Bitte bitte, lass meine Bitte zu

Die öffentliche Petition, als Möglichkeit zur öffentlichen Diskussion gepriesen, wird angesichts der Petitionsregeln zur Farce. Bereits eine einzige sinnlose Eingabe kann die Diskussion verhindern

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die offiziellen Richtlinien für öffentliche Petitionen klingen verheißungsvoll

Mit dieser Möglichkeit soll ein öffentliches Forum zu einer sachlichen Diskussion wichtiger allgemeiner Anliegen geschaffen werden, in dem sich die Vielfalt unterschiedlicher Sichtweisen, Bewertungen und Erfahrungen darstellt. Dieses Forum soll allen Teilnehmern – Bürgerinnen und Bürgern sowie den Abgeordneten des Deutschen Bundestages – eine Möglichkeit bieten, vorgetragene Sachverhalte und Bitten zur Gesetzgebung wie auch Beschwerden aus unterschiedlichen Sichtweisen kennen zu lernen und in die eigene Meinungsbildung einzubeziehen. Der Ausschuss möchte erreichen, dass ein möglichst breites Themenspektrum auf seiner Internetseite angeboten und möglichst viele Petenten ihr Anliegen vorstellen können.

Quelle: www.bundestag.de

Sachgleichheit als K.O.-Kriterium

Doch bereits die lange Liste der Begründungen für die Nichtannahme einer öffentlichen Petition lässt diese hehre Idee weitaus weniger positiv erscheinen. Alleine die sogenannte „Sachgleichheit“ ist eine nicht zu unterschätzende Hürde – sie macht eine Petition unmöglich, wenn bereits eine andere „sachgleiche“ Petition eingereicht wurde. Am Beispiel einer Petition gegen die Vorratsdatenspeicherung (VDS) zeigte sich, wie vage das Argument der Sachgleichheit tatsächlich ist. So ist es unmöglich, eine Petition gegen die VDS mit der Begründung, diese verstoße gegen Grundrechte, einzureichen – es gab ja schon eine Petition, die sich mit der technischen Umgehung der VDS befasste.

Kai-Uwe Steffens vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung fasst dieses Vorgehen denn auch treffend zusammen, wenn er davon spricht, dass so der Petitionsausschuss sich die am leichtesten juristisch angreifbare Petition aussucht um diese zu verwerfen. Alle anderen, egal wie prägnant, logisch und juristisch einwandfrei begründet, werden dann mit dem Argument der Sachgleichheit gleichermaßen „abgebügelt“. Die entsprechenden Antwortschreiben auf Petitionen beziehen sich dann lediglich auf die leicht angreifbare Petition, die anderen Petenten haben keine Chance mehr.

Wie die öffentliche Diskussion ins Hintertreffen gerät

Der Vorteil der öffentlichen Petition, nämlich die Möglichkeit, so eine gesellschaftliche Diskussion anzustoßen, wird endgültig zum Scheinvorteil, wenn man bedenkt, dass eine Petition ebenfalls ausreicht, um ihr öffentliches Pendant zu verhindern. Wer also mittels der, beispielsweise mit Grundrechtsverstößen begründeten, öffentlichen Petition auf die Gefahr des BKA-Gesetzes aufmerksam machen will, der wird in diesem Unterfangen ausgebremst, wenn ihm ein Petent auf nicht-öffentlichem Wege zuvorkam. Der mediale Effekt, den eine öffentliche Diskussion nicht zuletzt mit sich bringt, wird durch diese Methode unterbunden, die öffentliche Unterstützung unmöglich gemacht.

Was in den Richtlinien noch mit den Worten „Der Ausschuss möchte erreichen, dass ein möglichst breites Themenspektrum auf seiner Internetseite angeboten und möglichst viele Petenten ihr Anliegen vorstellen können.“ angepriesen wird, ist somit nichts als eine hübsche Verpackung für einen leeren Karton. Der öffentliche Diskurs kann durch jede, noch so dümmlich formulierte nichtöffentliche Petition verhindert werden. Wer somit ein Gesetz oder eine Regelung befürwortet, muss lediglich eine Alibipetition einreichen, die sich im Nachhinein als eher kurzsichtig begründet herausstellt, um aller Öffentlichkeit für das Anliegen der Widersacher den Nährboden zu entziehen. Das ohnehin schwache Petitionsrecht, von vielen als reines Bittstellerrecht verhöhnt, wird so noch schwächer.