Mythos Mossad

Um den israelischen Geheimdienst ranken stets eine Menge Verschwörungstheorien, neue Spekulationen richten sich auf den künftigen "Chief of Staff" unter Präsident Obama

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Der Mossad zählt zu den besten und legendärsten Geheimdiensten der Welt, der das Unmöglichste möglich machen soll und zudem über „Alles“ informiert sei. Eine ideale Projektionsfläche für eine lange Liste von Verschwörungstheorien, die auch vor dem zukünftigen US-Präsidenten Barrak Obama nicht halt machen. Real sind davon nur die wenigsten.

Egal, wo auch immer in der Welt ein spektakuläres oder mysteriöses Attentat stattfindet, findet sich jemand, der den israelischen Geheimdienst Mossad dafür verantwortlich macht. Und wenn er nicht direkt daran beteiligt war, dann hat er zumindest etwas darüber gewusst. Der Mythos vom Mossad ist, dass er international omnipräsent sei und auch überall seine Hände im Spiel habe. Von den Anschlägen auf Pentagon und World Trade Center 2001 bis zum Tod des österreichischen, rechtspopulistischen Politikers Jörg Haider im Oktober dieses Jahres wird der Mossad in Verbindung gebracht.

Neueste Spekulationen, gerade in muslimischen Ländern, richten sich auf den gerade erst gewählten US-Präsidenten und seinen zukünftigen „Chief of Staff“ im Weißen House, Rahm Emanuel. In Palästina war man über diese Ernennung wenig begeistert. Man bezweifle, so Nabil Abu Rudeineh, Sprecher des Präsidenten Mahmoud Abbas, dass vom Optimismus, der mit Obama verbunden ist, etwas die Palästinenser erreichen werde. In Pakistan wurde Rahm Emanuel sogar als Spion bezeichnet.

Die Bemerkungen des Vaters des neuen „Chief of Staff“ schienen die Befürchtungen zu bestätigen: „Natürlich wird er den Präsidenten pro Israel beeinflussen“, sagte Benjamin Emanuel. In den 40er Jahren hatte er unter britischem Mandat die israelische Terrorgruppe Irgun unterstützt, die das König David Hotel in Jerusalem in die Luft sprengte und dabei 91 Menschen tötete. „Warum sollte er auch nicht? Ist er vielleicht ein Araber? Er wird nicht den Boden im Weißen Haus putzen."

Bemerkungen, für die sich der Sohn, den man bereits in den 90er Jahren als Spion im Weißen Haus bezeichnet, postwendend öffentlich entschuldigen musste. Von 1993 bis 1998 arbeitete Rahm Emanuel als Senior-Berater von Präsident Bill Clinton.

Der neue „Chief of Staff“ hat gute Verbindungen zu AIPAC (Israel American Public Affairs Committee) , der amerikanischen pro-Israel Lobby, eine der größten und einflussreichsten Interessenvertretungen der USA. Gegen zwei Vertreter der AIPAC, Keith Weissmann und Steve Rosen, läuft zurzeit ein Strafverfahren wegen Spionage gegen die USA. Nicht der erste Fall von israelischer Geheimdienstaktivität im Land seines engsten Verbündeten. Der bekannteste und schwerwiegendste Fall dürfte der von Jonathan Pollard sein. Von 1984-85 hatte der ehemalige Marine-Geheimdienstler über 800.000 Seiten Top-Secret-Material an Israel weitergegeben. Bis heute ist noch nicht vollständig geklärt, welche und wie viele Personen an der Spionage beteiligt waren und ob eventuell Strukturen noch weiter bestehen.

Aktivitäten des Geheimdiensts in Iran und im Libanon

Im Iran wurde diese Woche die Entdeckung eines neuen israelischen Spionagerings bekannt gegeben Der Staatsanwalt Saeed Martazavi will die Todesstrafe für die drei Verdächtigen beantragen. Vor einer Woche, am 17. November, war bereits Ali Sharti, ein Telekom-Angestellter, wegen dreijähriger Israel-Spionage hingerichtet worden. Er war der erste gefasste israelische Agent im Iran.

Auf einer Pressekonferenz sagte der Staatsanwalt, die drei Angeklagten seien Mitglieder der iranischen Basji-Miliz, die Anschläge auf Militärwissenschaftler, strategisch wichtige Militäreinrichtungen und Raketenbasen geplant hätten. Beweise habe man auf den Laptops, bei Satellitentelefonen und GPS gefunden. Die drei vermeintlichen Spione seien in vier verschiedenen Ländern vom Mossad trainiert worden. Inwieweit die Vorwürfe stimmen, weiß man nicht. Israels Premierminister Ehud Olmert hatte nur von Fortschritten in Geheimdiensttätigkeiten im Iran gesprochen und sich mehrfach sehr zufrieden über die Arbeit des Mossads-Chef Meir Dagan geäußert.

Zu den Erfolgen gehört sicherlich auch die Ermordung von Imad Mughniyeh, der im Februar dieses Jahres in Damaskus von einer Autobombe getötet wurde (Tod eines Superterroristen. Diejenigen, die dafür mitverantwortlich sein sollen, wurden Anfang November im Libanon verhaftet. Hauptverdächtiger ist Al Jarrah, ein ehemaliges Fatah-Mitglied, der danach zur Populären Front für die Befreiung Palästinas wechselte. Damit erhielt er einen speziellen Militärpass, mit dem er unkontrolliert die syrisch-libanesische Grenze überqueren konnte. In seinem Geländewagen war eine Kamera eingebaut, deren Bilder über Satellit abgerufen werden konnten. Um seinen Kontaktmann vom Mossad zu treffen, sei er nach Jordanien, Ägypten oder Zypern gereist. In Israel hätte man ihn ausgebildet, um mit modernsten technischen Überwachungsgeräten umzugehen.

Ali Jarrah arbeitete mit seinem Bruder zusammen. Beide sollen in Damaskus den Tatort des Bombenanschlags auf Imad Mughniyeh ausspioniert haben. Während des Sommerkriegs 2006 zwischen Israel und Hisbollah war Ali Jarrah beobachtet worden, wie er im Bekaa-Tal, einem Hisbollah-Gebiet, mit einer Videokamera filmend unterwegs war. Seinen Geländewagen parkte er oft tagelang in der Nahe der syrisch-libanesischen Grenze, am Rande der Verbindungsstraße nach Beirut. Offensichtlich, um den Verkehr dort aufzunehmen und mögliche Waffenlieferungen aus Syrien an die Hisbollah aufzudecken. Ali Jarrah und sein Bruder haben beide umfassende Geständnisse über ihre Geheimdienstarbeit abgelegt.

Die israelischen Medien stufen die Verlautbarungen der libanesischen Behörden über diesen Spionagefall als vertrauenswürdig ein. „Berichte der Libanesischen Armee aus der Vergangenheit über geheime israelische Operationen im Libanon haben sich als glaubwürdig herausgestellt, so die Tageszeitung Haaretz.

Ein eher pikantes Detail am Rande: Zaid Jarrah, einer der libanesischen Entführer des United Airline Fluges 93, der am 11. September 2001 in einem Feld in Pennsylvania abstürzte, ist ein Verwandter des Bruderpaars Jarrah, das für Israel spionierte. Die Familie Jarrah hatte derartige Berichte wiederholt dementiert. Ziad Jarrah sei nur ganz normaler, unschuldiger Passagier in der Maschine gewesen. Offizielle Untersuchungen ergaben jedoch, dass er als einer der Führungsköpfe der Entführer auf dem Flug 93 agierte und vorher Flugtraining absolviert hatte. Für Verschwörungstheoretiker sicherlich ein gefundenes Fressen. Damit lässt sich eine neue Geschichte über den mysteriösen Mossad stricken.