Auslandsberichterstattung durch Private Militärdienstleister?

Während die Medien bei Auslandskorrespondenten sparen, betreiben vermehrt Privatfirmen eine investigative Berichterstattung

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Das Auswärtige Amt führt im Aktenplan „Nichtamtliche Reisen Deutscher in fremde Staaten“. Das Bundeskriminalamt hat behördenintern geregelt, wie es u.a. mit „Detekteien, Auskunfteien, privaten Sicherheitsunternehmen und Einzelpersonen“ zusammenarbeitet. Gerade vor dem Hintergrund der Debatte rund um Datenmissbrauch und Überwachung besonders aktuell. Offenbar gibt es eine Regelung für „Super-Maus(s)“.

Die Parlamentarische Versammlung sah sich vor kurzem beim Thema private Militärdienstleister mit der Frage konfrontiert, welchen Einfluss diese auf die Medienlandschaft haben.

Wer sind die Auftraggeber von Piratenüberfällen? Wer profitiert von den Angriffen, wer sind die Hintermänner? Wer verfügt über die sogenannte „shipping intelligence“, um vorab Order geben zu können? Handelt es sich im Golf von Aden gewissermaßen um einen Stellvertreterkrieg? Versuchen die einen, Grundstoffe für Massenvernichtungswaffen und Giftmüll an Land zu bringen, versuchen andere, ihnen dies abzujagen, und unternehmen wiederum andere den Versuch, beides zu verhindern?

Eigentlich Fragen, für investigative Auslandsberichterstattung.

Heute sollten Private Sicherheitsdienstleister (PMC) dies in Erfahrung bringen - wie die Clanstrukturen der Täter vor Ort sind, aber auch die Hintermänner, die als vermeintlich seriöse Geschäftsleute daher kommen und nicht in Somalia sitzen. Nur dann nämlich können Security-Firmen bei Entführungen verhandeln oder Angriffe sogar verhindern. Dies ist eine klar umrissene Aufgabe, die mit einem Auftraggeber abgesprochen ist.

Das Wissen, das in diesem Kontext gesammelt wird, ist hauptsächlich dafür gedacht. Es sei denn, die Sicherheitsfachleute erführen von Straftaten; z.B. wie Giftmüll verschifft wird, Entführungen der Geldwäsche dienen, radioaktiver Abfall vor fremden Küsten abgeladen wird und ähnliches. Dann sind sie eigentlich verpflichtet, auch dieses bekannt zu machen. Eigentlich. Bislang ist solch akkumuliertes Wissen, sollte es vorhanden sein, aber noch nicht öffentlich geworden. Eine originäre Aufgabe von Journalisten. Doch in dem Maß, in dem die Zahl privater Militärfirmen zugenommen hat, hat die Auslandsberichterstattung abgenommen.

Private Militärdienstleister bringen gewissermaßen Auslandsberichterstattung für Abonnenten; Spezialdienste unter besonderem Blickwinkel. Medien sind idealtypisch dafür da, Informationen öffentlich zu machen als Entscheidungsgrundlage.

Früher schwärmten Journalisten aus, auf der Fährte „der Bösen“, auf das das „Gute“ siegen möge. Bob Woodward und Carl Bernstein waren die Heroen und Symbolbilder des Investigativen, die aufdeckten, welche Machenschaften die Mächtigen gegen die Demokratie ausheckten. Auch in Deutschland brachten Reporter Bilder aus der Welt nach Hause. Legendär: die Reportage über „Kongo-Müller“ zum Beispiel, dem deutschen Söldner in Afrika.

Doch als immer mehr Leute reisten, wurde in Redaktionen entschieden, weniger Berichte aus anderen Ländern zu bringen. Man setzte auf Lokalberichterstattung, auch in großen öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten. Und dies ausgerechnet zu der Zeit, als das begann, was heute Globalisierung genannt wird. Heute sind sehr viele Menschen von den Auswirkungen dessen betroffen, was in anderen Ländern geschieht. Doch welche Relevanz es hat, was in Staaten wie Ecuador, Thailand oder Gabun passiert, haben die meisten erst erfahren, als sie entlassen wurden, weniger verdienen sollten oder bestenfalls ihren Urlaub unterbrechen mussten, weil es an ihrem Ort einen Putsch gegeben hat.

„Die unkontrollierte Verwendung von Informationen, die die Militärfirmen im Krieg gegen den Terror gesammelt haben und tagtäglich über Privatpersonen mit neuesten geheimdienstlichen Technologien sammeln, sowie die damit verbundene Verletzung von Grund- und Bürgerrechten ist noch gar nicht erfasst und in seiner Tragweite abgeschätzt worden“, warnte bereits 2006 das Buch „Krieg als Dienstleistung.“

Beispiel dafür ist das neue Geldwäschegesetz (Der Streit um sechseckige Pommes Frites). Dies verlangt die Überprüfung sogenannter PEPs – politisch exponierter Personen. Dazu zählt aber bereits jeder, der Kontakt zu Abgeordneten hat. Und stellt damit das Prinzip von Freiheit und Demokratie auf den Kopf. Daten von Kreditkartenfirmen, Reisebewegungen wurden, das zeigte sich bei der Journalistenaffäre, genutzt, um Bewegungsprofile zu erstellen.

Im Aktenplan des Auswärtigen Amts (AA) findet sich unter dem Punkt 321.35 die Rubrik „Nichtamtliche Reisen Deutscher in fremde Staaten“. Das würde bedeuten, Reisebewegungen würden generell registriert.

Dies bezieht sich auf staatliches Handeln. Doch die Daten sind (auch) in den Händen privater Unternehmen. Und dort oft kontrolliert. Außerdem gibt es offenbar eine Zusammenarbeit staatlicher Stellen mit privaten Ermittlern. Dies ergibt sich aus der Lektüre des Aktenplans des Bundeskriminalamts. Dort heißt es unter den Punkten 5360 bis 5379, in diesen Rubriken sei die Zusammenarbeit des BKA geregelt mit dem ADAC, IHK, politischen Parteien und Vereinigungen, Versicherungsgesellschaften, Detekteien, Auskunfteien, privaten Sicherheitsunternehmen und Einzelpersonen.

Was das genau heißen sollte, wollte die Autorin am 30.12. vergangenen Jahres wissen. Eine Antwort hat sie bislang noch nicht erhalten. Wie heißt es doch im Buch „Krieg als Dienstleistung“ auf Seite 155: „Dem Besitz von Informationen und Wissen kommt heute angesichts der neuen Konzepte der Kriegführung wie dem Information Warfare eine enorme Bedeutung zu. Wissen, das ausgelagert ist, kann trotz Verträgen nur schwer überwacht werden.“