Onlinetrojaner und Datenpannen

Der Datenschutzrückblick 2008 - Teil 4 (Oktober - Dezember)

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Oktober

Der Bayerntrojaner erhitzt weiter die Gemüter, während Hessens Innenminister auch für sein Bundesland die Onlinedurchsuchung und das KFZ-Kennzeichen-Scanning wünscht. Das Kennzeichenscanning soll, so Innenminister Bouffier, zum Beispiel bei der Überwachung von anreisenden Problemfans bei Fußballspielen helfen. Das Prinzip des Carsharing oder des Leihwagens scheint Herrn Bouffier neu zu sein.

Eine Ampelregelung für Geodaten fordern die Datenschützer des ULD, während der sächsische Städte- und Gemeindetag im Verkauf von Meldedaten kein Problem sieht.

„Telekomgate“ geht munter weiter – diesmal sind es 17 Millionen Kundendaten von T-Mobile, die illegitim weitergegeben wurden, der Bund deutscher Kriminalbeamter fordert deshalb einen Datensafe und Herr Obermann spricht das gelassen aus, was Kritiker (u.a.) der Vorratsdatenspeicherung schon seit Jahren predigen: "Wo immer große Mengen an Daten zusammenlaufen, ob bei uns oder anderen Unternehmen, ist auch die Versuchung für Kriminelle groß". Allerdings, so Obermann, sei alles nicht so dramatisch, die Daten seien nicht mehr Umlauf. Dass dies nicht der Wahrheit entspricht, wird wenig später klar, als der Erotikunternehmer Tobias Huch mitteilt, er habe die entsprechenden Daten, hätte dies auch der Telekom mitgeteilt, welche jedoch kein Interesse daran zeigte. Nur einer der eklatanten Mängel beim Konzern. Immerhin werden die bei Herrn Huch lagernden Daten medienträchtig gesichert. Herr Obermann kündigt an, den Datenschutz massiv zu verbessern – was dringend notwendig ist. Herr Huch bekommt derweil ungebetenen Besuch. Herr Obermann ernennt den Datenschutz zur Chefsache. Dazu gehört auch, dass der neue Vorstandsposten für Datenschutz mit einem Herrn besetzt wird, der bereits mit den Vorgängen befasst war.

Die Gewerkschaft der Polizei zeigt sich transparent und Datenschützer sprechen von einer Datenverarbeitungsdroge.

Mehrere zehntausend Menschen gehen erneut auf die Straße, um gegen ausufernde Überwachung zu protestieren, das Ringen um die BKA-Gesetzesnovelle geht weiter, der elektronische Personalausweis rückt näher und Innenminister Wolfgang Schäuble sieht einmal öfter die Kritik an der Vorratsdatenspeicherung als ungerechtfertigt an.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter spricht sich gegen Herrn Schaar als Datenschutzbeauftragten aus, Thilo Weichert sei für den dringend erforderlichen Neuanfang beim Datenschutz geeigneter. Vom Innenministerium kommt zeitgleich ein Entwurf für ein Gesetz gegen Datenmissbrauch.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt im Fall der im Internet veröffentlichten Patiendaten, die Nacktscanner sorgen für Aufregung und in Bielefeld werden unbeliebte Preise vergeben.

November

Der Journalistenverband kritisiert das geplante BKA-Gesetz, welches dennoch vom Bundestag verabschiedet wird, und das neue Sexualstrafrecht tritt in Kraft. Wer versucht, sich in den Besitz von jugendpornographischen Schriften zu bringen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, wird künftig mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.

Die Telekom hat offenbar auch Betriebsräte belauscht. Herr Obermann entschuldigt sich. Doch das nächste Datenschutzproblem lässt nicht lange auf sich warten.

Zahnärzte reagieren auf das BKA-Gesetz, dem allerdings noch eine Zitterpartie im Bundesrat bevorsteht. Die üblichen Argumente werden ausgetauscht.

Der Bundestag beschließt derweil einen einfacheren Zugriff auf Geodaten.

Nach 38 Jahren stellt der Verfassungsschutz die Beobachtung von Rolf Gössner ein.

Das Bundesinnenministerium und die Telekom wollen gemeinsam die rechtsverbindliche De-Mail testen. Das Ziel ist unter anderem eine hohe Datensicherheit. Dass gerade das BMI sowie die Telekom eine vertrauenswürdige Mailmöglichkeit umsetzen wollen, ist vielen lediglich ein bitteres Lachen wert.

Ursula von der Leyen plädiert für Netzsperren gegen Kinderpornographie. Der Bundesdatenschutzbeauftragte stellt eine Charta des digitalen Datenschutzes vor und bleibt in seinem Amt. Ein anderer unbequemer Kritiker muss gehen.

Dezember

Wenn es genutzt wird, war es notwendig – so einfach macht man es sich bei der Vorratsdatenspeicherung, die dem Schutz der Menschenwürde dient und für die es neue Entschädigungsregelungen gibt.

Die nächste Volkszählung wird beschlossen, andere Regelungen dagegen lassen auf sich warten.

Kontodaten von 21 Millionen Bürgern kursieren, andere Daten gehen in analoger Form verloren.

Die E-Card startet und die German Privacy Foundation verweigert sich der Vorratsdatenspeicherung.

Schäuble wirbt für das BKA-Gesetz, welches nach der Zitterpartie in Bundesrat und Vermittlungsausschuss doch realisiert wird

Die informationelle Selbstbestimmung wird 25 Jahre alt und Niedersachsens Innenminister fordert Filterprogramme gegen Kinderpornographie, was die Piratenpartei kritisch kommentiert.

Ein weihnachtliches Stollenmärchen sorgt für Erheiterung und für Empörung. Datenschützer fordern eine Entschädigung bei Datenpannen und der Bundespräsident unterzeichnet das BKA-Gesetz.