Universum voller Planeten

Frisch entdeckter Riesenplanet, der um einen Roten Riesen kreist

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Auf der Jahrestagung der American Astronomical Society (AAS) in Washington trafen sich die Planetenjäger.

Illustration des iota Draconis Systems. Das obere Bild zeigt der roten Riesen iota Draconis in Orange und den Planeten im Vordergrund. Unten zum Größenvergleich Erde und Sonne. (Bild: JPL/NASA.)

Das amerikanische Astronomen-Team Dr. Sabine Frink, David S. Mitchell and Dr. Andreas Quirrenbach von der University of California, San Diego, Dr. Debra A. Fischer and Dr. Geoffrey W. Marcy von der University of California at Berkeley und Dr. Paul Butler von der Carnegie Institution of Washington präsentierten den großen Planeten, der um einen sterbenden Stern kreist. Noch nie zuvor war ein Planet um einen Roten Riesen nachgewiesen worden. Frink kommentiert:

Bis jetzt war es nicht bekannt, dass Planeten um Riesensterne existieren. Wir liefern hier den ersten Beweis, dass Planeten, die in ähnlicher Distanz wie die Erde ihre Sonne umkreisen, die Evolution ihres Sterns in einen Riesen überleben können.

Auch unsere Sonne wird in der Zukunft, in etwa 4 bis 5 Milliarden Jahren, zu einem Roten Riesen werden. Das geschieht, wenn ihr Brennstoff zur Neige geht, der Wasserstoff zu Helium verbrannt ist. Der Himmelskörper dehnt sich aus, es ist sozusagen seine Agonie. Die Temperatur auf der Oberfläche nimmt von jetzt 5800 Kelvin auf 3000 Kelvin ab, dadurch verändert sich ihre Farbe von gelb zu rot. Brennt dann nur noch das Helium, ist die absolute Endphase erreicht. Ist der Heliumvorrat verbraucht, versiegt die Energiequelle des Sterns und das Gleichgewicht zwischen Innendruck und Schwerkraft bricht zusammen. Der rote Riese wird zum weißen Zwerg, der Stern verdichtet sich und kollabiert auf die Größe eines Planeten, dabei erreicht er Dichte von mehr als einer Tonne pro Kubikzentimeter. Der Blick auf den neuen Planeten verrät uns also einiges über unsere eigene astronomische Zukunft. Die Sonne wird die inneren Planeten verschlingen und die Oberfläche der Erde in ein kochendes Inferno verwandeln. Quirrenbach entwirft das Szenario: "Die Ozeane werden verdampfen, und der Wasserdampf wird sich durch die große Hitze aus der Atmosphäre der Erde verflüchtigen." Zurück bleibt dann ein verbrannter Wüstenplanet.

Der rote Riese iota Draconis hat sich zu einer Größe aufgebläht, die 13mal dem Radius unserer Sonne entspricht. Er ist ungefähr 100 Lichtjahre von uns entfernt im Sternbild des Drachen (Draco). Der Stern ist zur Zeit mit bloßem Auge am Morgenhimmel zu entdecken.

Der Planet ist nicht direkt sichtbar, und wurde mit Hilfe des Doppler-Effekts entdeckt. Das ist heute die gängige Methode, denn Planeten strahlen zu wenig Licht ab, um selbst optisch sichtbar zu sein. Die Suche nach Exoplaneten ist schwieriger als die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Es ist, als würde man von einem Satelliten aus in einer hell erleuchteten Stadt den Lichtschein einer einzelnen Kerze ausmachen wollen. Deswegen werden Abweichungen der Bewegungen bzw. Geschwindigkeit eines Sterns gemessen und daraus die Gravitationskraft und die Position des Trabanten errechnet. Das "Wackeln" des Sterns zeigt sich in Verschiebungen der Spektrallinien (Vgl. mehr zum Doppler-Effekt und Exoplaneten.

Schema Doppler-Effekt Methode (Bild: University of California)

Der Planet, der auf einer elliptischen Bahn um iota Draconis kreist, hat fast die neunfache Masse von Jupiter und braucht für einen vollen Orbit 1,5 Jahre. Vermutlich ist er ein Gasriese. Da mittels des Doppler-Effekts die minimale Masse errechnet wird, wäre es möglich, dass der Planet in Wirklichkeit die Größe eines braunen Zwergs hat. Braune Zwerge sind Himmelskörper, die zu klein geraten sind, um selbst zu Sonnen zu werden (Vgl. Anmache im All - Kosmischer Versager bezirzt stellare Begleiterin). Die Unterscheidung in Braune Zwerge und Planeten ist oft umstritten. Bisher ist aber auch kein Brauner Zwerg rund um einen Roten Riesen entdeckt worden. In jedem Fall ist es dieser Himmelskörper also ein echte Neuheit.

Das Astronomen-Team beobachtete den neuen Planeten mit Hilfe des Coudé Auxiliary Telescope am University of California's Lick Observatorium. Die Wissenschaftler hoffen, dass die NASA's Space Interferometry Mission (SIM, die 2009 starten soll, genauen Aufschluss über die Natur des Gefährten von iota Draconis geben wird. Planeten, die der Erde ähneln sollen von der NASA Mission Terrestrial Planet Finder ab 2010 in den Tiefen des Alls erkundet werden.

Auch die Europäer haben vor, zukünftig verstärkt bei der Suche nach Exoplaneten dabei zu sein. Die European Space Agency (ESA ) plant die Eddington Mission, die 2010 starten und im Weltraum nach Planeten suchen soll. Das European Southern Observatory (ESO) ist ebenfalls gerade dabei, sein Instrumentarium zu erweitern, um auch sehr nur schwach scheinende Himmelskörper aufzuspüren.

Insgesamt sind damit 78 wissenschaftlich akzeptierte Exoplaneten bekannt (Liste extrasolarer Planeten. Immer wieder mussten in der Vergangenheit Meldungen über angebliche extrasolare Planeten revidiert werden. Die letzte "wissenschaftliche Sensation", der es so erging, waren die im Kugelsternhaufen M22 durch den Raum wandernden Planeten, die es sogar bis in das Wissenschaftsmagazin Nature schafften, sich aber zuletzt als Einschläge von Kosmischen Strahlungsteilchen auf dem Detektor entpuppten. Noch ist kein Planet gefunden worden, der der Erde tatsächlich ähnelt, aber im Dezember gelang der erste Nachweis einer Atmosphäre rund um einen Exoplaneten (Vgl.Paradigmenwechsel in Exoplaneten-Forschung: Planetenjäger entdeckten erstmals Atmosphäre bei einem extrasolaren Planeten). Planeten zu finden, ist die Voraussetzung dafür, Leben im All zu finden. Die ESA-Mission Darwin soll sich auf die Suche nach außerirdischem Leben machen. Der Schweizer Astronom Didier Queloz, einer der Pioniere der Planetenjagd, gab sich auf die Frage des NewScientist (Ausgabe vom 12. Januar) zuversichtlich:

Da gibt es die neueste europäische Mission namens Darwin. Das große Ziel ist es, einen der Erde ähnlichen Planeten zu finden und sein Licht zu analysieren. Wenn wollen sehen, ob wir Sauerstoff oder Wasser entdecken können - das sind die heiligen Elemente, die mit dem Leben verbunden sind.

Langsam festigt sich bei vielen Astronomen die Überzeugung, dass es außerirdisches Leben muss (Vgl. 2,4 Millionen Gaias und We are not alone!). Bei der Astronomie-Tagung Jenam 2001 in München bekannte sich der bekannteste Exoplanetenforscher Michel Mayor zusammen mit allen anwesenden Kollegen auf einer Pressekonferenz zum Leben im Weltraum - in welcher Form auch immer. Selbst die katholische Kirche scheint sich dieser These zu nähern, in einem Interview mit dem Corriere della Sera sagte der Chefastronom des Vatikan, George Coyne, es gäbe zwar bisher keinen Beweis für Leben im All, aber: "es häufen sich die Beobachtungen, die auf eine solche Möglichkeit hinweisen. Das Universum ist derartig groß, dass es verrückt wäre anzunehmen, wie seien eine einmalige Ausnahme."

Ein Diagramm, das zeigt, wie Planeten rund um weiße Zwerge instabil werden. Die Illustration ist das Resultat der Computer-Simulationen an der Penn State University

Phönix aus der Asche

Auf der Tagung der American Astronomical Society in Washington stellten auch John Debes und Steinn Sigurdsson von der Penn State University ihre Erkenntnisse über die Wiedergeburt von Planeten rund um sterbende Sterne vor. Wie Phönix aus der Asche können sich in solchen Systemen Planeten neu bilden und verjüngt ein neues Leben beginnen. Wenn Sterne zu Roten Riesen werden, verleiben sie sich die eng um sie kreisenden Planeten ein. Dann fallen sie in sich zusammen und werden weiße Zwerge. Das sie umgebende Planeten-System gerät dabei einen chaotischen und instabilen Zustand. Die US-Astronomen haben in Computer-Simulationen berechnet, dass die Konsequenzen die Neuentstehung von Planeten sein kann. Wenn die Orbits der Planeten durcheinander geraten, kann es zu Zusammenstößen kommen, aus denen neue Formationen entstehen.

Debes ist überzeugt, dass es durch die neue Entdeckung einfacher wird, extrasolare Planeten zu finden:

Zwei Planeten können interagieren und kollidieren, wobei ein neu geformter Planet entsteht, der eine charakteristisch erhöhte Temperatur hat, die es Astronomen leichter macht, Planeten um weiße Zwerge direkt abzubilden - etwas, dass bisher noch nicht gelungen ist.

Debes und Sigurdsson sehen das verstärkte Glimmen frisch geborener, heißen Planeten als große Chance, in der Umgebung weißer Zwerge fündig zu werden. Dazu kommt, dass der Mutterstern nur noch sehr schwach leuchtet - er überstrahlt den Planeten also nicht so stark, wie es sonst üblich ist.

Kokon eines Weißen Zwerges, NGC 2440, Bild: NASA

Die Wissenschaftler vermuten, dass ca. zwei Prozent der Sternleichen von solchen Trabanten umkreist werden. Eine weitere Konsequenz des Absterbens der Sonne könnte darin bestehen, dass aus der Bahn geworfene Planeten von dem weißen Zwerg weg stürzen und dabei in eine Wolke von Kometen am Rand des Sonnensystems geraten. Die Kometen würden dann als Schauer auf den verdichteten Stern nieder gehen, dabei seine Oberfläche mit Metallen anreichern und eventuell zu einer Staubwolke um ihn herum führen. Es gibt weiße Zwerge mit Metall in der Atmosphäre, das dort nicht sein sollte und es gibt einen, G29-38, der von Staub umgeben ist, was - nachdem er ja zuvor ein Roter Riese war - bisher nicht erklärt werden konnte.

Debes sieht trotz der eindeutigen eigenen Ergebnisse weiteren Forschungsbedarf:

Die Berechnungen und Simulationen, die wir durchgeführt haben, zeigen dass instabile alte Sonnensysteme mit Staub umgebene weiße Zwerge und wiedergeborene Planeten erzeugen können. Aber das muss durch mehr Beobachtungen bestätigt werden.

Und Sigurdsson ergänzt:

Diese Hypothese beinhaltet mehrere Voraussagen, dazu gehört die Präsenz von anormal leuchtenden Planeten rund um weiße Zwerge und eine Korrelation zwischen Metall-Verschmutzung und der Präsenz von Staubscheiben. Das kann mit künftigen Beobachtungen durch im Weltraum oder auf der Erdoberfläche installierten Teleskopen überprüft werden.