Falun Gong störte tagelang chinesische Satellitenprogramme

Die Sekte konnte sogar Filme senden, die chinesische Regierung versucht den "gegen die Zivilisation" gerichteten Anschlag als Rechtfertigung für das oft brutale Vorgehen gegen Falun Gong zu nutzen

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Groß brachten die chinesischen Medien die Story über das neue "Verbrechen" der in China verbotenen Falun Gong Sekte heraus, um ihr vielfach kritisiertes brutale Vorgehen gegen diese in der Weltöffentlichkeit zu legitimieren. People's Daily verurteilt die Störung der Fernsehsignale des Satelliten Sinosat und die Übertragung eines Propagandafilms durch die Sekte als Verletzung der internationalen Ordnung und gar als Angriff auf die "Zivilisation", um damit wohl die Sekte mit Terroristen gleichzusetzen. Auch wenn Störungen von Satellitensignalen schon des öfteren vorkamen, war es wohl das erste Mal, dass eine Gruppe es schaffte, eigene Signale einzuspeisen und zeitweise einen Film senden zu können.

Wie die chinesischen Medien melden, hat es die Falun Gong Sekte, gesteuert von Li Hongzhi, geschafft, die Signale des Satelliten Sinosat 1 vom 23. bis 30. Juni zu stören, also zur Zeit der Endspiele der Fußballweltmeisterschaft und der Feiern des fünften Jahrestags der "Rückkehr" Hongkongs nach China. Blockiert waren dadurch neun landesweite Sender und 10 lokale Programme. Betroffen seien davon mehr als 70 Millionen Menschen in abgelegenen Regionen gewesen. Sinosat ist seit 1998 in Betrieb und wurde im Rahmen des Programms "Fernsehen für jedes Dorf" gestartet.

Wie das Informationsministerium bekannt gegeben hat, sind am 23. Juni Abends im Satellitenüberwachungszentrum die Bildschirme plötzlich schwarz geworden. Die Techniker entdeckten, dass die Signale des Sinosat-Satelliten von unidentifizierbaren Signalen auf einer ähnlichen Frequenz gestört wurden. Dann seien Bilder von Werbefilmen für Falun Gong gesendet worden: "Der Film wackelte, aber ich konnte aus den Bildern und dem Inhalt erkennen, dass er von der Falun Gong Sekte stammte", berichtete der Ingenieur Zhen Yaqing, der an diesem Abend Dienst hatte. Nach wenigen Sekunden habe man die Übertragung unterbrechen können. Eine chinesische Menschenrechtsgruppe behauptet, dass mindestens noch einmal ein Film am 25. gesendet worden sei. Die chinesischen Medien berichten hingegen nur von fortgesetzten Störungen bis zum 30. Juni. Noch würden die für die Störung Verantwortlichen gesucht. Beweise dafür, dass Falun Gong Mitglieder die Tat begangen haben, konnten bislang nicht von der Regierung vorgelegt werden. Dafür aber versprach man, die Sekte zu bestrafen.

Dass Satellitensignale über so lange Zeit gestört werden können, sei ziemlich einmalig, meinte Du Baichuan, der Vizepräsident der Gesellschaft der chinesischen Satellitenbenutzer. Nach den internationalen Regeln werden die Frequenzen und technischen Parameter veröffentlicht, so dass der normale Betrieb der internationalen Telekommunikationsdienste auf der "Selbstdisziplin der Benutzer" beruhe:

"Die Falun Gong Sekte außerhalb von China hat die Frequenz und die technischen Parameter, die von den chinesischen Radio- und Fernsehprogrammen benutzt werden, gestohlen und dieselbe Frequenz verwendet, um diese Programme zu unterbrechen. Diese illegale Handlung ist dasselbe, als würde man in die Häuser von Menschen einbrechen, deren Schlüssel man erhalten hat. Falun Gongs Tat ist eine offene Unterminierung der modernen zivilisierten Gesellschaft und eine flagrante Subversion der sozialen Ordnung und der öffentlichen Moral. Sie muss von der internationalen Gemeinschaft verurteilt werden."

Für die chinesische Regierung wird das Jamming der Satellitensignale ganz offensichtlich als probates Mittel gesehen, um die Sekte, die seit Jahren in China verfolgt wird, auch im Ausland als Kriminelle zu diskreditieren. Sie habe damit die "grundlegenden Prinzipien wichtiger internationaler Abkommen und der zivilen Kommunikation" verletzt, die "nationale Sicherheit" gefährdet und die Rechte und Interessen der Öffentlichkeit beeinträchtigt, heißt es in einer Mitteilung des Informationsministeriums.

Die Radiowellen müssten ungestört gesendet werden können, da sie nicht nur für Radio- und Fernsehprogramme, sondern auch zur Telekommunikation, Navigation und Wettervorhersage verwendet werden. Allerdings scheint es so zu sein, dass die Signale der Telekommunikationsdienste nicht gestört gewesen waren, denn es heißt, dass dann, wenn diese sabotiert worden wären, "zweifellos Leben und die wirtschaftliche Sicherheit des Landes gefährdet gewesen wären". Weil Falun Gong die in allen Ländern existierenden Regeln für die drahtlose Kommunikation gebrochen haben, sei das ein Angriff auf die Zivilisation gewesen. Daher wird die internationale Gemeinschaft aufgefordert, "gemeinsam Maßnahmen zu ergreifen, um ein solches bösartiges Verhalten niederzuschlagen".

People's Daily sagt, dass Falun Gong immer schon "Dinge gestört und zerstört hat, an denen sich die allgemeine Öffentlichkeit erfreut und von denen sie profitiert". Die Sekte sei ein "allgemeiner Feind der Menschheit", sie würde weiterhin auf destruktive Weise vorgehen, doch die Geschichte zeige, dass ein solches Verhalten zum Scheitern verurteilt ist. Sie wende sich gegen Wissenschaft und störe deswegen die Fernsehsendungen, die solche Informationen beispielsweise an die Bauern weitergeben. Für die Menschen, die durch Überschwemmungen gefährdet sind, sei die Störung von Fernsehprogrammen und vor allem der Wetterberichte lebensgefährdend.

Liu Honghzi, der in New York lebt und von der chinesischen Regierung als Oberhaupt der Sekte direkt für den Anschlag verantwortlich gemacht wird, weist eine Mitbeteilung der Organisation zurück. Levi Browde, ein Sprecher der Sekte, sagte, man wisse von dem Vorfall nichts, andere bekannte Störungen aber seien Versuche eines Widerstands von unten innerhalb Chinas, um gegen die Regierungspropaganda vorzugehen: "Die staatlichen Medien sind eine der stärksten Waffen der Regierung, um Menschen zu verfolgen und Hass zu bewirken. Diese Menschen versuchen, die Wahrheit mitzuteilen." Das Falun Gong Informationszentrum meldet, dass Sektenmitglieder im letzten halben Jahr sieben Mal Kabelprogramme gestört und Filme übertragen hätten, in denen die "Wahrheit über die Verfolgung von Falun Gang durch Jiang Zemin aufgedeckt wurde".