Eingebettete Wissenschaft?

Die Auseinandersetzung um den Erhalt der Zivilklausel am Karlsruher Institute of Technology wirft ein Schlaglicht auf das Verhältnis von Hochschule und Militärforschung

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Das Karlsruher Institute of Technology (KIT), das von der Technischen Universität Karlsruhe und dem Karlsruher Forschungszentrum gegründet wurde, gilt als eines der viel zitierten Leuchttürme deutscher Forschungspolitik. "KIT verbindet sie Stärken beider Partner", so heißt es auf der Homepage des Zentrums, "zunächst in der Mikro- und Nanotechnologie, dem Wissenschaftlichen Rechnen mit dem Schwerpunkt Grid-Computing sowie die Materialforschung für den Energiebereich und ist ein in Deutschland einmaliges, zukunftweisendes Modell“.

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Doch die Zivilklausel des FZK scheint bei der Fusion auf der Strecke zu bleiben. Es war ein kurzer knapper Satz folgenden Inhalts: "Die Gesellschaft verfolgt ausdrücklich friedliche Zwecke“. Der stand bisher in der Satzung des Forschungszentrums. Die Mitarbeiter des FZK sehen diese Festlegung durchaus als eine der Stärken ihres Instituts an, die sie auch in die neue Satzung des KIT aufnehmen wollen. Dabei werden sie auch von der regionalen Gliederungen der Dienstleitungsgewerkschaft ver.di und von außeruniversitären Initiativen unterstützt, die eine Kampagne Militärforschung am KIT? - sag nein gestartet haben.

Auch die oppositionelle SPD in Baden-Württemberg hat sich in Gestalt ihres Landtagsabgeordneten Johannes Stober für die Zivilklausel ausgesprochen: „Im freiheitlichen und demokratischen Rechtsstaat müssen die Hochschulen vor dieser Rüstungs- und Kriegslogik geschützt werden, gerade weil sie mit hohen Summen operiert und für die unterfinanzierten Forschungseinrichtungen verlockend sind“, betont der Sozialdemokrat. Er wollte in einer Kleinen Anfrage von der baden-württembergischen Landesregierung wissen, ob sie die Übernahme der Zivilklausel auf das KIT unterstützt.

Die Antwort des zuständigen Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst blieb vage. So heißt es dort, die Verankerung der Zivilklausel sei „im Lichte des Grundgesetzes auszulegen“. Überdies sei "das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit nach Artikel 5 Abs. 3 GG zu beachten“. Eine entschiedene Stellungnahme für die Zivilklausel kann daraus wohl kaum heraus gelesen werden.

Kritiker weisen denn auch darauf hin, dass sich die Festlegung auf eine strikt nichtmilitärische Forschung in der Satzung des KIT kaum mit Projekten der Universität Karlsruhe vereinbaren lassen würde. Sie nehmen Bezug auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Bundestagsanfrage der Linken. Danach wurden für die Universität Karlsruhe im Jahr 2007 Drittmittel für wehrtechnische Auftragsforschung aufgewendet.

Auf studentischen Rückenwind können die Verteidiger der Zivilklausel nicht unbedingt zählen. Anfang Dezember lehnte eine Mehrheit des Studierendenparlaments an der Karlsruher Universität einen Antrag ab, der sich für die Übernahme des Passus für eine nichtmilitärische Forschung aussprach. Die Entscheidung verwundert kaum. Anders als in den 80er Jahren, als sich unter dem Einfluss der westdeutschen Friedensbewegung auch viele Fakultäten die Frage stellten, inwieweit auch ihre Forschung zu Rüstung und Krieg beiträgt, haben diese Themen in Zeiten vom Wettebewerb der einzelnen Hochschulstandorte an Bedeutung verloren.

Mit Bleistift und Gewehr?

Doch an allen Universitäten gibt es Initiativen, die sich kritisch mit dem Verhältnis von Forschung und Hochschule befassen. Davon sind längst nicht nur technische Universitäten betroffen, wie die Diskussion über den Sonderforschungsverbund 700 an der Freien Universität Berlin zeigt.

Um das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützte Projekt gibt es seit Monaten hochschulintern eine kontroverse Debatte, an der sich Befürworter und Kritiker des Forschungsverbunds mit Offenen Briefen beteiligen. Dessen Fragestellung lautet: „Wie und unter welchen Bedingungen werden Governance-Leistungen in den Bereichen Herrschaft, Sicherheit und Wohlfahrt in Räumen begrenzter Staatlichkeit erbracht, und welche Probleme entstehen dabei?“

Angtimilitaristen werfen SFP 700 vor, einer Politik zuzuarbeiten, die militärische Mittel ausdrücklich einschließt. So sei der Auftrag einer vom Forschungsverbund erstellten Afghanistan-Studie durch das Verteidigungsministerium erfolgt. „Die Knarre in der einen Hand, den Bleistift in der anderen“, beschrieb der Kölner Theoretiker Detlef Hartmann rieb in einem Beitrag polemisch das Verhältnis zwischen Militär und Forschung.

Ansprechpartner Fregattenkapitän

Auch an der Potsdamer Universität gibt es seit Monaten Streit um den Studiengang Military Studies, der seit dem aktuellen Wintersemester nach Eigeneinschätzung „ein im deutschen Sprachraum einzigartiges Studienangebot“ liefert.

Zu den Trägern des Studienganges gehören auch zwei Einrichtungen der Bundeswehr. Ansprechpartner für den Studiengang ist nicht etwa ein Hochschullehrer, sondern ein Fregattenkapitän. Der Eröffnungsveranstaltung der Military Studies war von Protesten begleitet. Seitdem haben Antimilitaristen immer wieder mit kleineren Aktionen gegen den Studiengang ihren Widerspruch angemeldet.