Verschnellerung oder Ausbremsung?

P4P stößt auf Skepsis

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Das vom Yale-Doktoranden Haiyong Xie entworfene Protokoll P4P steht für "Proactive network Provider Participation for P2P" und bezeichnet eine Methode, mit der Provider und P2P-Programme gemeinsam Datenströme optimieren sollen.

Technisch soll P4P so funktionieren, dass Provider und P2P-Netze Daten an einen zentralen Server melden, von dem sie wiederum Informationen über die Netzstruktur beziehen und so die für eine Datenübertragung kürzesten Wege wählen können. Theoretisch hat das System Vorteile sowohl für die Provider (es kann Bandbreite eingespart werden) als auch für Nutzer (höhere Up- und Downloadgeschwindigkeiten). Versuche ergaben angeblich drei- bis siebenmal schnellere Downloads als ohne P4P.

Bild: Pando

Propagiert wird das Protokoll von der im letzten Jahr gegründeten P4P Working Group. Die selbst gesteckten Ziele der Gruppe beinhalten jedoch nicht nur schnellere und effizientere Verbindungen, sondern auch den Schutz "Geistigen Eigentums". Und obwohl in den Spezifikationen bisher noch nichts enthalten ist, was direkte Eingriffe der Contentanbieter erlauben würde, besteht doch eine nicht ganz abstrakte Gefahr, dass entsprechende Änderungen dann durchgesetzt werden könnten, wenn das System erst einmal akzeptiert ist.

Gegründet wurde die P4P Working Group nämlich von der Distributed Computing Industry Association (DCIA), in der sich große IT-Unternehmen seit 2002 mit Medienkonzernen wie Viacom, Warner, Universal und der MPAA über "Zukunftstechnologien" austauschen. Die Organisation bekennt auf ihrer Website, dass ihre "oberste Priorität […] ganz klar die Eliminierung von Copyright-Verstößen" sei. Schon relativ bald nach ihrem Entstehen regte die DICA die Gründung eines weiteren Industriekonsortiums an, das technische Möglichkeiten finden sollte, den "nicht authorisierten Peer-to-Peer-Verkehr […] zu begrenzen."

Es ist gut möglich, dass bei der DISA und ihren Mitgliedern durch die Erfahrungen der vergangenen sechs Jahre andere Ziele und Strategien in den Vordergrund rückten. Genauso gut möglich ist jedoch, dass diese offiziell nie aufgegebenen Ziele noch verfolgt werden – nur eben "low profile". Nachdem das "Begrenzen" des von Medienkonzernen als illegitime Konkurrenz betrachteten Datenverkehrs durch Gesetzesänderungen und Gerichtsprozesse nicht gelang, könnte P4P ihnen eine Möglichkeit bieten, diese Konkurrenz im wahrsten Sinne des Wortes "auszubremsen".

Zwar sind die nach Außen hin tonangebenden Mitglieder der P4P Working Group der Provider Verizon und die P2P-Softwarefirma Pando, doch finden sich in der Gruppe auch Vertreter der Medienindustrie. Unter anderem diese Präsenz von Firmen wie Universal und Organisationen wie der MPAA könnte potentiell dafür sorgen, dass ein theoretisch interessantes System für die Verbraucher langfristig mehr Schaden als Nutzen bringt.

Hinweise darauf, wie so etwas aussehen könnte, gibt der P4P-Forschungsbericht. Anhand dieses Papiers kam unter anderem TorrentFreak zu dem Schluss, dass Nachteile für die Netzneutralität keineswegs ausgeschlossen werden können. Statt dessen spricht einiges dafür, dass Geschwindigkeitsgewinne für Nutzer von P4P-Providern und -Clients zu Lasten von solchen gehen könnten, die sich der Technologie – aus welchen Gründen auch immer – verweigern.

Vielversprechender ist möglicherweise ein anderer Ansatz, der es Clients erlaubt, ohne direkte Zusammenarbeit mit Providern ortsnahe und damit sparsame Verbindungen zu Peers zu finden: Ono, ein Plugin für den Open-Source-BitTorrent-Client Vuze, soll die durchschnittliche Downloadgeschwindigkeit um bis zu 207 Prozent steigern können. Dazu benötigt er lediglich Content Distribution Networks (CDNs) wie Akamai oder Limelight. Sind zwei Clients auf dem selben CDN-Server, dann nimmt Ono mit Recht an, dass sie sich sehr wahrscheinlich auch in örtlicher Nähe zueinander befinden.