Patrouillierte griechische Polizei mit Neonazi-Milizen?

Bilddokumente belegen Kooperation uniformierter Beamter mit irregulären Kräften

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Immer wieder wurde in den vergangenen Tagen über die Untätigkeit) und Hilflosigkeit der griechischen Polizei in der Auseinandersetzung mit jugendlichen Demonstranten berichtet. Nach Zeugenaussagen waren die Sicherheitskräfte jedoch weitaus weniger passiv als zunächst vermutet.

In Athen und in der westgriechischen Hafenstadt Patras haben Polizisten offenbar gemeinsam mit rechtsextremen Milizen patrouilliert. In Blogs wurden inzwischen Bilder und Videos dieser Kooperation mit mutmaßlichen Mitgliedern der neofaschistischen Gruppierung Chrysí Augí (Goldene Morgendämmerung) dokumentiert. Polizei und Regierung schweigen bislang zu den Vorwürfen.

„Am Ende der Demo begannen die Cops einen großen Angriff, um die Demo zum städtischen Campus zu treiben“, heißt es in einem Bericht aus Patras: „Bald danach begann das Unglaubliche: Dutzende Faschisten (die sich scheinbar aus dem ganzen Land in Patras zu einer gemeinsamen Operation mit den Cops getroffen haben) attackierten die Demo mit Steinen und Messern.“

Chrysí Augí zählt zu der radikalen Rechten Griechenlands. Selbst bezeichnet sich die Gruppierung als „nationalsozialistische Bewegung“. Ihr Emblem, ein schwarzer Mäander auf rotem Grund, erinnert an die Hakenkreuz-Symbolik der deutschen Faschisten. Die Milizen der Gruppe sind in der Vergangenheit wiederholt schwarz uniformiert und mit griechischen Fahnen aufgetreten. Ähnliche Bilder wurden während der Auseinandersetzungen in den vergangenen Tagen dokumentiert.

Nach einem weiteren Amateurbericht im Internet waren auch Mitglieder der Jugendorganisation ONNED der konservativen Regierungspartei Neue Demokratie an den Aktionen gegen linksgerichtete Demonstranten beteiligt. Ein Autor des Internetportals Indymedia in Griechenland verweist auf die Vorgeschichte: 1991 war der Lehrer Nikos Temponeras ermordet wurden, als ONNED-Mitglieder besetzte Schulen gewaltsam räumten. Aufgefordert dazu hatte sie der damalige Bildungsminister Vassilis Kontogianopoulos. Als bekannt wurde, dass der Lehrer von einem führenden Mitglied der ONNED mit einer Brechstange tödlich verletzt wurde, kam es zu Massendemonstrationen und Unruhen im ganzen Land. Die Lage beruhigte sich erst, als Kontogianopoulos vom Posten als Bildungsminister zurücktrat.

Während sich die Lage in Griechenland fünf Tage nach Beginn der aktuellen Aufstände wieder zu beruhigen scheint, zeigten die Berichte über paramilitärische Milizen eine bislang wenig beachtete Gefahr auf. Bei einer erneuten Zuspitzung der sozialen Proteste könnte die Lage durch den Einsatz solcher nicht-staatlichen Kräfte schnell außer Kontrolle geraten. Dass dies bislang nicht geschehen ist, liegt in erster Linie an dem besonnenen Verhalten der organisierten Linken.

In Griechenland spielt der Einsatz der rechten Paramilitärs in der öffentlichen Debatte bislang kaum eine Rolle. In den großen Tageszeitungen und im Fernsehen wurden die Milizen als „Bürgerwehren“ bezeichnet, die von Ladenbesitzern und Anwohnern aufgestellt wurden.