In Memoriam John O'Neill - der kaltgestellte Jäger Bin Ladins starb im WTC

The WTC Conspiracy XXIII

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Dass die US-Bundespolizei FBI an tiefergehenden Ermittlungen gegen das Netzwerk von Bin Ladin spätestens seit 1996 gehindert wurde und seine in den USA lebenden und seit langem auf der Liste der Terrorverdächtigen stehenden Brüder nach dem 11.9. problemlos ausreisen konnten, hatten wir in der letzten Folge berichtet. In einem Anfang der Woche in Frankreich erschienen Buch der beiden Geheimdienst-Experten und Betreiber von Intelligence Online, Jean-Charles Brisard und Guillaume Dasquie, - "Bin Laden - la verite interdite" - wird diese verbotene Wahrheit bestätigt: der seit 1993 mit den Ermittlungen gegen Bin Ladin betraute Abteilungsleiter des FBI, John O'Neill, trat im August dieses Jahres aus Protest gegen diese Behinderungen zurück.

"Das größte Hindernis bei den Ermittlungen gegen islamistische Terroristen" , so O'Neill gegenüber den Autoren, "waren die Interessen der US-Ölkonzerne und die Rolle Saudi-Arabiens." Dass O'Neill nach seinem Rücktritt als Polizeidirektor den Posten als Sicherheitschef des World Trade Center annahm und bei dem Anschlag am 11.9. ums Leben kam, klingt wie ein Hollywood-Plot, ist aber tragische Realität. Die Autoren haben ihr Buch John O'Neill gewidmet.

In einer Besprechung faßt Julio Goday einige Thesen von Brisard und Dasquie zusammen:

"Die Autoren schreiben, dass es das Hauptziel der USA war, das Taliban-Regime zu konsolidieren und sich so den Zugang zu den zentralasiatischen Ölreserven zu sichern. Bis Anfang August 2001 sahen die USA die Taliban als "eine Quelle der Stabilität in Zentralasien, die den Bau einer Pipeline ermöglichen würde, die die Ölfelder Turkmenistans, Kasachtans und Usbekistans durch Afghanistan und Pakistan mit dem Indischen Ozean verbindet." Bisher, so heißt es weiter, "wurden die Ölreserven Zentralasiens von Rußland kontrolliert. Das wollte die Bush-Regierung alles ändern." Doch konfrontiert mit der Weigerung der Taliban, auf die US-Konditionen einzugehen, "wandelten sich", so die Autoren, " die energiepolitischen Anstrengungen in militärische." An einem bestimmten Punkt der Verhandlungen, so Brisard in einem Interview in Paris, "sagten die US-Vertreter den Taliban: Entweder ihr akzeptiert unser Angebot eines Teppichs aus Gold, oder wir begraben euch unter einem Teppich aus Bomben."

Der Bombenteppich konnte mittlerweile, dem WTC-Anschlag sei dank, problemlos ausgelegt werden - da half es auch nichts mehr, dass sich die Taliban im Frühjahr zur Aufpolierung ihres Images eine PR-Repräsentatin in Washington zugelegt hatten. Nicht zwei bärtige "Assassinen" mit Fielmannbrille bzw. Augenklappe wie die Botschafter in Pakistan, sondern die professionell fesche Laila Helms, Tochter eines afghanischen Ex-Ministers und Nichte des ...oops... ehemaligen CIA-Direktors Richard Helms. Sie wird von Brisard und Dasquie als eine Art Mata Hari porträtiert, die die Händel zwischen Taliban und CIA seit Beginn des Jahres inoffiziell orchestrierte. Helms brachte den engsten Berater des Talibanführers Mullah Omar nach Washington, um auf höchster Ebene zu verhandeln.

Durch das Embargo der UN waren die Taliban seit Jahresbeginn unter immer stärkeren ökonomischen Druck geraten. Sofort nach Bushs Machterschleichung hatte die US-Administration die Anstrengungen in Sachen Taliban und Pipeline forciert. Unter Schirmherrschaft der UN und des persönlichen Referenten von Kofi Anan, Francesc Vendrell, fanden seit Anfang des Jahres einige diskrete "6+2" Verhandlungsrunden statt , bei denen die sechs Nachbarländer mit den USA und Russland die Situation Afghanistans diskutierten.

Bei einigen dieser Treffen waren auch Vertreter der Taliban anwesend, so auch während eines Treffens im Juli in Berlin, bei dem sich nach Angaben des ehemaligen pakistanischen Außenministers Naif Naik, die Diskussion auf die "Bildung einer Regierung der nationalen Einheit" zuspitzte: "Wenn die Taliban dem zugestimmt hätten, wäre sofort ökonomische Hilfe geflossen." Und, so fügte Naik in einem Interview im französischen TV hinzu, "die Pipelines aus Usbekistan und Kasachtan hätten kommen können." Der Chefverhandler der USA bei diesen Meetings, Tom Simons, soll den den Taliban und Pakistan ganz offen gedroht haben: "Entweder die Taliban verhalten sich, wie es von ihnen verlangt wird, oder Pakistan überzeugt sie, dies zu tun, oder wir werden eine andere Option wählen. Die Worte, die Simons in diesem Zusammenhang benutzte, waren "eine militärische Operation". Soweit der pakistanische Außenminister über die Verhandlungsrunden, die im Juli auf der Kippe standen und am 2. August, nach einem letzten Treffen von Talibanvertretern mit der US-Botschafterin Christine Rocca , abgebrochen wurden. Im Februar hätten die Taliban noch angedeutet, dass sie Bin Ladin unter Umständen ausliefern würden, aber im Juni, so Brisard und Dasquié, begannen die USA über militärische Aktionen nachzudenken.

Waren es im Februar 2001 immer noch dieselben Überlegungen wie 1996, als der Sudan angeboten hatte, Bin Ladin auszuliefern, und die US-Regierung darauf verzichtete, da sie sich, so die Washington Post entschied "to treat him like a combattant in an underground war", ihn also als nützlichen Mitstreiter in ihrem Untergrundkrieg weiter zu benutzen? Waren es dieselben Überlegungen, die dazu geführt hatten, das FBI bei der Untersuchung der Bombenanschläge auf die Khobat Towers in Saudi Arabien 1996 und die USS Cole im Jemen 1998 zurückzuhalten ? Ebenso wie bei Ermittlungen gegen die in USA lebenden Mitglieder des Ladin-Clans und ihre Aktivitäten für "wohltätige" Vereine? War der "Top-Terroristenjäger der USA" (New York Post) John O'Neill diese verordnete Inaktivität im Juli 2001 einfach so leid, dass er als Veteran mit 30 Dienstjahren das Handtuch schmiss?

Anfang des Jahres hatte die US-Botschaft in Jemen seine Rückkehr ins Land zu weiteren Untersuchungen blockiert - u.a. im Heimatort von Bin Ladins Vater, aus dem einer der Selbstmordattentäter auf das Kriegsschiff "Cole" kam - aus "diplomatischen Gründen", weil seine Ermittler sich "wie Rambos" aufführen würden.

"Ich wollte kein Terrorist sein, der von ihm gejagt wird, ich habe erlebt, wie er Himmel und Erde in Bewegung setzt" , bekundete der Anti-Terror-Chef des britischen Scotland Yard in einem Nachruf auf den international geschätzten Kollegen. Ein harter Hund also, dieser John O'Neill, genau der richtige für die Jagd auf fanatische Terroristen - solange sie nicht unter den Fittichen der CIA und der Öl-Diplomatie stehen. Aufgrund seiner "Dickköpfigkeit" und "Aggresivität" sei er des öfteren mit den Geheimdiensten und dem State Department aneinandergeraten, berichtete die New York Times bei seinem Rücktritt im August, der von einer internen Ermittlung gegen O'Neill überschattet war:

Bei einem Meeting in Florida hatte er im Hotel eine Aktentasche mit sensiblen FBI-Unterlagen vergessen, die verschwunden war, am nächsten Tag aber unbeschadet wieder auftauchte. Obwohl er seinen Fauxpas sofort gemeldet hatte, wurden die Ermittlungen gegen ihn an die große Glocke gehängt - eine "Schmierenkampagne", wie viele seiner Kollegen meinten, denn O'Neill war, ohne dass er sich darum gedrängt hätte, für den Posten eines Nationalen Sicherheitsberaters vorgeschlagen worden. So reichte es dann, nach einer glanzvollen FBI-Karriere und mit 50 im besten Alter, nur zum Security Chef der Twin Towers, wo er am 1. September seinen Dienst antrat. Nach dem Einschlag des ersten Flugzeugs telefonierte er mit seinem Sohn, dass er im Freien und in Sicherheit sei - dann ging er wohl in das Gebäude zurück, um bei der Rettung zu helfen und kam ums Leben. Seine Überreste wurden mittlerweile geborgen.

Wenn Oliver Stone, der schon die Kennedy- und die Watergate-Verschwörung dokumentierte, auch die WTC-Conspiracy zu einem Film macht, er fände in George W. Bush, der auf dem Ticket der Terroristenjagd Ölkrieg führt, und in John O'Neill, dem kaltgestellten wirklichen Jäger Usama Bin Ladins, zwei überaus geeignete Protagonisten.