Neue Schätzung für US-Kriegskosten im Irak und in Afghanistan

Möglicherweise wurden die Kriege weitgehend durch Schuldenaufnahme finanziert und belasten damit die nächsten Generationen

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Wie viel die Kriege in Afghanistan und im Irak den USA gekostet haben, ist bislang nicht bekannt. Wie das Center for Strategic and Budgetary Assessments (CSBA) in einem neuen Bericht erklärt, hat die Bush-Regierung die Kosten für die Kriege vielfach in Sonderhaushalten und anderen Kosten versteckt und damit eine genaue Kostenaufstellung verhindert. Neben den direkten militärischen Kosten könnten natürlich noch viel höhere wirtschaftliche und soziale Kosten entstanden sein, die kaum bezifferbar sind.

Allerdings rücken angesichts der monetären Dimensionen der Finanzkrise die Kriegskosten allmählich in die Dimension der Peanuts, in die die Bush-Regierung den Irak-Krieg vor dessen Beginn gestellt hatte. Offiziell hat die Regierung für die beiden Kriege seit 2001 904 Milliarden US-Dollar aufgewendet, eingeschlossen 66 Milliarden für den Haushalt 2008/2009, also die erste Hälfte des nächsten Jahres. Nach Schätzungen des Congressional Budget Office (CBO) könnten weitere Kosten bis 2018 je nach Szenario zwischen 416 und 817 Milliarden betragen, wenn die Truppen im Irak, in Afghanistan oder anderswo von jetzt etwa 200.000 in den nächsten Jahren auf 30-75.000 reduziert werden. Dann würden die gesamten Kriegskosten 1,3-1,7 Billionen betragen.

Das CSBA vermutet allerdings, dass die Bush-Regierung weitgehend durch Verschuldung finanziert hat. Frühere Regierungen seien durch gestiegene Rüstungshaushalte bezahlt worden, Sonderhaushalte wurden lediglich für unvorhersehbare Lücken aufgestellt. Die Bush-Regierung hat dies jedoch umgekehrt und bis 2008 die Finanzierung großteils durch Sonderhaushalte ermöglicht. Das habe dazu geführt, dass im Kongress und in der Öffentlichkeit die wirklichen Kosten nicht richtig eingeschätzt werden konnten. Während der normale Pentagon-Haushalt erst einmal von verschiedenen Ausschüssen geprüft wird, gehen die Sonderhaushalte direkt in den Kongress. Schwer durchschaubar werde so, welche Kosten tatsächlich direkt durch die Kriegsführung entstehen und wo beispielsweise normale Mehrausgaben als Kriegskosten umdeklariert werden. Dabei habe die Konstruktion des "Globalen Kriegs gegen den Terror" (GWOT) oder des "Long War" geholfen, worunter viele Ausgaben subsumiert werden konnten.

Abgesehen vom Irak-Krieg im Jahr 1991, der fast ausschließlich von US-Alliierten finanziert wurde, das US-Militär sich also für die militärische Intervention bezahlen ließ, hätten die USA Kriege stets durch eine Kombination aus Steuererhöhungen, Haushaltskürzungen und einigen Krediten bezahlt. Unter Bush/Cheney sei das aber anders geworden, sagt Steven Kosiak, der Autor des Berichts und CSBA-Vizedirektor: "Es wurden nicht nur keine Steuern erhöht, sie wurden sogar gesenkt, während man die Ausgaben bedeutend erhöhte. Das dürfte heißen, dass die Kriege weitgehend durch Kredite, also durch Schulden, finanziert wurden.

Sollten lediglich 10 Prozent der Kriegskosten durch Kredite finanziert worden sein, so würden zu den KOsten bis 2018 durch Zinszahlungen noch 68-78 Milliarden Dollar hinzukommen. Sollten die Kriege, was allerdings nicht wirklich belegt werden kann, ganz durch Verschuldung finanziert worden sein, dann würden zusätzliche Kosten von 680-780 durch Zinszahlungen entstehen. Damit lägen die Gesamtkosten dann schon 2-2,5 Billionen Dollar.

Der Irak-Krieg, den die Bush-Regierung mit falschen und gefälschten Behauptungen dank der Anschläge vom 11.9. vom Zaum gebrochen hat, verschlang die weitaus größten Kosten. Der Afghanistan-Krieg, der durch die Anschläge noch eher legitimiert werden konnte, kostet im Vergleich nur ein Viertel bzw. ein Fünftel. Das kann sich aber noch ändern, wenn mehr Soldaten nach Afghanistan verlegt werden. Gleichzeitig eröffnet die Bush-Regierung womöglich in Somalia einen weiteren Kriegsraum, nachdem der UN-Sicherheitsrat nicht nur die Bekämpfung von Piraten auf See, sondern auch auf Land gebilligt hat (Piratenjagd auch auf dem Land). Dazu müssen die US-Soldaten nicht auf dem Boden einmarschieren, sie können auch auf Angriffe aus der Luft setzen, was sie in den letzten Jahren zunehmend auch im Irak, in Afghanistan – und auch in Pakistan gemacht haben.