über schwedische Leitungen. Das zuständige Ministerium kann die Betreiberfirmen dazu zwingen, ausschließlich Verbindungen zu nutzen, die nicht durch Schweden führen. Das allerdings führt in vielen Fällen zu höheren Kosten. Bisher ist unklar, wer dafür zahlen wird: "Unserer Meinung nach sind die Regierung und die Behörden verpflichtet, für die Mehrkosten aufzukommen, und nicht die Anbieter und Betreiber", sagte Håkan Kvarnström, Sicherheitschef von TeliaSonera. 43,5 Prozent der Konzernaktien gehören dem schwedischen, 13,2 Prozent dem finnischen Staat.

Neben der neuen Verschlüsselung hat The Pirate Bay angekündigt, die Preise zur Benutzung der firmeneigenen VPN-Tunnel zu senken, um den Nutzern günstigeren Schutz anzubieten. Die Pirate Bay-Server selbst werden seit einer Razzia vor zwei Jahren nicht mehr in Schweden betrieben; vielmehr geht es Sunde vor allem um den Schutz der schwedischen User.