Direkte Demokratie und Lobbyismus

Die Gefängniswärtergewerkschaft und die Alkohol-Lobby waren wichtige Sponsoren der Kampagne gegen eine mildere Bestrafung von Marihuanabesitz in Kalifornien

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Anders als ein ähnliches Volksbegehren in Massachusetts, das am 4. November von den dortigen Wählern angenommen wurde, scheiterte die in Kalifornien zur Wahl stehende "Proposition 5", mit der unter anderem die Strafen für den Besitz von Marihuana erheblich reduziert werden sollten.

Die Initiative "Yes on 5" beschuldigt nun die kalifornische Gefängniswärtergewerkschaft, mit Millionenzahlungen die Verbreitung von Propaganda gegen die Initiative finanziert zu haben. Tatsächlich spendete die "California Correctional Peace Officers Association" (CCPOA) fast zwei Millionen US-Dollar und steuerte damit etwa drei Viertel der Werbeaufwendungen gegen die Initiative bei. Zudem bezeichnete die Gewerkschaft Proposition 5 öffentlich als "Freikarte aus dem Gefängnis" und als "Gefährlichste Initiative auf dem Stimmzettel".

Weil die Arbeitsplätze der Wärter von der Anzahl und Auslastung der Gefängnisse abhängen, hat die Gewerkschaft durchaus ein strukturelles Interesse daran, möglichst viele Verbotstatbestände mit Gefängnisstrafen bedroht zu sehen. Nun ließe sich jedoch anhand der Zahl der Gewaltverbrechen in Kalifornien argumentieren, dass die Gefängnisse dort auch mit Insassen gefüllt werden könnten, von deren Inhaftierung eventuell eine größere Schutzwirkung für die Öffentlichkeit ausgeht. Einem Wärter könnte ein friedlicher Marihuanabesitz-Wiederholungstäter jedoch eventuell willkommener sein als ein Gewalttäter, dessen Gang ihm und seiner Familie gefährlich werden kann. Gegen eine allzu überragende Rolle dieser Interessenslage spricht allerdings, dass Kaliforniens Haftanstalten derzeit sehr weit davon entfernt sind, wegen mangelnder Auslastung geschlossen zu werden.

Ein anderer und für die Gewerkschaft möglicherweise wichtigerer Grund zum Opponieren gegen die Initiative wird offenbar, wenn man sich die Unterschiede zum Volksbegehren in Massachusetts ansieht, wo eine Herabstufung des Besitzes von weniger als 28,35 Gramm Marihuana von der Straftat zur Ordnungswidrigkeit mit einer überwältigenden Mehrheit von 65 zu 35 Prozent der Wähler angenommen wurde. Im Vergleich mit der dortigen, sehr klar und einfach formulierten "Question 3" wirkte Proposition 5 überfrachtet und teilweise unverständlich. Eine unter den zahlreichen in der Initiative enthaltenen Änderungen war, dass eine unabhängige Kommission zur Reform des kalifornischen Gefängnissystems ins Leben gerufen werden sollte – ein Plan, der die Wärtergewerkschaft möglicherweise mehr aufbrachte als die Herabstufung einer Straftat zu einer Ordnungswidrigkeit.

Auch die nun herausgestellte Beteiligung des Alkohol-Lobbyverbandes "California Beer and Beverage Distributors" am Kampf gegen den "Nonviolent Offender Rehabilitation Act" wirkt auf den ersten Blick wie ein simpler Akt des Konkurrenzkampfes um Konsumenten. Allerdings war die gespendete Summe von 100.000 Dollar in ihrer Höhe nicht wirklich dazu geeignet, einen Trend umzudrehen. Auch deshalb, weil "Yes on 5" selbst auf finanzkräftige Unterstützer zählen konnte – darunter George Soros, der 1,4 Millionen Dollar für die Initiative spendete.