Spanien: Wieder Verbot baskischer Organisationen

FBI unterstützt spanische Polizei beim Knacken von ETA-Dateien

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der spanische Ermittlungsrichter Baltasar Garzón hat erneut zwei baskische Organisationen verboten. Garzón wirft ihnen vor, zur baskischen Separatistenorganisation ETA zu gehören. Es seien lediglich Ersatzorganisationen für zuvor verbotene Organisationen.

Doch das trifft, wenn auch nur formal, lediglich auf die Jugendorganisation zu, deren Vorgänger schon im letzen Jahr verboten worden war. Bei der Anti-Repressionsorganisation Askatasuna (Freiheit) erscheint die Beschuldigung als eher konstruiert. Askatasuna soll die "illegalen Aktivitäten" von "Gestoras pro Amnistia" fortgeführt haben. Dabei hatte Garzón die Gestoras erst verboten, nachdem sie sich im Dezember mit einer französisch-baskischen Gruppe zu einem Verband vereinigt hatten. Es wird vermutet, dass Garzón politische Vorgaben juristisch bemäntelt. Denn die spanische Regierung hatte die Jugendorganisation schon im Dezember auf die EU-Liste der terroristischen Gruppen gesetzt (Die europäische Liste der Terroristen).

Selbst Frankreich kann die Aktionen der Spanier nur begrenzt nachvollziehen. Bisher ist keine der in Spanien illegalisierten Organisationen in Frankreich verboten, obwohl sie auch im französischen Teil des Baskenlandes arbeiten. Die Worte, die der französische Außenminister Hubert Védrine gestern an die USA gerichtet hat, dürften auch für Madrid gelten. Die Probleme der Welt allein aus dem Blickwinkel der Terrorbekämpfung zu reduzieren, sei nicht seriös, meinte Védrine und nannte die repressive Politik eine "übermäßige Vereinfachung".

Während das Verbot der Jugendorganisation absehbar war, wundert sich Askatasuna über das Verbot. Noch Ende Dezember hatte deren Sprecher, Gorka Lopez, in einem Gespräch mit Telepolis ein mögliches Verbot der neuen Organisation bezweifelt. Lopez sagte, selbst unter der Franco-Diktatur seien die Gestoras unbehelligt geblieben.

Garzón zitiert erneut einen von ihm definierten Komplex ETA-EKIN, zu dem Madrid weitere sechs Gruppen zählt. Doch die Beweise für dessen Existenz blieben die Regierung und der umstrittene Ermittlungsrichter bisher schuldig. Im Dezember musste Garzón sechs Mitglieder von EKIN frei lassen, weil der Nationale Gerichtshof seine Anklage zerpflückt hatte. Garzón habe keine Beweise dafür vorgelegt, dass die für ein unabhängiges und sozialistisches Baskenland werbende Gruppe "der ETA untergeordnet ist".

Trotzdem hat sich die Lage für die Regierung und Garzón verbessert. Gestern wurden dessen schärfste Kritiker am Nationalen Gerichtshof suspendiert, die oft Garzóns Anklagen gegen Basken abgewiesen haben. Die Richter werden in einem mit Eigenarten gespickten Vorgang bezichtigt, zu Unrecht einen Drogenboss auf Kaution frei gelassen zu haben, der dies zur Flucht nutzte. Doch sie waren nur einem Gutachten gefolgt, das bei dem Kokainboss eine hohe Selbstmordgefahr diagnostiziert hatte. Richterverbände vermuten, dass den drei Richtern eine Falle gestellt wurde. Zwei Richter haben aus Solidarität mit ihren Kollegen Anzeige erstattet, weil sie eine direkte Einflussnahme der Regierung vermuten. 300 Richter, Anwälte und Professoren sprechen in einer Erklärung von "moralischer Lynchjustiz".

Die Regierung, die viele Urteile der Richter scharf kritisiert hat, könnte über die Staatsanwaltschaft Einfluss genommen haben. Die untersteht in Spanien direkt dem Justizminister - und gerade hier kam es zu Eigenheiten. So wurde die Entscheidung der drei Richter, dem Drogenboss Haftverschonung zu gewähren, in der Staatsanwaltschaft tagelang verzögert. So konnten die zuständigen Staatsanwälte die Freilassung nicht durch einen Einspruch verhindern.

Beistand im Kampf gegen die ETA hat Spanien nun von der US-Polizei erhalten. Wie bekannt wurde, sind seit Monaten FBI Spezialisten in Spanien, um Daten zu entschlüsseln, die auf Festplatten mutmaßlicher ETA-Mitglieder gefunden wurden. Da auch die ETA mit PGP arbeitet, musste die spanische Polizei mehrfach die Segel streichen und die Daten verloren geben.

Diese Kooperation wird in Spanien als Ergebnis des 11. September gefeiert. Dabei wurde sie schon drei Monate zuvor beim Besuch von US-Präsident George Bush vereinbart. Ob die Entschlüsselung gelingt, ist zweifelhaft. Es wurde vermutet, dass die USA mit Spanien vereinbart haben könnten, das Lauschsystem Echelon zum Abhören der ETA einzusetzen, wodurch man in Spanien einen Unterstützer gegen die europäischen Echelon-Gegner gefunden habe (Mit Echelon gegen ETA?). Ministerpräsident Aznar hatte um technische Unterstützung beim Kampf gegen den Terrorismus gesprochen. Explizit war die Rede von Programmen zum schnellen Knacken von verschlüsselten Emails oder Daten auf Disketten (Will Spanien für die Bekämpfung der ETA das Echelon-System benutzen?).