Planetendetektive wollen mit Fingerabdruck des Lichts außerirdisches Leben aufspüren

Gigantisches NASA-Weltraumteleskop-Quintett soll ab 2014 erdähnliche Welten anvisieren und dort nach Spuren von Leben suchen

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Nachdem die finanziell gebeutelte NASA jüngst ihr Raumsondenprogramm drastisch zusammengestrichen hat, ist die ursprünglich für das Jahr 2011 angesetzte "Terrestrial Planet Finder"-Mission (TPF) - anders als die kürzlich stornierten Raumsondenflüge zum Pluto und Jupitermond Europa - noch nicht ins Trudeln geraten. Momentan sieht es danach aus, als würde zumindest der TPF wunschgemäß starten können, wenngleich mit dreijähriger Verspätung. Dann aber beginnt eine der ungewöhnlichsten exobiologischen "Expeditionen" ins All.

TPF-Anlage, Bilder: NASA

Beschränkt sich in der unermesslichen Weite des Alls die Existenz von Leben wirklich nur auf das Raumschiff Erde? Oder erfreuen sich da draußen in den Tiefen des Kosmos auch intelligente ETs, bösartige Aliens oder nur primitive Mikroben ihres Daseins? So fantastisch dies klingt - in 12 Jahren könnte dieses Rätsel zumindest teilweise gelöst sein, sofern die NASA bis dahin noch nicht von ihrem eigenen Haushaltsloch verschluckt worden ist.

Falls das NASA-Weltraum-Infrarotteleskop "Terrestrial Planet Finder" (TPF nicht dem drastischen Sparkurs der US-Raumfahrtbehörde doch noch zum Opfer fällt, wird im Jahr 2014 im Orbit ein Observatorium der Extraklasse schweben, das nicht nur nach Kernen von Quasaren oder sterbenden Sternen, sondern erstmals auch direkt nach erdähnlichen Planeten und zugleich nach Spuren von fremden Lebensformen Ausschau halten soll.

Aktionsradius: 50 Lichtjahre

Das TPF-Weltraumobservatorium wird im Gegensatz zum gerade generalüberholten Hubble-Weltraumteleskop (Anti-Aging für Hubble-Weltraumteleskop) aus fünf Infrarot-Fernrohren bestehen, die im Orbit zu einem Interferometer verkoppelt werden (siehe Link am Ende des Beitrages, der zu einem informativen NASA-Film führt). Auf diese Weise kann die eingefangene Strahlung dergestalt zur Überlagerung gebracht werden, dass die Bildschärfe eines 100 Meter großen Fernrohres erzielt wird.

Fünf Jahre lang soll das rund 1,7 Milliarden Dollar teure TPF-Teleskop-Quintett im Erdorbit operieren und dabei erdähnliche Planeten in einer Entfernung von bis zu 50 Lichtjahren observieren - die meisten Objekte davon 100 Mal genauer als Hubble.

Von solch rosigen Aussichten konnten die Planetenjäger, die seit 1995 insgesamt 78 "bestätigte" extrasolare Planeten aufgespürt haben, bisher nur träumen. Trotz aller Anstrengungen und ungeachtet aller von ihnen entwickelten und immerfort optimierten Suchmethoden entdeckten sie bislang nur Sterntrabanten, die für die Entwicklung von Leben, so wie wir es kennen, schlichtweg zu groß, zu heiß und zu dicht am Heimatstern sind.

Solche jupitergroßen, extrem heißen Gaskugeln lassen den "Terrestrial Planet Finder" indes kalt. Seine Aufmerksamkeit gilt allein jenen Exoplaneten, die bis zu 50 Lichtjahre von uns entfernt sind und annähernd Erdgröße haben und die - wie unser Heimatplanet - in der so genannten habitablen Zone liegen, also den richtigen Abstand zum Mutterstern haben, um flüssiges Wasser zu besitzen.

Chemischer Fingerabdruck

Wenn derlei Voraussetzungen gegeben sind, treten die Spektrographen des TPF in Aktion. Basierend auf dem Prinzip der Spektralanalyse, bei dem das von Planeten reflektierte Licht in seine verschiedenen farblichen Bestandteile zerlegt wird, analysieren die Detektoren im Infrarotlicht die Temperatur und chemische Zusammensetzung der Exo-Atmosphären. Da jedes Element einen signifikanten chemischen Fingerabdruck aufweist, verraten sich dabei auch alle Biosignaturen, also alles, was indirekt auf Leben hindeutet.

"Schon vor rund 30 Jahren hatte ein britischer Wissenschaftler vorgeschlagen, dass das gleichzeitige Vorhandensein von Sauerstoff und etwa Kohlendioxid ein starker Hinweis auf die Existenz von Leben ist", erklärt James F. Kasting von der Pennsylvania State University. "Und diese Ansicht hat sich bis heute nicht geändert."

Derweil wird bei der NASA die Frage kontrovers diskutiert, inwieweit die Ergebnisse der Spektralmethode überhaupt aussagekräftig sind. Zwar hat jeder von einem fernen Planeten eingefangene Lichtstrahl eine unverwechselbare spektrale Lichtsignatur; welche Schlüsse daraus aber zu ziehen sind, steht für viele Astronomen auf einem anderen Blatt. Fänden nämlich Forscher auf einem erdähnlichen in einer habitablen Zone gelegenen Planeten etwa das Element Sauerstoff, das auf der Erde als Nebenprodukt der Photosynthese entsteht, und entdeckten sie dort auch noch Ozon, eine andere Form des sehr reaktionsfreudigen Sauerstoffs, das mithilfe der Spektralanalyse sehr leicht auszumachen ist, wäre dies zwar ein starkes Indiz für Leben. Andererseits ist bei der Interpretation Vorsicht geboten, meint auch James F. Kasting, der dem wissenschaftlichen Stab des TPF-Projekts angehört. "Wir kennen viele nicht-biologische Prozesse, die zu einer sauerstoffhaltigen Atmosphäre führen können. Ein Beispiel dafür ist der Treibhauseffekt auf der Venus oder ein Planet wie Mars, der groß genug wäre, um Sauerstoff zu halten." Allerdings sei der Fund von Ozon schon einmal ein Schritt in die richtige Richtung.

Gleichwohl sei das beste Indiz für extraterrestrisches Leben die Existenz von Sauerstoff oder Ozon zusammen mit anderen Stoffen wie Methan oder Kohlendioxid, zumal diese Kombination auch in der Erdatmosphäre häufig anzutreffen sei. Tatsache sei doch, so der US-Forscher, dass auf der Erde Methan durch winzige Bakterien unter anderem in Därmen von Kühen und Schafen entstehe. Und für die Produktion von Kohlendioxid seien in der Regel Organismen im Meer verantwortlich.

Sollte TPF dereinst einen Planeten mit Ozon und Methan finden, wäre damit aber längst noch nicht geklärt, welche Lebensformen die dafür notwendigen chemischen Prozesse in Gang gesetzt haben. "Was" dort lebt und wie es aussehen mag, ob menschen- oder tintenfischähnlich, ob diese Lebensform ihr Dasein als Mikrobe fristet oder womöglich selbst die Lichtsignatur unseres Heimatplaneten untersucht - wir werden es zu Lebzeiten wohl nicht erfahren.