Der Schatten der Diktatur

Prozessbeginn gegen "Fahrer" von Osama Bin Laden. US-Richter gibt grünes Licht für Guantánamo-Tribunale. Unbegrenzte Haft ohne Anklage bei feindlichen Kämpfern laut US-Berufungsgericht "rechtens"

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Die jüngsten Entscheidungen der US-Gerichte in den Fällen Salim Hamdan, des angeblichen „Fahrers“ von Osama Bin Laden, und des als „feindlichen Kämpfers“ eingestuften Ali Saleh Kahlah Al-Marri dürften im Weißen Haus für Jubelstimmung gesorgt haben. Geben sie der Bush-Regierung doch grünes Licht, um die angeblichen Verantwortlichen für die Anschläge vom 11. September – unter ihnen den zum „Mastermind“ aufgebauten Khaled Scheich Mohammed – von so genannten Militärkommissionen aburteilen zu lassen.

Hochsicherheitsgefängnis in Guantanamo. Bild: Google Maps

Als der Oberste Gerichtshof im vergangenen Monat entschied, dass Guantánamo-Häftlinge vor US-Bundesgerichten klagen dürfen, sahen viele das von der Bush-Regierung etablierte System von Militärkommissionen zur Aburteilung so genannter feindlicher Kämpfer schon fast am Ende. Führende Repräsentanten der US-Regierung, darunter Präsident Bush selbst, äußerten sich über diesen juristischen Rückschlag zwar enttäuscht, ließen aber keinen Zweifel daran, dass man an dem Zeitplan für die Militärtribunale wie geplant festhalten werde.

Richter James Robertson vom Bezirksgericht Washington lehnte nun einen Antrag der Anwälte des ehemaligen „Fahrers“ von Osama Bin Laden, Salim Hamdan ab, den Beginn des Verfahrens per einstweiliger Verfügung aufzuschieben. Hamdans Verteidiger verweisen auf die Verfassungswidrigkeit sowie auf offenkundige Verfahrensfehler in den anstehenden Militärprozessen.

Bereits zuvor hatte der Vorsitzende Richter der Militärtribunale, der Kapitän der Navy, Keith Allred, einen ähnlichen Antrag auf Vertagung von Hamdans Militäranwälten abgewiesen

Robertson vertrat nach einer rund zweistündigen Anhörung der Anwälte des Angeklagten sowie von Vertretern des US-Justizministeriums die Ansicht, die Militärprozesse entsprächen den Vorgaben des US-Kongresses und des Obersten Gerichtshofs. Richter Robertson selbst war es, der im Jahr 2004 befunden hatte, dass die Militärtribunale in ihrer ursprünglich von US-Präsident Bush 2002 beschlossenen Form juristisch untragbar seien (Rechtsfreie Räume sind illegal). Dieser Auffassung schloss sich der Oberste Gerichtshof an, der als Berufungsinstanz im Rahmen einer Haftprüfungsklage Hamdans am 29. Juni 2006 entschied, dass die Militärkommissionen amerikanisches Militärrecht und die Genfer Konventionen verletzten und der US-Präsident bei ihrer Etablierung außerdem seinen Zuständigkeitsbereich überschritten habe (Symbolische Politik und Rechtsprechung). Unter anderem bemängelten die Richter einen zu großen Ermessensraum des Gerichts, Teile der Anklage geheim zu halten, Angeklagte vom Verfahren auszuschließen oder Gerüchte und gewaltsam erzwungene Aussagen zuzulassen.

Als Reaktion darauf verabschiedete der US-Kongress im Herbst 2006 den Military Commissions Act (MCA), mit dem scheinbar den Bedenken des höchsten US-Gerichts Rechnung getragen wurde (Kongress legitimiert das von Bush eingeführte Unrechtssystem). Tatsächlich gestattet der MCA jedoch – beispielsweise – weiterhin die Verwendung von Beweisen, die durch Folterverhöre erlangt wurden, geheime Beweise sowie Beweise vom Hörensagen und verweigert den Angeklagten die Überprüfung ihrer Haft- und Haftbedingungen durch ein ordentliches Gericht. Mit dem Verweis auf eben dieses Gesetz begründete Robertson nun seine aktuelle Entscheidung. Demnach könne Hamdan erst nach Abschluss seines Militärgerichtsverfahrens vor einem zivilen Bundesberufungsgericht Klage erheben.

Obwohl sich Robertson beeilte hinzuzufügen, seine Entscheidung beziehe sich nur auf den Fall Hamdan und sei nicht bindend für die anderen anhängigen Verfahren gegen Guantánamo-Gefangene, kommt ihr doch Signalwirkung zu. Hätte Robertson der Klage Hamdans nämlich stattgegeben, hätte er damit einen Präzendenzfall für alle anderen extralegalen US-Gefangenen geschaffen, um ihre Militärprozesse mittels der Klage vor zivilen Gerichten um Monate, wenn nicht Jahre hinauszuzögern oder gar ganz zu Fall zu bringen.

Der 37-jährige Vater zweier Töchter, dessen Familie im Jemen lebt, ist unter anderem wegen Verschwörung und Unterstützung des Terrorismus angeklagt. Die Militärstaatsanwaltschaft wirft ihm vor, 1998 und 2001 Al-Qaida-Führer Bin Laden beim Untertauchen geholfen zu haben – nach den Angriffen auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania sowie kurz vor den Angriffen des 11. September 2001. Hamdan soll außerdem für Al-Qaida Waffen transportiert und Kurierdienste geleistet haben; zudem sei er einer der Leibwächter Bin Ladens gewesen und habe dessen Pläne zum Massenmord gekannt. Der Verteidigung zufolge war Hamdan hingegen nur einfaches Mitglied eines Fuhrparks und Kfz-Mechaniker, der das Monatsgehalt von 200 Dollar zur Bestreitung seines Lebensunterhalts gebraucht habe. Hamdan wird seit sechs Jahren in Guantánamo festgehalten. Im Falle seiner Verurteilung droht dem Jemeniten eine lebenslängliche Haftstrafe.

Die Anklage verfügt über Videos von Aussagen des Angeklagten, die als geheim eingestuft sind und der Verteidigung vorenthalten werden. Hamdan soll darauf in schwarzer Kleidung und noch mit Bart zu sehen sein; hinter ihm stehe ein Maskierter mit einer Waffe. Vermutlich handelt es sich dabei um auf Video aufgezeichnete Verhöre durch US-Streitkräfte. Die Verteidigung will sich auch auf die Frage konzentrieren, weshalb es in der Gefangenenakte für den Dezember 2001 eine Lücke von fast vier Wochen klafft. In der Zeit, heißt es aus den Kreisen der Anklage, habe Hamdan Truppen zu Orten in Afghanistan geführt, die für die Al-Qaida-Infrastruktur wichtig gewesen seien.

„Nicht schuldig“

Beim Prozess gegen den Jemeniten, der am Montag begann und voraussichtlich drei bis vier Wochen dauert, handelt es sich um den ersten Kriegsverbrecherprozess der USA seit dem Zweiten Weltkrieg. Über seinen Verteidiger ließ Hamdan die Vorwürfe der Anklage zurückweisen und plädierte auf nicht schuldig. Die „Jury“, die über Hamdan urteilen wird, besteht aus fünf bis 13 Offizieren, die sich gemäß des „Military Commissions Act“ (MCA) mit einer Zweidrittelmehrheit auf einen Schuldspruch einigen müssen. Für ein Strafmaß von mehr als zehn Jahren ist eine Dreiviertelmehrheit der Geschworenen erforderlich.

Salim Hamdan ist der erste von rund 80 Internierten, die sich vor einem Tribunal verantworten sollen. Sein Verfahren gilt als Testfall für die bevorstehenden Militärtribunale gegen die angeblichen Rädelsführer des 11. September 2001. Im Rahmen einer Anhörung vor dem eigentlichen Verfahren hatte Hamdan am vergangenen Dienstag vor dem Militärgericht im eigens errichteten „Camp Justice“ in Guantánamo über Misshandlungen während seiner Haft ausgesagt. U. a. sei er systematisch am Schlafen gehindert, geschlagen, in Isolationshaft gehalten und bei Verhören auf anstößige Art von einer Frau berührt worden. Dr. Emily Keram, eine Psychiaterin der Verteidigung, sprach von Verhörmethoden aus dem Vietnam-Krieg und erklärte dem Gericht, Hamdan weise Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer Depression auf.

„Operation Sandman“

Hamdans Anwälte hatten zuvor mitgeteilt, die Anklage habe sie erst jetzt darüber informiert, dass ihr Klient vom 11. Juli 2003 an 50 Tage lang einer so genannten “Operation Sandman” ausgesetzt worden war. Die „Operation Sandman” wird als ein von Verhörplan beschrieben, der von Militärpsychiatern erdacht wurde, um den Schlaf eines Gefangenen systematisch zu unterbrechen. “Schlafentzug dieser Art über 50 Tage wäre Folter”, sagte Joseph M. McMillan, einer von Hamdans Anwälten.

Auch dem seit sechs Jahren in Guantánamo festgehaltenen jungen Kanadier Omar Khadr, wurde wochenlang systematisch der Schlaf entzogen, um ihn zu einer Aussage zu nötigen. Das kanadische Außenministerium war von diesem Vorgehen in dem berüchtigten Camp bereits 2004 unterrichtet. Das geht aus Dokumenten hervor, die Khadrs Anwalt Dennis Edney vorliegen.

In den drei Wochen vor dem Besuch eines kanadischen Regierungsvertreters in Guantanamo sei der damals 17-jährige Omar Khadr nie länger als drei Stunden an einem Ort gewesen, heißt es in einem Bericht aus dem kanadischen Außenministerium, der aufgrund einer richterlichen Anordnung im Juni dem Anwalt Khadrs übergeben werden musste. „In Drei-Stunden-Abständen wurde er zu einem anderen Zellenblock gebracht, womit ihm ein ununterbrochener Schlaf nicht möglich war“, heißt es darin weiter. Die im Geheimdienstjargon als „Frequent Flyer“ bezeichnete Methode gilt als besonders wirkungsvolle Technik des „Weichklopfens“ von Gefangenen.

Vorige Woche erst hatte Khadrs Verteidigung ein Video öffentlich gemacht, auf dem zu sehen ist, wie der sichtlich verzweifelte Jugendliche von Agenten des kanadischen Geheimdienstes im Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba befragt wird (Total kaputter Junge). In der Befragung berichtet Khadr u.a., er sei im US-Luftwaffenstützpunkt Bagram in Afghanistan gefoltert worden. Der Kanadier, der beschuldigt wird, bei einem Feuergefecht in Afghanistan einen US-Soldaten mit einer Handgrante getötet zu haben, soll sich nach dem Willen der US-Regierung im Herbst diesen Jahres ebenfalls vor einer Militärkommission verantworten.

Unbegrenzte Haft bei „feindlichen Kämpfern“ „rechtens“

Ebenfalls am vergangenen Dienstag hat ein US-Berufungsgericht („Fourth Circuit Court of Appeals“) in einer 5:4-Entscheidung der US-Regierung das Recht zugesprochen, den als „feindlichen Kämpfer“ eingestuften katarischen Staatsbürger Ali Saleh Kahlah al-Marri ohne Anklage oder Gerichtsverfahren auf unbegrenzte Zeit festhalten dürfe. Die der politischen Rechten zugeordnete Mehrheit der Richter überstimmte mit ihrer Entscheidung das Urteil eines aus drei Richtern bestehenden Gremiums desselben Gerichts vom vergangenen Jahr.

Al-Marri, im Besitz eines legalen Studenten-Visas für die USA, war im Dezember 2001 in seiner Wohnung in Peoria, Illinois, festgenommen worden. Al-Marri wurde als Zeuge festgenommen und in der Folge vor einem Zivilgericht verschiedener Verbrechen angeklagt, darunter Scheckkartenbetrug und falscher Angaben gegenüber der Bundespolizei FBI im Rahmen der Ermittlungen zum 11. September sollen ihm damals nachgewiesen worden sein.

Er dementierte all diese Beschuldigungen vehement und bereitete sich schließlich – im Juni 2003 auf seinen Strafgerichtsprozess vor, der auf den folgenden Monat angesetzt war. Der Verdacht, er gehöre zu Schläferzellen der Terrororganisation Al Qaida konnte niemals erhärtet werden. Doch plötzlich – einen Monat vor dem Beginn seines Verfahrens – erklärte ihn George W. Bush zum „feindlichen Kämpfer“ und wies das US-Militär an, ihn den zivilen Behörden abzunehmen und in Militär-Gewahrsam zu überführen. Seither sitzt der Mann aus Katar in Haft in einem Militärgefängnis in Charleston, South Carolina, in Einzelhaft. Bis heute wurde keine Anklage gegen ihn vorgebracht und ihm wurde keine wirkliche Gelegenheit eingeräumt, seine Unschuld vor Gericht zu beweisen. Jeder Kontakt zur Außenwelt mit Ausnahmen zu seinen Anwälten wird ihm verweigert.

Al-Marri ist der letzte „feindliche Kämpfer“, der ohne Anklage in den USA in Militärhaft gehalten wird. Außer al-Marri, der sich legal in den USA aufhielt und lebte, waren auch zwei US-Bürger von US-Präsident Bush zu feindlichen Kämpfern erklärt und in Militärhaft genommen worden: Yasser Esam Hamdi (festgenommen in Afghanistan, im Oktober 2004 nach Saudi-Arabien abgeschoben) und Jose Padilla (festgenommen am 8. Mai 2002 auf dem O’Hare International Airport, im August 2007 von einem US-Geschworenengericht in drei Punkten terroristischer Vergehen für schuldig befunden und im Januar 2008 zu einer Haftstrafe von 17 Jahren verurteilt)

Bereits im September 2005 hatte ein aus drei Richtern bestehendes Gremium desselben Gerichtshofs im Fall Padilla entschieden, der Präsident habe tatsächlich die Autorität, auch US-Bürger auf amerikanischem Grund und Boden zu arretieren und sie für unbegrenzte Zeit ohne Anklage wegsperren zu lassen. Der Oberste Gerichtshof der USA weigerte sich, diese Entscheidung des Berufungsgerichts zu überprüfen. Der US-Regierung gelang es nur deshalb eine solche Überprüfung zu vermeiden, weil sie Padilla nach dreieinhalb Jahren ungesetzlicher Haft schließlich doch eines Verbrechens anklagte. Fatalerweise hat dadurch die Entscheidung des „Fourth Circuit Court of Appeals“ vom September 2005 im Falle Padilla bis heute Bestand!

Die Anklageschrift gegen Padilla zitierend, wonach dieser in Afghanistan „als ein bewaffneter Wächter diente, was ihn nach seinem eigenen Verständnis zu einem Vorposten der Taliban machte“, führte das Gericht in seiner Padilla-Entscheidung vom September 2005 aus: „Der Präsident ist durch den AUMF (Authorization for Use of Military Force Against Terrorist) dazu autorisiert, Padilla als ein grundsätzliches Anhängsel der Kriegsführung gefangen zu nehmen“. Das Gericht wies Padillas Klage ab, dass er – als ein US-Bürger, der auf dem Boden der Vereinigten Staaten „gefangen genommen“ wurde – der amerikanischen Verfassung gemäß eines Verbrechens angeklagt und von einem zivilen Gericht abgeurteilt werden müsse. Der Padilla-Entscheidung zufolge, hat der Präsident die Macht, sogar US-Bürger für unbegrenzte Zeit in einem Militärgefängnis festhalten zu lassen, sobald er sie nur vorwirft, sie seinen „feindliche Kämpfer“, die „die Waffen gegen die USA“ erhoben“ hätten.

Was die Entscheidung so folgenschwer macht, ist der Umstand, dass – anders als in den Fällen Hamdi und Padilla – die Bush-Regierung gar nicht behauptet, dass al-Marri auf Seiten der Taliban gegen die US-Streitkräfte gekämpft habe, noch nicht einmal, dass er überhaupt in Afghanistan gewesen sei. Er ist einfach nur ein Zivilist, den der Präsident beschuldigt, in eine terroristische Verschwörung involviert zu sein.

Die von Richter William Traxler verfasste Mehrheitsentscheidung führt aus, dass die US-Verfassung „allen von der Regierung festgenommen Personen das Recht zugesteht, in einem Strafverfahren mutmaßlicher Vergehen angeklagt und abgeurteilt zu werden“ und dass sie der US-Regierung „verbietet, in den USA arretierte Individuen in Militärhaft zu nehmen außer in bestimmten eng begrenzten Fällen“. Eine solche Ausnahme liege vor, wenn ein Individuum „auf ordentlichem Weg durch die rechtmäßige Autorität des Präsidenten zum feindlichen Kämpfer erklärt wurde“:

Solche Personen können ohne Anklage oder Strafverfahren "für die Dauer der relevanten Feindseligkeiten" [d. h. für unbegrenzte Zeit, nicht nur für Jahre, sondern möglicherweise für Jahrzehnte – Anm. A .B.] festgehalten werden.

Dies gelte, so Traxler weiter, nicht nur für Ausländer, sondern gleichermaßen auch für Staatsbürger der USA. Mit anderen Worten: Der US-Präsident muss nur ein Papier unterschreiben, und jeder, egal ob Ausländer oder US-Bürger, kann in ein Militärgefängnis geworfen und ohne Anklage oder Recht auf einen Prozess für unbegrenzte Zeit festgehalten werden. Und zwar sogar dann, wenn er niemals auf einem Schlachtfeld oder an der Seite einer feindlichen Macht gegen die USA gekämpft hat. Es reicht die bloße Beschuldigung des „Terrorismus“ und die Einstufung als „feindlicher Kämpfer“ durch den US-Präsidenten, um seine unbegrenzte Einkerkerung und die Verweigerung grundlegendster bürgerlicher, ihm gemäß der US-Verfassung zustehender Rechte zu rechtfertigen

Ebenfalls mit 5:4-Mehrheit (wobei Richter Traxler die Seiten wechselte) urteilte dasselbe Gericht, dass – im Einklang mit dem Hamdi-Urteil des Obersten Gerichtshofs – auch sogenannte feindliche Kämpfer minimale, unbestimmte Rechte auf ein ordentliches Verfahren haben, um ihre Einstufung als „feindlicher Kämpfer“ anzufechten (die Bush-Administration hatte Hamdi diese Rechte generell verwehrt). Das Gericht stellte fest, dass al-Marri, obwohl er seit nunmehr fast sieben Jahren im Gefängnis sitzt, bislang sogar diese minimalen Rechte verwehrt wurden. Damit sprach das Gericht al-Marri die gleichen Rechte auf ein Minimalverfahren zu, die der Oberste Gerichtshof im Hamdi-Urteil sowohl US-Bürgern zugestand, die als „feindliche Kämpfer“ in Haft genommen wurden, als auch Kämpfern, die im Kriegsgeschehen auf ausländischem Boden von US-Truppe gefangen genommen wurden, und der er im Boumediene-Urteil auch für in Guantánamo internierte Nicht-Zivilisten bewilligt hat.

Dieses magere Zugeständnis kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die al-Marri mit dieser Entscheidung eingeräumten Rechte weit unterhalb des Rechtsstandards liegen, welche die US-Verfassung Personen garantiert, die innerhalb der USA festgenommen wurden. Die Grundrechte gegen staatliche Inhaftierung können somit effektiv umgangen werden, indem der Präsident sie einfach als „feindliche Kämpfer“ deklariert.

Mit seiner Entscheidung stellte sich die rechte Mehrheit des „Fourth Circuit Court of Appeals“ vorbehaltlos hinter die von der Bush-Regierung nach dem 11. September 2001 vertretene Auffassung, die vom Kongress im Jahr 2002 verabschiedete Authorization to Use Military Force (AUMF) ermächtige den Präsidenten zu derartigen Arretierungen. Zudem, so der verfassungsrechtlich unhaltbare Standpunkt der Bush-Administration, habe der Präsident als Oberbefehlshaber in Kriegszeiten umfassende Befugnisse. Dazu gehöre selbst das Recht, Folter (die keine Folter sein soll) anzuordnen. Sollte die jetzige Entscheidung des Gerichts Bestand haben, so würde dies das Ende jeder Form von Rechtsstaatlichkeit in den USA überhaupt bedeuten.