Sind Patente ein Patentrezept?

Das Europäische Patentamt präsentiert seinen Jahresbericht

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In seinem am 20. Juni vorgestellten Jahresbericht verweist das Europäische Patentamt (EPA) stolz auf einen neuen Anmeldungsrekord: Insgesamt, so die Behörde, habe der Zuwachs gut 9% betragen, im Bereich "Datenverarbeitung" liege er sogar bei 25%. Die Zahl der Patentanmeldungen wird wie der Medaillenspiegel bei olympischen Spielen als nationaler Erfolg präsentiert. Doch bei genauerer Betrachtung ähnelt sie eher den Plansollübererfüllungen in der DDR: Allein die Statistik zählt - auf Qualität und Nutzen wird zunehmend weniger geachtet.

EPA-Präsident Ingo Kober musste - durch die Diskrepanz von durchschnittlicher Bearbeitungszeit für Anträge (51 Monate) und Median (4 Monate) in Erklärungsnot geraten - zugeben, dass sich eine "neue Philosophie" im Patentwesen etabliert hat, die den Patentantrag nicht mehr als Mittel zum Schutz einer Erfindung, sondern als Instrument zum "Erschrecken der Konkurrenz" sieht. Anträge werden von den Antragstellern bewusst verschleppt, um Wettbewerber möglichst lange in einem Klima der Angst zu halten. Deshalb werde neuerdings von vorneherein jeder "Output" ohne vorherige Recherche zum Patent angemeldet. Angesprochen auf die Verteilung dieser "neuen Philosophie" auf die einzelnen Anmeldungsbereiche weicht Kober aus und meint, es wäre eher eine Frage der "Firmenkultur". Die Tatsache, dass - laut dem EPA-Direktor für Internationale Rechtsangelegenheiten Gert Kolle - vor allem im Softwarepatentland USA die Patentstreitigkeiten erheblich zugenommen haben, lässt jedoch darauf schließen, dass die vom EPA schleichend betriebene Patentierbarkeit von Software einen gehörigen Anteil an dieser Entwicklung hat.

Von solchen Patenten "aus dem Bereich Datenverarbeitung" erwies sich in den letzten Jahren ein großer Teil als "Trivialpatente" - wie etwa das auf den "Elektronischen Einkaufswagen" oder auf das Lernen einer Sprache durch den Vergleich der eigenen Aussprache mit der eines Lehrers.

Monopol oder Eigentum?

Müssen solche "Erfindungen" tatsächlich patentierbar sein? Die Befürworter dieser Entwicklung verweisen auf ein Naturrecht am "geistigen Eigentum". Das von ihnen ins Feld geführte Argument von Schutz des "geistigen Eigentums" kann jedoch bei genauerer Betrachtung für Softwarepatente nicht gelten. Der Begriff vermengt rechtlich sehr verschiedene Institute wie Urheberrecht, Markenrecht und Patentrecht 1. Wären Patente tatsächlich "geistiges Eigentum" müssten den zahlreichen Doppelerfindern einer in der Luft liegenden Technologie die gleichen Rechte wie den Patentanmeldern zugestanden werden - was nicht der Fall ist. Tatsächlich liegt hier nur ein Investitionsschutz vor, mit dem über eine begrenzte Zeit Monopolrechte gewährt werden - aber kein Naturrecht.

Patente sind staatliche Subventionen, die über höhere Preise direkt beim Bürger eingezogen werden können. Immer größere Teile des internationalen Güteraustauschs werden durch dieses Instrument jenseits der Marktwirtschaft organisiert. Der Unterschied zum Protektionismus alter Schule ist, dass Firmen, die man vorher über Zölle und direkte Subventionen beschützte, jetzt über staatlich gewährte und international durchgesetzte Patente vor den rauen Winden der Märkte abgeschirmt werden. Tatsächlich und entgegen aller Beteuerungen geht der Trend durch diese Entwicklung nicht in Richtung Freihandel, sondern in Richtung Protektionismus. Was international durchgesetzt wird, ist damit weniger "Globalisierung" als "Globürokratisierung". Früher war das klarer: Als 1877 im Deutschen Kaiserreich ein Patentgesetz verabschiedet wurde, waren es vor allem die Wirtschaftsliberalen, die in Gegnerschaft zu diesem Eingriff standen.

Bei relativ langsamen Voranschreiten des technischen Fortschritts ohne weltweites Patentsystem und Beschränkung der Patentierbarkeit auf den Bereich der Technik bleiben die schädlichen Auswirkungen von Monopolen in ihrer Bedeutung für die Gesamtwirtschaft begrenzt. Kommt es aber zu einer weltweit durchgesetzten exzessiven Patentierbarkeit (wie derzeit durch den Patent Cooperation Treaty) in Verbindung mit Schutzfristen, die länger sind als die Innovationszyklen, werden immer mehr Bereiche des Wirtschaftslebens dem Innovationswettbewerb entzogen.

Als Begrenzung solcher negativen Folgen verbot das Europäische Patentübereinkommen von 1973 die Patentierung von wissenschaftlichen Theorien, mathematischen Methoden, Heilverfahren, Pflanzensorten, Tierarten und Computerprogrammen. Die patentierbare Idee musste eine "technische Erfindung" sein. Diesen Begriff definierte der Bundesgerichtshof damals als eine "Lehre zum planmäßigen Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur Herbeiführung eines kausal übersehbaren Zweckes". Mit anderen Worten: man bekam ein befristetes Monopol als Gegenleistung für eine Veröffentlichung von Wissen über Wirkungszusammenhänge von Naturkräften, welche neu sein, über die routinemäßige Innovationstätigkeit hinausgehen und im Zusammenhang mit industrieller Verwertung stehen musste. Weder eine Entdeckung eines natürlichen Phänomens - beispielsweise eines Gens - noch eine reine Organisations- und Rechenregel - also ein Algorithmus, ein Programm oder ein Geschäftsverfahren - stellt für sich genommen eine technische Erfindung dar. Dass ein Gen oder ein Algorithmus im Zusammenhang mit anderen bereits bekannten technischen Vorgängen verwendet werden konnte, gewährte noch keine Patentierbarkeit: die Erfindung musste nämlich zugleich technisch und neu sein, um die Patentprüfung bestehen zu können.

Diese Begrenzungen wurden jedoch durch die Praxis der Patenterteilung am Europäischen Patentamt sowie später durch EU-Direktiven wie die Biopatent-Richtlinie zunehmend ausgehöhlt. EPA-Funktionäre und Richter erteilten zunehmend Patente auf Rechenprobleme, deren Lösung in einem Programm für Datenverarbeitungsanlagen als solchem bestand und höhlten so das Verbot der Patentierbarkeit schon seit Jahren relativ unbemerkt aus. So konnten vor allem amerikanischen Konzerne bereits mehr als 30.000 europäische Patente für Software erlangen. Software wurde dann patentiert, wenn sie durch Formulierungstricks als "wesensbestimmender Bestandteil" eines technischen Geräts verkleidet wurde. Solche auf Software erteilten Patente konnten jedoch bisher von nationalen Gerichten widerrufen oder zahnlos gemacht werden. Die Umsetzung eines neuen EU-Richtlinienvorschlages würde diese Situation grundlegend ändern.

Seit 20. Februar liegt ein Richtlinienvorschlag der EU-Kommission mit dem durchaus barocken Titel Vorschlag für eine Richtlinie des europäischen Parlaments und des Rates über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen vor (Vgl. EU-Kommission will Patentschutz für Software). Der umstrittenste Satz in der Richtlinie lautet "[...] alle Programme, die auf einem Computer ablaufen, sind per Definitionem als technisch anzusehen (da es sich bei dem Computer um eine Maschine handelt)". Der Richtlinienentwurf der Kommission definiert damit den Begriff "Technik" so inflationär, dass faktisch eine Patentierbarkeit fast jeder Software möglich wird.

Patente als Innovationshemmer

Software ist in Deutschland durch das Urheberrecht geschützt. Ein Patentschutz geht wesentlich weiter als ein Schutz durch Urheberrecht oder Copyright: Während die letzteren beiden Rechtsinstrumente das "Abschreiben" verhindern, verbietet ein Patent auch die wirtschaftliche Nutzung selbständig entwickelter alternativer Lösungswege und damit die Schaffung von Konkurrenzprodukten und Anschlussideen. "Könnte etwa ein Patent dafür erteilt werden, dass mit Hilfe des Computers Texte geschrieben, formatiert und gedruckt werden, würde es künftig nur eine Textverarbeitung geben. Konkurrenzprodukte, die das Problem mit anderen Programmschritten und einem anderen Erscheinungsbild lösen, wären dann für die Dauer des Schutzes vom Markt ausgeschlossen" musste sogar Klaus Melullis, Vorsitzender Richter am BGH-Patentsenat und Wegbereiter der Softwarepatentierung in Deutschland, zugeben.

Bei seiner Einführung sollte das Patentsystem sicherstellen, dass Herstellungsgeheimnisse nicht - wie vorher in den Zünften und Gilden des Mittelalters üblich - geheimgehalten werden, sondern nach einer für die damalige Geschwindigkeit des technischen Fortschritts angemessenen Gewährung eines zeitlichen Monopols der Öffentlichkeit zugute kommen.

Das Patentrecht verpflichtet den Antragsteller deshalb zur Offenlegung der Erfindung. Dafür gewährt es einen begrenzte Zeitraum, in dem er seine Erfindung ohne Konkurrenz vermarkten kann. Die gegenwärtige Frist von 20 Jahren ist auf die Entwicklungen des industriellen Zeitalters ausgerichtet. Was jedoch für mechanische Geräte des 19. Jahrhunderts eine relativ kurze Zeitspanne war, ist für die Softwareentwicklung des 21. Jahrhunderts eine sehr lange. Für Software, mit ihren weitaus schnelleren Entwicklungszyklen, wirkt die 20jährige Monopolfrist, wie wenn das Patent für die Dampfmaschine erst lange nach der Erfindung des Verbrennungsmotors freigegeben würde.

Der Schutz von Software durch Patente ist auch deshalb von fragwürdiger Notwendigkeit, weil Entwickler durch die kurzen Produktionszyklen (18 Monate bis 3 Jahre) einen automatischen Zeitvorteil haben, der es ihnen über den Großteil des Zeitraums erlaubt, höhere Preise zu verlangen - nämlich solange bis Konkurrenzprodukte geschrieben und auf den Markt gebracht sind.

Zahlreiche wissenschaftlichen Studien belegten empirisch wie theoretisch, dass Softwarepatente Innovation eher bremsen, als sie zu fördern. Ein Programm kann Hunderttausende von einzelnen Instruktionsfolgen erhalten. In einer Welt der Softwarepatente fällt jede einzelne dieser Instruktionsfolgen potentiell unter ein Patent und ist damit eine potentielle Mine. Für unabhängige Entwickler hemmt dies den Anreiz an der Entwicklung neuer Software ungemein. Sie können das Risiko, Software zu Schreiben, kaum mehr eingehen, weil Sie jederzeit wegen Patentverletzungen verklagt werden können, ohne von den angemeldeten Trivialpatenten auch nur zu wissen, geschweige denn, sie "abzukupfern". Von den zahlreichen von der Patentlobby in Auftrag gegebenen Gutachten konnte keine einzige volkswirtschaftlich vorteilhafte Effekte von Softwarepatenten belegen. Auch eine gemeinsame öffentliche Anhörung von Sachverständigen des Bundestags-Unterausschusses "Neue Medien" und des Rechtsausschusses ergab, dass sich Patente für Software eher kontraproduktiv auswirken würden.

US-Studien zeigten, dass Patentschutz für Software eher zur Stagnation oder sogar zu Abnahme von Forschungsaktivitäten führt. Der Harvard-Wirtschaftswissenschaftler Josh Lerner, dass bereits 1991 mehr als eine Milliarde Dollar für Patentklagen ausgegeben wurde - mehr als ein Viertel dessen, was US-Firmen in diesem Jahr für Grundlagenforschung aufwendeten - und der Stanford-Jurist John Barton gibt zu bedenken, dass seit Mitte der 1980er Jahre die Zahl der Patentanwälte in den USA schneller wächst als die der Forschungsaufgaben: Der Wettbewerb verlagert sich von den Labors in die Gerichtssäle.

Anfang letzten Jahres entdeckte der ehemalige Monopolist British Telecom zufällig, das ihm 1989 das US-Patent Nr. 4873662 erteilt wurde, das theoretisch als Beschreibung der längst anderweitig erfundenen und etablierten Internet-Hyperlinks verstanden werden kann. Der in der Patentschrift genannte "Erfinder", der Angestellte Desmond Sargent, wurde für seine "Erfindung" von British Telecom mit der ihm gesetzlich zustehenden Prämie von einem US-Dollar belohnt. Nun will British Telecom plötzlich von 17 Internetprovidern in den USA Lizenzgebühren für jeden Klick im Web und verklagte den amerikanischen Provider Prodigy mit 3,6 Millionen Kunden als "Versuchsballon". Käme BT mit dieser Klage durch, wäre der Weg für Lizenzgebühren auf jeden Klick im Internet geöffnet. Eine Entscheidung wird für September diesen Jahres erwartet.

Solche Entwicklungen werden nicht überall als Problem gesehen: Wolfgang Tauchert vom Deutschen Patent- und Markenamt ist der Ansicht, Softwarepatente seien gerade dann sinnvoll, wenn sie "weh tun" würden, d.h. wenn ein Verfahren sich als Standard etabliert hat und ein Unternehmen erst dann beginnt, seine Lizenzgebühren wie Steuern einzufordern.

In den USA wird die Einforderung von Lizenzgebühren für ein Patent, erst nachdem es sich als Standard durchgesetzt hat, bereits betrieben. Die Firma Unisys hält noch bis Juni 2003 ein Patent auf eine Methode der Datenkomprimierung mit einem Algorithmus namens LZW. Diese Methode liegt dem GIF-Grafikformat zugrunde. Erst nachdem sich das Format als Standard durchgesetzt hatte, forderte die Firma Unisys überraschend Lizenzgebühren für Programme, die den Algorithmus benutzen.

Vorbild USA?

Seit 1980 sind in den USA nach und nach Mikroorganismen, Pflanzensorten, Tiere, Computerprogramme und Geschäftsmethoden für patentierbar erklärt worden. Das US-Patentamt gewährt deshalb auch Patente auf eingebettete Algorithmen. Dies führte dazu, dass auch Rechenmethoden durch Patente geschützt werden konnten.

Mittlerweile kann in den USA fast jede Software patentiert werden. Ende des 20. Jahrhunderts waren bereits 10% aller dort erteilten Patente Softwarepatente. Unter diesen Softwarepatenten werden fast ausnahmslos triviale Verfahren beansprucht. Bei einigen Patenten ist die Trivialität sogar für den Nichtfachmann auf den ersten Blick offensichtlich. Das unlängst erteilte US-Patent mit der Nummer 6014439 etwa wenden fast alle Call Center seit langem an: Ein "Verfahren und Gerät zur Unterhaltung von Anrufern in einer Warteschlange". Selbst auf das seit den Anfängen der Arbeitsteilung bekannte System der Ausschreibung wurde in den USA ein Patent erteilt. Nur dass es im Patentantrag geschraubt "Reverse Auction" heißt und sich auf das Internet bezieht. Der Computerkonzern IBM erhielt am 11. Dezember 2001 sogar ein US-Patent auf das Reservieren von Toilettenplätzen.

Wie kam es zu dieser Inflation? In Firmen wie Hewlett Packard und Siemens finden "Erweckungs-Sitzungen" statt, bei denen Entwickler "lernen" dass Ideen, die sie für trivial halten, vom Patentamt als Erfindungen angenommen werden. Auf solche Schulungen folgen regelmäßig Hunderte von Patentanmeldungen. Auf diese Weise konnte HP seinen Patentausstoß in kurzer Zeit auf 5000 Anmeldungen pro Jahr steigern.

Der bereits zitierte Wolfgang Tauchert vom Deutschen Patent- und Markenamt sieht das Auftauchen von Trivialpatenten gar nicht als Problem an, schließlich sollten, so Tauchert, keine "Nobelpreise" vergeben werden. Ingo Kober, der Präsident des Europäischen Patentamts, entgegnet - auf entsprechende Vorgänge angesprochen - mit bemerkenswerter bürokratischer Selbstsicherheit: "Dass Fehler vorkommen, ist auch vorgesehen in unseren Strukturen [...] so ist das nun mal."

Patentwettrüsten

Norbert Haugg, der frühere Präsident des Deutschen Patent- und Markenamts, schätzt, dass rund 95 Prozent aller Patente weltweit noch nie verwertet worden sind. Ein Grund dafür ist, dass ihre Lizenzierung oft zu kompliziert und zu teuer ist. Ein anderer Grund ist, dass Patente von großen Firmen zunehmend weniger als Produktionsgrundlage, denn als "Drohwährung" und zur Ausschaltung von Konkurrenztechnologien gehalten werden: Anfang des 20. Jahrhunderts erfand der Amerikaner John Patterson, Chef der Firma NCR, eine Geschäftsmethode, die sich durchsetzen sollte: Er benutzte das Patentrecht, um Konkurrenten auszuschalten. Ein Richter stellte während einer Patentklage fest, dass es Patterson in seinen Patentklagen mehr darum ging, seine Konkurrenten um Zeit und Geld zu bringen, als um Fragen des Patentrechts (Vgl. Die Resozialisierung des Giganten). Diese Methode wird Anfang des 21. Jahrhunderts zunehmend von Softwarekonzernen genutzt 2. Hat ein Konzern ein genügend großes Portfolio an Patenten, kann er kleine Unternehmen gerichtlich oder durch Drohung ausschalten, während er andere Konzerne ob ihres eigenen Patentarsenals unbehelligt lässt. Durch dieses Crosslicensing, einer Art Patentkriegs-Waffenstillstand, entsteht ein Oligopol von großen Unternehmen dessen Mitglieder allein noch das Risiko der Produktion von Software wagen können.

Vor allem in den USA gilt, dass ein Patent nur soviel wert ist, wie sein Inhaber in Anwälte und Prozesse investieren kann. Mitte der 1990er lagen die durchschnittlichen Kosten für eine Patentklage in den USA bei 500.000 $. Rob Lippincott von der Firma Learning Network stellte bereits damals fest, dass die meisten kleinen Softwarefirmen eine Patentklage allein wegen der Anwaltskosten nicht überleben würden - ganz egal, wie das Verfahren ausgeht 3. .

Richard Sietmann verglich die Lage, in die sich die Firmen mit dem aggressiven Patentieren manövriert haben, mit dem Gefangenen-Dilemma aus der Spieltheorie: Die Verdächtigen denunzieren in getrennten Verhören jeweils den anderen, weil sie nicht auf dessen Schweigen vertrauen können, und verschlimmern dadurch letztlich ihre Lage selbst (Vgl. Wettbewerb im Gerichtssaal).

In Amerika wächst bereits der Unmut von Firmen wie Bürgern gegen die dort betriebene exzessive Patentierungspraxis. Im Februar und März dieses Jahres fand eine von der Federal Trade Commission einberufene Anhörung zur überhandnehmenden Patentierung und deren negativen Auswirkungen auf die Märkte statt. Die Patentierungspraxis konnte schon während der Amtszeit der Clinton/Gore-Administration bizarre Blüten treiben. Al Gore verhinderte auf Betreiben von IBM sogar eine Studie über die Wirkungen von Softwarepatenten. Ralph Nader machte dies zum Wahlkampfthema - was dazu beitrug, dass Gore weniger Stimmen errang als erwartet. Sollte sich das bei europäischen Politikern herumsprechen?