Rätselhaftes rotes Material

Neue Studien zum Jupitermond Europa

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Der Jupitermond Europa zieht gegenwärtig großes Interesse auf sich, da unter seiner Oberfläche aus Wassereis ein flüssiger Ozean vermutet wird. Flüssiges Wasser wiederum gilt als wichtige Voraussetzung für die Entstehung von Leben. Nachdem erst vor Kurzem eine Studie die Dicke der Eiskruste aufgrund der Beschaffenheit von Einschlagkratern auf mindestens drei Kilometer geschätzt hatte (Wie dick ist Europas Eis?), wurden auf der Jahrestagung der Division of Planetary Sciences der American Astronomical Society in New Orleans jetzt neue Untersuchungen zur Oberfläche Europas vorgestellt.

Eis auf Europa

Alyssa Sarid, Studentin an der University of Arizona, entdeckte bei der Untersuchung von Verwerfungsspalten im Oberflächeneis, dass diese jeweils etwa 30 Grad weiter von den Polen entfernt lagen als erwartet. Damit konnte sie eine erstmals 1989 formulierte Theorie bestätigen: Gregory Ojakangas und David Stevenson hatten damals vermutet, dass sich das Eis aufgrund der Temperaturen an den Polen zunächst stärker sammeln, durch die Rotation des Mondes dann aber in Richtung Äquator geschleudert werden müsste.

Neben dieser horizontalen Bewegung der Eiskruste konnte Sarid auch deutliche Hinweise auf vertikale Bewegungen finden. Bilder der Raumsonden Voyager und Galileo hatten bereits Gebiete gezeigt, auf denen größere Dehnungen der Oberfläche beobachtet werden konnten, vergleichbar der Erweiterung des Atlantiks durch die Kontinentaldrift. Das bedeutete, dass es auch Zonen geben muss, wo das Oberflächenmaterial komprimiert wird. Deren Identifizierung war jedoch schwierig, da sie andere Muster erzeugen als auf anderen Himmelskörpern. Sarid gelang jetzt der Nachweis von zwei Konvergenzzonen, indem sie die Entwicklung von Verwerfungsspalten in der Zeit zurück verfolgte.

Der Nachweis vertikaler Bewegungen ist wichtig im Hinblick auf die Frage, ob es einen Austausch zwischen der Oberfläche und dem darunter liegenden Ozean geben kann. Das hängt natürlich auch stark von der Dicke der Eiskruste ab. Hierzu haben Paul Schenk und Ronda Wilson vom Lunar and Planetary Institute in Houston, Texas, neue Schätzungen präsentiert. Nach der Auswertung von Stereoaufnahmen und Schattenmustern auf anderen Bildern, die etwa 15 Prozent der Oberfläche Europas abdecken, kamen sie zu dem Ergebnis, dass Europa rauer ist, als bislang angenommen. Erhebungen von 500 Meter Höhe sind häufig, einige ragen sogar bis zu einem Kilometer über das umliegende Terrain. Um eine solche Topographie zu unterstützen, so Schenk, müsse die Eiskruste wenigstens 20 Kilometer dick sein.

Umgekehrt gibt es allerdings auch eine Vielzahl Vertiefungen, die durchschnittlich 500 Meter tief sind. Die größte, die bisher identifiziert werden konnte, ist fast 140 Kilometer lang und reicht bis zu einem Kilometer hinab. An diesen Stellen könnte das Eis dünner sein. Schenk geht von mindestens sechs Kilometern aus. Von besonderem Interesse sind zwei Vertiefungen, in denen ungewöhnliches, rötliches Material beobachtet wurde. Über die Natur dieses Materials lässt sich anhand der Galileo-Aufnahmen noch nichts Näheres sagen. Ob an diesen Stellen möglicherweise der Ozean die Eisoberfläche durchschmolzen hat, werden erst zukünftige Raumsondenmissionen klären können.