"Gute Arbeit, Kumpel!"

"Clone Wars" - ein neuer Blumenkasten im Universum von George Lucas

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Ausgangspunkt war die Behauptung, es hätte schon seit dem ersten Film wahnsinnig viele Menschen interessiert, was es denn mit diesen Klon-Kriegen auf sich habe, die in Star Wars angesprochen werden:

Luke: Du hast in den Klonkriegen gekämpft?

Obi-Wan: Ja, ich war einst Jedi-Ritter, genau wie dein Vater.

Die Antwort auf die eventuelle Frage, was da wohl los gewesen sein mag, sollte nun nachgereicht und das Star-Wars-Universum mit ein paar guten Science-Fiction-Abenteuern neu aufgemöbelt werden.

Alle Bilder Warner

Man kennt das Dilemma aus Kleinstädten: Da wird der bestens befahrene und lebendige Marktplatz in eine Fußgängerzone umgewandelt - und dann weiß niemand so recht etwas anzufangen mit dem vielen freien Platz. Und so stellt man eben in ein paar Ecken Betonblumenkästen auf.

George Lucas, ein Mann, der sich gerne selbst überfordert, erfand in den Siebzigern anstatt eines Stadtplatzes gleich ein ganzes Universum, das zu möblieren er seither erhebliche Schwierigkeiten hat. In seinen Prologen ist stets von der Größe dieser seiner Welt die Rede, von gewaltig wabernden Konflikten und auch von der Last der Historie. Bebildert wird diese mächtige Vorlage anschließend mit dem, was Lucas sonst noch aus seiner Phantasie kratzen konnte. Abgesehen von gewissem technischem Eiapopeia läuft das auf erzählerische Kleingärtnerei hinaus.

Dementsprechend vermittelten die Star-Wars-Filme nie ein wirkliches Gefühl für das politische Geflecht dieses Irgendwie-Universums. Die Orte waren nichtssagend, die verfehdeten Gruppen repräsentiert von eigenschaftsarmen Figuren, die verworrene Grammatik des Yoda gehört noch zu den blumigsten Elementen. Bei Terry Pratchett oder Walter Moers wird auf einer einzigen Romanseite eine vielschichtigere Parallelwelt entworfen als in 6 Episoden „Star Wars“ plus Ewoks.

Mit „Clone Wars“ hat George Lucas wieder ein paar seiner Geranien in die unendlichen Weiten umgetopft. Diesmal kämpfen Heerscharen gesichtsloser Klone gegen Heerscharen gesichtsloser Droiden, die einen werden angeführt von Meister Yoda und Obi-Wan Kenobi, die anderen von unheimlichen Separatisten. Es geht gleich mal wieder um die Gesamtgalaxis. Weil das aber wie immer ausgesprochen unkonkret ist, wird die Problematik im Wesentlichen auf zwei packende Motive reduziert: 1. Annakin Skywalker bekommt eine vorlaute Schülerin, die nervt, aber doch auch ganz nett ist. 2. Der Sohn von Jabba the Hutt ist entführt worden und muss gerettet und dann irgendwohin gebracht werden.

Für all jene immer noch Zwölfjährigen, die seit „Star Wars“ noch keine neuen Lebensinhalte und keine besseren Filme gefunden haben, gibt es also jetzt diesen Klonkrieg auf Leinwand. Produziert von George Lucas, inszeniert von seinem Fan Dave Filoni, diesmal aber endlich in einer Vollanimation, die angemessen billig aussieht. Das hat für den Lucasschen Stil entscheidende Vorteile: Seine Star-Wars-Blockbuster waren bisher von nahezu perfekter Geistesschlichtheit, litten jedoch darunter, dass die Schauspieler – so unterbeschäftigt sie auch waren – mit ihrem Mienenspiel doch noch ein klein wenig zu interessant aussahen. Dieser Makel ist nun behoben. Die Charaktergesichter von Ewan MacGregor oder Samuel L. Jackson haben in der 3-D-Animation keinerlei Persönlichkeit mehr, so dass nun gottlob auch an dieser Stelle von Lebendigkeit nicht mehr die Rede sein kann.

Das Personal ist jetzt insgesamt asexuell und alterslos genug für den Auftakt einer Teenager-Abenteuer-Serie, eine Art „Fünf Freunde mit Lichtschwertern“, und das an Erläuterungsdialogen sehr reiche Buch kann man getrost als eine Hommage an Enid Blyton auffassen. Nur die unablässige Flottheit der Sprüche ist manchmal ein wenig heutiger und erinnert an eine Mischung aus „Wilde Kerle“ und „Bravo-Foto-Love-Story“. Auch der humoristische Teil ist eine konsequente Fortführung der Star-Wars-Filme: Schon bei diesen erschöpfte sich der Witz darin, dass mitten im Kampfgetümmel lockere Sprüche geklopft wurden. Wenn sich nun die Teenager sportive Klugscheißer-Floskeln wie „Gute Arbeit, Kumpel!“ zurufen, wirkt das allerdings halt noch eine Spur unappetitlicher.

George Lucas' Stories wurden schon häufig auf politische Subtexte untersucht, ob etwa aus ihnen Reagan- oder Clinton-Gedankengut zu lesen wäre. Bei den Clone-Wars könnte man ebenfalls verschiedenes fragen, was es etwa mit der „Separatisten-Armada“ auf sich hat und wie gut denn der allgegenwärtige Gaudi-Militarismus, der uns Krieger-Ehre und Befehlsempfänger-Ethos vermittelt, in die Zeit passt. Aber man hat dem Krempel schon viel zu viel der Ehre angetan.

Die nachgereichten Star-Wars-Episoden I bis III waren noch postmodernes Kino für Erwachsene, die sich immer wieder wie Zwölf fühlen wollen. Viele Filmemacher und Filmnerds sind sich ja in ihrer Haltung längst einig: Kenn'wa schon, ham'wa schon alles gesehen, drum drücken wir eben mal auf die Schnell-Lauftaste. Wie hohl oder unterhaltsam das ist, bleibt dem Betrachter überlassen.

„Star Wars - The Clone-Wars“ richtet sich aber recht eindeutig an Kinder, könnte darum seine altbewährten Schauwerte genüsslich ausspielen: Hologramme, das Landen eines abstrusen Raumschiffs oder lebendige Brathendl – all dies sind schöne Jahrmarktssensationen für den unbedarften Betrachter. Doch Regisseur Dave Filoni muss an allem achtlos vorbeihasten, wie er es bei Lucas gelernt hat: Erzähl dem Zuschauer nichts, sondern überwältige ihn nur mit Reizen.

So nimmt sich der Film zum Beispiel geschätzte 3 Sekunden Zeit für den Einbau eines Gags von Buster Keaton. Es ist jene berühmte Passage, in der eine Hauswand auf Buster kippt und er genau da hockt, wo das Fenster ist. Solch einen famosen Moment kann man ja durchaus mal klauen und damit, wenn man ihn gut vorbereitet und serviert, ein junges Publikum erfreuen. Kinder fangen nämlich keineswegs zu weinen an, wenn ein Motiv mal sorgfältig ausgesponnen wird.

Filoni und Lucas, die mit Animationsfiguren ihre Stunts sogar noch waghalsiger konstruieren können als der risikofreudige Keaton, versauen den Gag indessen völlig, indem sie ihn blitzschnell und als schlaffes Halbzitat einsetzen, so wirkungslos wie alle andere Versatzstücke in ihrem Film. Bei Keaton war es hingegen ein umwerfender Höhepunkt der Stummfilmkomödie. Wahrscheinlich glaubt man bei George Lucas, dass sich das Action-Kino seither weiterentwickelt hat. „The Clone Wars“ beweist das Gegenteil.