Und noch ein Hilfspaket für die USA

Obama will mit 275 Milliarden den Immobilienmarkt stützen und sogar in der Euro-Zone können Staatspleiten drohen

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Erst am Dienstag hatte US-Präsident Barack Obama das größte Konjunkturpaket in der Geschichte des Landes unterschrieben und nun will er mit weiteren 275 Milliarden US-Dollar den Immobilienmarkt stützen. Damit will er das Loch stopfen, das im fast 800 Milliarden schweren Konjunkturpaket klaffte. Denn eines ist klar: Ohne die Stabilisierung des Immobilienmarkts kommt kein Ende der Krise in Sicht. Mit dem neuen tiefen Griff in die Staatskasse soll zudem verhindert werden, dass Millionen Bürger ihre Eigenheime verlieren.

In Spanien vertieft sich die Immobilienkrise weiter. Eine angeblich stabile Bank, wie die Santander, weigert sich, die Einlagen der Kunden in einen Immobilienfonds zurückzuzahlen. Das Land steht auf der Schwarzen Liste der EU-Kommission, weil die Verschuldung überhand nimmt und eine Staatspleite kann nicht ausgeschlossen werden.

Nun setzt Obama, massiv unterfüttert von Staatsgeldern, auf Psychologie, um die USA aus der tiefen Rezession zu holen. Als er am Dienstag das Gesetz unterzeichnete, mit dem das größte Konjunkturpaket in der Geschichte des Landes auf den Weg gebracht wurde, versuchte er Hoffnung machen und gegen das fallende Vertrauen anzureden. Denn das Verbrauchervertrauen in den USA sackt weiter ab, stellte die Universität Michigan fest. Es fiel nach vorläufigen Daten auf 56,2 Punkte, wobei es sich dem tiefsten Wert seit 28 Jahren nähert.

Deshalb macht Obama nun den Silberstreif am Horizont aus: "Der heutige Tag markiert nicht das Ende unserer Wirtschaftsprobleme, aber er markiert den Anfang vom Ende", gab er sich selbstsicher, dass sein Krisenmanagement zum Erfolg führen wird. Die fast 800 Milliarden Dollar, die nun über das Konjunkturpaket ausgeschüttet werden sollen, seien nur ein Teil einer "breiten Strategie" im Kampf gegen die Finanz- und Wirtschaftskrise.

Das Paket sei der erste Schritt, die US-Wirtschaft wieder auf eine solidere Grundlage zu stellen, um auf lange Sicht Wachstum und Wohlstand zu sichern. Obama hat, auch wenn er in den Verhandlungen starke Zugeständnisse gegenüber den Republikanern machen musste, vier Wochen nach dem Amtsantritt sein erstes Ziel erreicht. Ob es sich dabei um ein "ausgewogenes Paket" handelt, darf bezweifelt werden, da vor allem die Mittelklasse profitiert. Doch ist es allemal es ausgewogener als das Berliner 50-Milliarden-Paket (50 Milliarden für Wahlkampfgeschenke), wo für die praktisch nichts getan wird, die Hilfe am nötigsten hätten.

Doch wäre Obama ein dummer Präsident, wenn er sich schon zu Amtsbeginn auf einen Schleudersitz begeben würde. Er hält sich die Hintertür offen. Sollten die Pakete nicht wirken, kann er später auf seine Warnungen vor "Gefahren und Rückschlägen" verweisen, die er in seine Reden einbaut. Er betonte, es werde kein leichter Weg, der zur wirtschaftlichen Erholung führen. Und so verband er den Erfolg auch mit weiteren Maßnahmen, die noch auf den Weg gebracht werden müssten.

Milliarden zur Stabilisierung des Immobilienmarktes

Am Mittwoch stellte er nun weitere Maßnahmen vor mit denen er einen zentralen Punkt der Finanzkrise angehen will. Denn das Platzen der Schuldenblase am Immobilienmarkt war einer der Hauptverursacher der Krise. Es war sogar der Bush-Regierung klar, dass "der Immobilienmarkt die Wurzel der Probleme" sei. Das gestand der Ex-Finanzminister Henry Paulson ein, wenn auch erst mit großer Verspätung. Ohne eine Stabilisierung im Immobiliensektor gäbe es auch keine Stabilität auf den Finanzmärkten, stellte er fest, nachdem die Krise schon ein Jahr wütete (US-Regierung will das Finanzsystem auf Kosten der Steuerzahler retten). Doch Taten folgten nicht.

Die lässt nun Obama folgen. Mit 275 Milliarden Dollar sollen nun bis zu neun Millionen Zwangsversteigerungen verhindert werden. Sein Plan habe das Ziel, "Familien zu helfen, die nach den Regeln gespielt und verantwortungsbewusst gehandelt haben". Denen, die bewusst ein extremes Risiko eingegangen seien, soll nicht geholfen werden. Millionen Familien, die vor dem finanziellen Ruin stünden, sollen eine Möglichkeit zum Neuanfang erhalten. 2008 wurden in den USA mehr als drei Millionen Häuser zwangsversteigert. "Wir müssen das Ausbreiten der Zwangsversteigerungen und die fallenden Hauspreise für alle Amerikaner eindämmen", sagte Obama. Es müsse alles getan werden, um zu ermöglichen, dass sie in ihren Häusern bleiben können.

Deshalb sollen 75 Milliarden an direkten Hilfen für die Familien fließen. Bis zu fünf Millionen Hausbesitzern soll bei der Refinanzierung ihrer Hypotheken geholfen werden. Weitere vier Millionen sollen mit monatlichen Zuschüssen geholfen werden, die Kredite zu bedienen, die sie zum Beispiel wegen Arbeitslosigkeit nicht mehr abzahlen können. Weitere 200 Milliarden gehen an die inzwischen verstaatlichten großen Immobilienfinanzierer. Fannie Mae und Freddie Mac, die weiter Rekordverluste schreiben, sollen 100 Milliarden Dollar erhalten, um die Vergabe neuer Kredite zu fördern und mit weiteren 100 Milliarden sollen sie gegen die Verluste bei der Ausweitung ihrer Tätigkeit abgesichert werden. So soll der Bausektor stimuliert werden, um die steigende Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, denn die Zahl der Baugenehmigungen geht weiter zurück.

Mit diesen Maßnahmen, die zu Beginn der Finanzkrise wohl eine durchschlagende Wirkung gehabt hätten, sollen endlich die Häuserpreise stabilisiert werden. Denn die Preise fallen weiter und viele Immobilien sind längst nicht mehr das Geld wert, das auch nach Abzahlung eines Teils der Schulden noch an Kredit auf ihnen lastet. Das Angebot am Markt, das extrem gewachsen ist, treibt die Preise weiter nach unten. So werden immer neue und riesige Löcher in die Bilanzen der Banken gerissen. Obama ist sich dessen bewusst. Deshalb erklärte er am Mittwoch vor jubelnden Anhängern in Phoenix (Arizona). "Letztendlich zahlen wir alle einen Preis für die Immobilienkrise und wir alle werden noch einen weit höheren Preis zahlen, wenn wir es zulassen, dass sich die Krise ausweitet." Ob die angepeilten Summen jetzt noch für eine Stabilisierung reichen, darf nun allerdings angezweifelt werden.

Spanien versinkt weiter in die Krise

In Spanien, wo die geplatzte Immobilienblase ebenfalls tiefe Spuren in der Wirtschaft hinterlässt, ist diese einfache Weisheit noch nicht bei der Regierung angekommen. Die Sozialisten (PSOE) tun praktisch nichts zur Stabilisierung eines Sektors, der vor der Krise ein Drittel der Wirtschaftskraft ausgemacht hat. Spanien war und ist das Beispiel in Europa, warum die bisherigen Rettungsbemühungen scheitern werden. Eine Million Wohnungen stehen leer, die Wirtschaft ist in den freien Fall übergangen, die Arbeitslosigkeit feiert Urstände und Quoten von bald 20 % werden nicht ausgeschlossen.

Doch noch erzählt man in Madrid den Unfug von angeblich so stabilen spanischen Banken. Lange Zeit hatte man auch davon gesprochen, Spanien sei gut aufgestellt und die Krise schlicht mit Nichtbeachtung gestraft. Allen voran wird gerne die große Bank Santander aufgeführt. Dabei taucht ihr Name immer wieder in einem negativen Umfeld auf. Auch vom Madoff-Betrugssystem war die größte spanische Bank betroffen. Nun weigert sie sich, die Einlagen der Kunden in einen Immobilienfonds auszuzahlen und sorgt damit für ein Beben im Finanzsektor. Sie hat den größten Immobilienfonds des Landes wegen Liquiditätsschwierigkeiten eingefroren. Das muss bei einer Bank erstaunen, die erklärt hatte, im miesen vergangenen Geschäftsjahr einen Gewinn von fast 9 Milliarden Euro eingefahren zu haben, nur 2% weniger als im Rekordgewinnjahr 2007.

Gut 51.000 Anleger bangen nun um etwa 3,3 Milliarden Euro. Die Bank begründete die Entscheidung damit, dass 80 % der Gesamtsumme von den Anlegern zurückgefordert wurde. Die Bank hat bei der Bankenaufsicht beantragt, die Zahlungen um bis zu zwei Jahre aufzuschieben. Sollten die Rückzahlungsansprüche bis dahin nicht bedient werden können, werde der Fonds abgewickelt, teilte die Santander mit. Dass das Institut im vergangenen Jahr eine Kapitalerhöhung nötig hatte und Entschädigungen im Fall Lehman Brothers und Madoff mit Bankanteilen leisten will, spricht auch nicht gerade für ihre Zahlungsfähigkeit.

Angesichts des Vorgehens der Santander wird nun ein Schneeballeffekt erwartet, weil das Misstrauen deutlich steigt. Allein in sieben Immobilienfonds werden mehr als 7 Milliarden Euro verwaltet. Doch angesichts der hohen Zahlungsausfälle müssten demnächst einige spanische Banken und Sparkassen ernsthafte Probleme bekommen, weil manche sich Ausfallraten von etwa 6 % nähern.

Der Handlungsspielraum der Regierung wird auch immer kleiner und der spanische Währungs- und Wirtschaftskommissar Joaquin Almunia hat seinen Genossen zu Hause gerade die gelbe Karte gezeigt. Gegen Spanien und weitere fünf Mitgliedsstaaten hat die EU-Kommission nun Defizitverfahren eröffnet, erklärte die Kommission am Mittwoch. Die Neuverschuldung von Frankreich, Irland, Griechenland, Lettland, Malta und Spanien habe schon im vergangenen Jahr die EU-Kriterien verletzt. Denn nur bei "außergewöhnlichen Umständen" darf die Neuverschuldung höher als 3 % des Bruttoinlandsprodukt (BIP) ausfallen. Spanien ist ein besonders krasser Fall. Noch 2007 ein Musterschüler, lag das Defizit 2008 schon bei 3,4 % und es soll sich im laufenden Jahr noch einmal verdoppeln. Nur Irland, dessen Budgetdefizit schon 2008 bei 6,3% liegt, steht im Euro-Raum noch schlechter da.

So beschleunigt sich das Auseinanderdriften im Euroraum und längst wird sogar der Staatsbankrott, der außerhalb des Euroraums schon diversen Länder wie Großbritannien droht (Großbritannien: "It's finished!"), auch für Länder im Euro-Raum nicht mehr ausgeschlossen. Spanien wird als ein Kandidat gehandelt. Die Staatspleite droht, wenn sich ein Land mit der Verschuldung übernimmt und den Schuldendienst nicht mehr bedienen kann. Verschärft wird der Effekt durch die Herabstufung der Kreditwürdigkeit durch Ratingagenturen, die Spanien schon herabgestuft haben, womit die Verschuldung zudem teurer wird. Spanien muss für zehnjährige Staatsanleihen schon fast 1,5 % mehr als Deutschland bezahlen.