Verzögerungen beim Anti-Terrorismus-Gesetz

Das Sicherheitspaket II ist bislang nicht in Kraft getreten und wird erst morgen verkündet

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Entgegen aller Erwartungen kann das von Bundesinnenminister Otto Schily nach dem 11. September in aller Eile geschnürte zweite Sicherheitspaket bislang in Deutschland nicht angewendet werden. Denn erst am morgigen Freitag soll es im Bundesgesetzblatt verkündet werden, was die Voraussetzung für das Inkrafttreten des umfangreichen Artikelgesetzes ist (Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus (Terrorismusbekämpfungsgesetz)).

Nachdem der Bundestag am 14.Dezember 2001 das nach seinem Erfinder als "Otto-Katalog" benannte Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus verabschiedet und eine Woche später auch der Bundesrat seinen Segen gegeben hatte, rechnete nicht nur das federführende Bundesinnenministerium mit dem Inkrafttreten der neuen, die Befugnisse der Strafermittler und Geheimdienste enorm ausweitenden Bestimmungen zum 1. Januar 2002. Doch bislang können die Regelungen nicht angewendet werden, erläuterte Helga Schumacher, Sprecherin des Bundesdatenschutzbeauftragten gegenüber Telepolis. Das Gesetz sei nämlich noch nicht im Bundesgesetzblatt verkündet worden.

Schuld an der Verzögerung des epochalen Gesetzeswerks trägt das Bundespräsidialamt. "Das Sicherheitspaket bedurfte einer guten Prüfung", erklärt eine Sprecherin der Behörde. Die ist nun anscheinend abgeschlossen, denn der Bundespräsident hat das Sicherheitspaket II am gestrigen Mittwoch unterzeichnet. Jetzt soll es am morgigen Freitag im Bundesgesetzblatt II veröffentlicht werden, wie die entsprechende Abteilung im Bundesjustizministerium bestätigt. Damit tritt es nach Angaben eines Sprechers des Bundesinnenministeriums "rückwirkend zum 1. Januar 2002 in Kraft." Sicherheitsbehörden, die ihre neuen Befugnisse bereits angewendet haben, würde damit nachträglich das Recht dazu zugesprochen werden.

Im Bundestag war vor der Verabschiedung des Anti-Terror-Pakets von Seiten der FDP und der PDS Kritik am Durchpeitschen des Otto-Katalogs laut geworden. So bemängelte etwa der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Max Stadler, dass Schily die Gesetzesvorlage "im Eilverfahren durch den Bundestag bringen wolle." Dem Innenausschuss des Bundestages seien 30 Seiten Änderungen erst einen Tag vor der Beratung zugestellt worden, was "beispiellos" gewesen sei. Aber auch inhaltliche Einwände hatten dazu geführt, dass die FDP im Parlament gegen den Vorstoß Schilys stimmte: Stadler spricht von einem "nicht richtig ausbalancierten Verhältnis von Eingriff und Kontrolle". Bedenklich seien vor allem die neuen Eingriffsmöglichkeiten von Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst bei Bankdaten und Telefongesprächen.

Datenschützer und Bürgerrechtsorganisationen kritisierten im Vorfeld der Verabschiedung des Gesetzes, dass zahlreiche Maßnahmen wie die noch vom Bundestag zu beratende Einführung von biometrischen Merkmalen in Pässen zur eigentlichen Bekämpfung des Terrorismus überhaupt nicht geeignet seien (Schily wandelt auf den Spuren des Fürsten Metternich). Schwere Bedenken gibt es auch gegen die neu geschaffene Rechtsgrundlage zum Einsatz des IMSI-Catchers zum Überwachen der Mobiltelefonierer, da das Gerät intensiv in die Kommunikationsrechte Dritter eingreife, wie etwa der Landesdatenschutzbeauftragte von Schleswig Holstein, Helmut Bäumler, in seinem Positionspapier zum Otto-Katalog ausführt.