Die europäische Liste der Terroristen

Schwerpunkt ETA, Griechenland und Nordirland, aufgenommen wurden aber auch Hamas und Dschihad - die Terrorismusdefinition bleibt weiterhin vage

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Am Freitag hat die Europäische Union die angekündigte Liste mit Namen von Terroristen und terroristischen Organisationen festgelegt, zu deren gemeinsamer Bekämpfung die Mitgliedsländer sich verpflichtet haben. Ganz oben auf der Liste stehen dabei Mitglieder der ETA und diese selbst, aber auch der terroristische Arm der Hamas und der Islamischer Dschihad befinden sich auf ihr, nicht aber die Hisbollah.

Unter den 29 als Terroristen bezeichneten Personen gehören alleine 21 der ETA an, alle übrigen sind Muslime. Darunter ist auch Imad Fa'iz Mughniyah aus dem Libanon, der als Geheimdienstchef der Hisbollah bezeichnet wird, die aber wiederum als Organisation nicht zu den Terrorgruppen gerechnet wird. Die anderen genannten Personen wurden aus der Liste vom FBI der Most Wanted Terrorists übernommen, die allerdings noch mehr umfasst, u.a. natürlich Usama bin Ladin, der es nicht auf die europäische Liste geschafft hat. Die Liste soll regelmäßig, mindestens jedes halbe Jahr, überprüft werden, Personen oder Gruppen, die vom Sicherheitsrat der UN mit Terrorismus verbunden werden, können in die Liste der EU aufgenommen werden.

Dass die ETA so stark auf der Liste vertreten ist, verdankt sich dem Druck der spanischen Regierung, die allerdings auch wollte, dass die baskische Partei Batasuna, die als politischer Arm der ETA gilt, als terroristische Organisation bezeichnet werden soll. Die EU hatte sich aber, was sich schon früher abzeichnete, nicht auf dieses Minenfeld begeben und politischen Parteien von der Liste ausgeschlossen. Neben der ETA selbst wurden noch weitere zu ihr gehörende Gruppen wie Xaki oder Gestoras pro-amnistia in die Liste aufgenommen. Auch die in Spanien operierende G.R.A.P.O. kam auf die Liste.

Die spanische Regierung, die im Januar den EU-Vorsitz von Belgien übernimmt, zeigt sich dennoch erfreut von der List, die einen "großen Fortschritt" bedeute, wie der Innenminister Mariano Rajoy sagte, da nicht nur die Attentäter selbst, sondern auch die Helfer, Financiers und Gruppen im Umfeld mit aufgenommen worden seien. Damit sei als Folge der Anschläge vom 11.9. endlich auch auf europäischer Ebene die Erkenntnis der spanischen Regierung bestätigt worden, dass nicht nur die Terrororganisationen alleine töten.

Die IRA selbst ist, nachdem sie in einen Friedensprozess eingetreten ist, nicht mehr aufgeführt, wohl aber andere Gruppen aus Nordirland: CIRA und Real IRA sowie die protestantischen Organisationen Loyalist Volunteer Force, Orange Volunteers, Ulster Defence Association/Ulster Freedom Fighters sowie Real IRA. Weiter aufgeführt sind noch drei griechische Gruppen. Allerdings soll es noch eine geheime Liste mit Personen und Organisationen geben, die des Terrorismus verdächtigt werden und von den Geheimdiensten beobachtet werden sollen.

Die EU hat beschlossen, die Gelder und andere finanzielle Ressourcen der auf der Liste befindlichen Personen und Organisationen zu sperren. Ganz allgemein wurde die gemeinsame Position angenommen, dass die absichtliche direkte oder indirekte finanzielle Unterstützung terroristischer Organisationen oder die Sammlung von Geldern in den Mitgliedsländern für terroristische Organisationen als Straftat gilt. Die Mitgliedsländer sollen gegen jede Art der aktiven und passiven Unterstützung vorgehen, die Anwerbung neuer Mitglieder für Terrororganisationen und Waffenlieferungen an diese verhindern. Überdies wurde beschlossen, die Bewegung von Terroristen durch schärfere Grenz- und Ausweiskontrollen zu verhindern, schneller umfangreichere Informationen auszutauschen und enger bei der Bekämpfung des Terrorismus zusammen zu arbeiten. Asylbewerber sollen strenger geprüft und der Missbrauch des Asylrechts verhindert werden.

Die allgemeine Definition des Terrorismus bleibt wie bereits angenommen (Die Europäische Union auf der Suche nach einer Definition des Terrorismus, Einig bei der Definition des Terrorismus). Als "terroristische Akte" gelten absichtlich begangene Taten, die "einem Land oder einer internationalen Organisationen einen ernsthaften Schaden" zufügen und als Straftaten gelten. Dazu zählen nicht nur tätliche Angriffe auf eine Person, Geiselnahme, Entführung von Fahrzeugen, Herstellung, Besitz, Transport, Lieferung oder Gebrauch von Waffen und Massenvernichtungsmittel, sondern auch Forschung und Entwicklung von biologischen und chemischen Waffen. Die Leitung einer terroristischen Vereinigung gehört ebenso dazu wie die Unterstützung von Gruppen mit Informationen oder anderen Mitteln.

Wenig genau ist aber auch, was eine "schwere Zerstörung" (extensive destruction) einer staatlichen oder öffentlichen Einrichtung, eines Transportsystems oder einer Infrastruktureinrichtung ist, die menschliches Leben gefährden oder zu "großem wirtschaftlichen Verlust" führen können. Zur Infrastruktur zählen auch Informationssysteme. Wäre also ein DoS-Angriff auf einen Server oder das Cracken einer Website schon als terroristischer Akt zu werten? Und ab wann wird eine "Bevölkerung eingeschüchtert" oder eine Regierung bzw. eine internationale Organisation unter nicht legitimen Zwang gesetzt, etwas zu machen? Ähnlich vage bleibt die nicht nur ernsthafte Zerstörung, sondern auch "Destabilisierung" von "fundamentalen politischen, konstitutionellen, wirtschaftlichen oder sozialen Strukturen eines Landes oder einer internationalen Organisation". Auch wenn beteuert wurde, dass keine Demonstrationen oder Streiks unter diese Definition fallen sollen und die Demonstrations- und Versammlungsfreiheit nicht eingeschränkt werde, lässt sie zumindest viel Platz für breite Auslegungen.