Tauwetter zwischen Karsai und Taliban

Geheimtreffen in Mekka zwischen afghanischen Regierungsvertretern, Talibanführern und Warlords

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Am 30. September war die Bitte des afghanischen Präsidenten, die an das saudische Königreich gerichtet war, überall zu lesen. In seiner Botschaft an die afghanische Bevölkerung anläßlich des Eid al Fitr-Festtages erklärte Karsai, dass er sich in den letzten beiden Jahren mit mehreren Briefen und über Emissäre an den saudischen König gewandt habe, damit dieser Friedensgespräche zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung erleichtere.

Am selben Tag schickte auch Mullah Omar, der legendäre Talibanführer, der in jüngster Zeit wieder öfter in Medien zitiert wurde, eine Botschaft hinaus die Welt, die wie üblich mit größerer Gewalt drohte, falls die Besatzer nicht abzögen, und die Regierung Karsai mit Vorwürfen überhäufte. Manche schlossen daraus, dass Karsais Annäherungsprozess an die Taliban keine großen Chancen hätte. Wie CNN heute berichtet, hat ein wichtiges Geheimtreffen zwischen Vertretern der afghanischen Regierung und Talibanführern bereits stattgefunden – an vier Tagen zwischen dem 24 und 27. September.

In seiner Ansprache leugnete Karsai noch, dass schon Verhandlungen zwischen seiner Regierung stattgefunden hätten, klar wurde aber zu diesem Zeitpunkt schon anderen Quellen, dass Vorbereitungen für ein Treffen schon weit gediehen waren, dass Karsai deutliche Signale an Mullah Omar gesendet hatte, die diesem einen Rückweg nach Afghanistan eröffneten und dass man die Warlords der Nordallianz beruhigen müsse, falls den Taliban wieder Mitsprache eingeräumt werden würde.

Laut CNN-Bericht, der sich auf eine annonyme Quelle stützt, nahmen 11 Vertreter der Taliban am Treffen in Mekka teil, zwei Vertreter der afghnaischen Regierung, ein Vertreter der früheren Mudschahedin-Führer sowie Warlord Gulbudin Hekmatyar. Mullah Omar soll nicht dabei geweisen sein, soll aber nach Angaben der ungenannten Quelle „klar gemacht haben, dass er nicht länger mit al-Qaida verbunden sei“. Diese Position sei zwar niemals öffentlich erklärt worden, vielmehr sei dies durch die Gespräche offenbar geworden. In einem Gespräch, das der Guardian Ende September mit Mullah Omar geführt hat, tritt dieser Eindruck nicht so eindeutig hervor.

Als hervorstechendes Ergebnis der Gespräche gilt, dass sie überhaupt stattgefunden haben. Laut Quelle haben sie das Eis zwischen den Parteien gebrochen, die Erwartungen waren sehr niedrig angesetzt, man habe sich darauf geeinigt, dass der Konflikt in Afghanistan durch Dialog und nicht durch Krieg zu lösen sei. Man müsse jetzt politische Lösungen finden, um die Kämpfe zu beenden, sprach, sich auch der afghanische Verteidigungsminister Gen. Abdul Rahim Wardak aus. Der scheidend Kommandeur der britischen Truppen, Mark Carleton-Smith, hatte am Wochenende mit Äußerungen aufhorchen lassen, wonach ein militärischer Sieg gegen die Taliban nicht wahrscheinlich sei: "We're not going to win this war."