Whisky is for drinking, water is for fighting (over)

Auf dem fünften Weltwasserforum in Istanbul wurde nicht nur über, sondern auch mit Wasser argumentiert

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Nach siebentägiger Debatte von rund 27.000 Teilnehmern aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft ging gestrigen Weltwassertag das fünfte Weltwasserforum in Istanbul zu Ende. Es wollte über Möglichkeiten zur Sicherung der Wasserressourcen und Strategien zur Vermeidung von Kämpfen um Wasser diskutieren. Wasser hat in den letzten sechs Jahrzehnten bei 37 Kriegen eine Rolle gespielt. Bereits vor Konferenzbeginn gingen die türkischen Sicherheitskräfte allerdings mit Kanonen, aus denen sie eben dieses „blaue Gold“ feuerten, gegen friedliche Demonstranten vor. Neben Wasserwerfern kamen auch Schlagstöcke zum Einsatz. 26 der etwa 300 Demonstranten wurden verhaftet.

Zwei globale Bewegungen standen sich gegenüber, um ihre Interessen zu einem nicht minder globalen Problem zu vertreten. Bei der einen Bewegung handelt es sich um den Weltwasserrat, der unter dem Motto „Gräben überbrücken“ das Weltwasserforum ausrichtet.

Seit dem ersten Forum 1997 in Marrakesch treffen sich Regierungsvertreter, Institutionen und Unternehmen aus über 180 Ländern alle drei Jahre, - zuletzt in Mexiko-Stadt. Es soll gemeinsam nach Lösungen gesucht werden, wie trotz wachsender Weltbevölkerung und Klimawandel die Wasserversorgung verbessert werden könne. Eine Milliarde Menschen verfügen über keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, 2,6 Milliarden Menschen leben ohne sanitäre Versorgung. Innerhalb des Forums gab es Punkte, die dem Gastgeberland Türkei zu brisant waren, um auf die Agenda gesetzt zu werden. So musste die UN-Kulturorganisation UNESCO auf eine geplante Präsentation zu den verheerenden Auswirkungen von Staudammprojekten auf historische Kulturschätze verzichten. Die Regierung in Ankara wollte das Ilisu-Staudammprojekt im Südosten des Landes nicht zum Thema der Konferenz machen.

Wirtschafts- oder Gemeingut?

Die zweite Bewegung setzt sich aus global vernetzten Kritikern des Weltwasserforums zusammen, die auf diese und andere Widersprüche der Veranstalter aufmerksam machen wollen. Neben Umweltthemen geht es auf dem alternativen Wasserforum in Istanbul vor allem auch darum, dass die türkische Regierung für 2009 den Verkauf verschiedener Gewässer im ganzen Land plant. Für 49 Jahre sollen die Nutzungsrechte an Konzerne vergeben werden.

Die Kritiker wollen die Frage, ob es sich beim Wasser um ein gewinnversprechendes Wirtschafts- oder ein kostbares Gemeingut handelt, in der Öffentlichkeit diskutieren. Ganz gleich, wie man zur Privatisierung von öffentlichen Gewässern steht, ein zentrales Problem bleibt: Wie weit diese Pläne fortgeschritten sind, um welche Gewässer es sich konkret handelt und zu welchen Bedingungen die Verkäufe stattfinden sollen, ist derzeit nicht bekannt, da hinter verschlossenen Türen verhandelt wird.

Neben der Weltbank, der GTZ, Coca Cola, Nestlé, Suez, Mitsubishi Heavy Industries gehört zu den Lobbyisten im Weltwasserrat Veolia, ein Global Player, der auch in Berlin zusammen mit dem RWE-Konzern für die 1999 erfolgte Teilprivatisierung der dortigen kommunalen Wasserbetriebe steht. Und auch hier wird von der besorgten Öffentlichkeit zunächst vor allem die Geheimhaltung von Verträgen kritisiert. Bis heute liegt im Dunkeln, zu welchen Konditionen die Verträge zwischen Senat und Unternehmen abgeschlossen wurden. Um welche Renditeregelungen geht es und zu welchen Bedingungen findet die so genannte kalkulatorische Verzinsung statt? Wurde eine Renditegarantie ausgehandelt, und mit welchen Preissteigerungen oder gar Qualitätsschwankungen hat der Verbraucher dadurch zu rechnen?

Die Kritiker des Weltwasserforums befürchten nicht zuletzt, dass nach solchen Vorbildern weitere Privatisierungspläne auf dem Forum ausgehandelt wurden. Die Weltbank koppelt seit 20 Jahren zahlreiche Wasserkredite an Privatisierungsauflagen. Das eigentliche Hauptproblem – ein neuer Umgang mit der Ressource Wasser – geht somit unter. Und so ist das Weltwasserforum gestern auch nur mit einem Appell zu Ende gegangen: Die Delegierten riefen in ihrem Abschlussdokument dazu auf, mehr Menschen den Zugang zu sauberem Wasser zu ermöglichen, die dafür geforderte Einigung auf ein Menschenrecht auf Wasser kam nicht zustande. Immerhin unterzeichneten 20 Staaten – darunter Spanien, die Schweiz, Bangladesch und Südafrika – ein eigenes Papier, in dem ein Grundrecht auf Wasser anerkannt sind.