Sieger der Finanzkrise: Der Euro

Das britische Pfund, der russische Rubel und der US-Dollar geben gegenüber dem Euro weiter nach

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Der Rubel rollt in Russland, allerdings immer schneller bergab. Auch nach den Weihnachtsfeiertagen geht die Abwertung der russischen Währung weiter. Wegen der schlechten Wirtschaftsdaten hat der Rubel am Montag den tiefsten Stand seit der Einführung der Europäischen Einheitswährung Anfang 1999 erreicht. Mit 241 Milliarden Euro will Russland nun die Wirtschaft aus der Krise holen. Auch das britische Pfund Sterling fällt von einem Allzeittief ins nächste. Die Parität zum Euro kommt immer näher und verstärkt damit auch die Stimmen in Großbritannien, die für einen Beitritt zur Euro-Zone werben.

Der Rubel stoppt auch nach Weihnachten seine Talfahrt nicht. Die russische Notenbank hat den Rubel am Montag erneut abgewertet. Für einen Euro erhält man nun 41,63 Rubel. Damit ist die russische Währung auf den tiefsten Stand seit der Einführung der Europäischen Einheitswährung gesunken. Die neuerliche Abwertung Euro fiel um 2,5 % aus. Es handelt sich um die zwölfte Abwertung in zwei Monaten. Erst am Freitag war der Kurs des Rubels um 1,4 % auf den niedrigsten Stand seit drei Jahren gesenkt worden. Zum Jahresbeginn 2008 erhielt man für einen Euro noch knapp 36 Rubel. Er hat seit Jahresbeginn fast 18 Prozent an Wert verloren. Seit November hat sich diese Abwertung deutlich beschleunigt und auch die Regierung weiß, dass das Ende der Fahnenstange nicht erreicht ist, weshalb sie weitere Kursrückgänge in Aussicht stellt.

Der Rubel könne im Verhältnis zum Euro auf bis zu 45 fallen, meint die Regierung. Doch Experten schließen eine Abwertung bis auf 49 Rubel nicht aus. Einen Kollaps des Rubel-Kurses auf ein Drittel, wie vor zehn Jahren, werde es nicht geben, versprach Präsident Dmitri Medwedew in einer Fernsehansprache in der vergangenen Woche. Der Wert der russischen Währung müsse aber "effektiv und dem realen Zustand unserer Wirtschaft angemessen" sein, versuchte Medwedew seine beunruhigten seine Landsleute zu beruhigen. Der Kurs, so der Präsident, werde "etwas flexibler als in der letzten Zeit" sein. Ein Handeln des Staates wie 1998, als über Nacht Entscheidungen getroffen worden seien und am nächsten Morgen alle festgestellt hätten, dass sie drastische Verluste hatten, werde es nicht geben.

Bisher hat die Regierung schon 150 Milliarden Dollar aus den Währungsreserven eingesetzt, um den Rubel zu stützen. Doch das hat nicht geholfen, um dem Druck auf die Währung zu begegnen. Wegen dem starken Misstrauen, fangen viele Russen nun wieder damit an, ihre Ersparnisse gegen den harten Euro einzutauschen.

Stabilisieren könnte sich der Rubel nun aber wegen der erneut wieder steigenden Ölpreise, ausgelöst durch den Angriff Israels auf den Gazastreifen). Am dritten Tag der israelischen Luftangriffe stieg der Rohölpreis deutlich auf mehr als 42 US-Dollar, weil befürchtet wird, dass der Konflikt länger andauert und sich in der Region ausbreitet. Neben dem Ölpreis belastet aber auch die hohe Verschuldung der russischen Unternehmen im Ausland die Währung, dazu kommen fallende Umsätze und Produktion, sowie die steigende Arbeitslosigkeit. Die Umsätze im russischen Einzelhandel sind im November um 3,4 % zurückgegangen, während die Arbeitslosigkeit auf 6,6 % gestiegen ist und die Industrieproduktion erstmals in zehn Jahren ein Minus verzeichnete, das mit fast 9 % satt ausfiel. Weiterhin macht Russland auch eine hohe Inflation zu schaffen, die seit Jahresbeginn bei 13,1 Prozent liegt.

Erstmals erwartet Russland für das kommende Jahr auch ein Haushaltsdefizit, das bis zu 63 Milliarden Euro betragen könnte. Als Grund für die Prognose nannte der Finanzminister Alexej Kudrin den Einnahmeausfall durch die gesunkenen Öl- und Gaspreise. Dazu kommen aber auch die fallenden Steuereinnahmen. Ursprünglich war der Haushalt mit einem durchschnittlichen Ölpreis von 95 Dollar berechnet worden, doch nun nimmt das Land nicht einmal halb so viel ein.

Einsparungen im Haushalt seien aber nicht vorgesehen, denn das Land könne die Lücke aus den Reservefonds schließen. Trotz allem kündigte Kudrin das schwierigste Jahr für die russische Wirtschaft seit 2000 an. Noch kann Russlands auf gut 90 Milliarden Euro zurückgreifen, die in der Zeit extrem hoher Ölpreise als Notfonds angelegt wurde. Die Renten und Löhne der Staatsbediensteten seien deshalb sicher und angekündigte Erhöhungen (bei den Renten um 34 %) würden wie geplant umgesetzt, erklären die Regierungsvertreter.

Zwar hätten sich die internationalen Reserven (Gold- und Devisenreserven) Russlands zuletzt wieder von gut 435 Milliarden US-Dollar auf 450 Milliarden erhöht, doch sind sie seit Sommer deutlich wegen Stützungsmaßnahmen für den Rubel gefallen. Im August hatten sie noch einen Höchststand von fast 600 Milliarden Dollar erreicht. Und die Reserven werden weiter schrumpfen, denn nun will die Regierung mit 241 Milliarden Euro die Wirtschaft vor den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise schützen. Die Summe entspricht dem Jahreshaushalt des Landes. Das Geld für das Konjunkturpaket soll, wie das Presseamt der Regierung am Montag mitteilte, auch von der Zentralbank und aus den Reservefonds kommen.

Da Russland wegen des schwachen Dollars vor allem auf seine Dollarreserven zurückgreifen dürfte, bringt die Dollarschwemme auch den Dollar weiter unter Druck. Das könnte den vermuteten Dollar-Crash weiter beschleunigen. So ist es kein Wunder, dass auch der Dollar gegenüber dem Euro weiter nachgibt. Zeitweise kletterte er am Montag über die Marke von 1,43 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) legte den Referenzkurs auf 1,4270 fest, am 24.12. waren es noch 1,4005. Der Euro setzt also weiter zu neuen Höchstständen an. Im Sommer erreichte er fast die Schwelle von 1,6 Dollar.

Euro nähert sich der Parität zum Pfund

Am Montag ist auch das britische Pfund Sterling weiter gegenüber dem Euro gefallen. Die britische Währung büßte erneut zwei Cent ein und war nur noch 1,022 Euro wert. Wegen der abstürzenden Ökonomie in Großbritannien nähert sich das Pfund immer weiter der Parität zum Euro an. Allein im Dezember hat das Pfund gegenüber dem Euro gut 13 % an Wert verloren und niemals zuvor war es billiger zu haben. Seit Anfang Januar verlor es zum Euro rund 33 % an Wert. Direkte Auswirkungen hat das auf viele Briten, die mit ihrer Rente den Lebensabend in Frankreich oder Spanien bestreiten. Der Traum ist aus, weil der Euro-Raum zu teuer geworden ist. "Why the British are saying au revoir to life in France", titelte zum Beispiel der Telegraph einen Bericht.

Verantwortlich für den Absturz der britischen Währung machen Analysten die tiefe Rezession auf der Insel. Allgemein wird davon ausgegangen, dass die Arbeitslosigkeit 2009 deutlich steigen wird und Immobilienpreise weiter fallen werden. An dem Absturz der Preise hat auch nichts geändert, dass so viel Geld wie nie in den Immobilienmarkt gepumpt wurde. Mit Bezug auf Daten der Bank of England (BoE) wird berichtet, es seien allein im dritten Quartal 2008 fast 6 Billionen Pfund gewesen. Im Quartal zuvor war es nur ein Drittel dieser Summe.

Erwartet wird, dass die BoE den Spuren der US-Notenbank folgen wird, und den Leitzins ebenfalls bis auf null Prozent absenken dürfte. Die Konjunkturdaten in der letzten Zeit weisen darauf hin, dass Großbritannien eine deutlich schärfere Rezession als dem Euroraum droht. Noch im August lag der Leitzins auf der Insel bei 5 %, aber seither senkte ihn die britische Notenbank ihn in großen Schritten auf 2 %. Im Euroraum lag er dagegen im August noch bei 4,25 %, wobei ihn die Europäische Zentralbank (EZB) trotz der Rezession in den meisten Ländern nur auf 2,5 % senkte, um Spielraum für die Deflationsbekämpfung zu erhalten (Droht mit den Leitzinssenkungen nun statt Stagflation eine Stagdeflation?).

Der Verfall des Pfunds wird zusehends zum Problem für die britische Regierung, die noch erklärt, nicht besorgt zu sein. Ein schwaches Pfund verbillige schließlich die Exporte, sagte Finanzminister Alistair Darling noch Mitte des Monats im Parlament. Doch immer öfter wird Premierminister Gordon Brown von der konservativen Opposition an die eigenen Worte erinnert. Als Schatzkanzler hatte er einst erklärt: "Ein schwaches Pfund ist Zeichen einer schwachen Wirtschaft und einer schwachen Regierung".

Das Pfund als Symbol für Nationalstolz und Abgrenzung gegenüber Brüssel verfällt, an das sich viele stets geklammert haben. Angesichts der Pleite von Island, wo die Regierung nach der Verstaatlichung der Banken und dem Landesbankrott nun vom Euro schwärmt, werden auch die Euro-Befürworter in Großbritannien lauter. "Reykjavik an der Themse", so nennt William Buiter die britische Hauptstadt London. Der Ökonom, ein ehemaliges Mitglied der Bank of England, prognostiziert den Briten ein ähnliches Schicksal wie Island. Er rät deshalb seinen Landsleuten, den Euro anzunehmen, um Schlimmeres abzuwenden.

Er steht damit nicht allein, und offenbar hat hinter den Kulissen die britische Regierung schon einmal in Brüssel vorgefühlt. So erklärte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso unlängst, Großbritannien stehe dem Beitritt zum Euro näher als je zuvor. Ein prominenter Euro-Befürworter ist Wirtschaftsminister Peter Mandelson, den Brown kürzlich aus der EU-Kommission in sein Kabinett zurückholte. Der sitzt nun auf einer wichtigen Position und erklärte, auf lange Sicht peile man den Beitritt zur Euro-Zone an.