Tödliche Handys

Nach einem wissenschaftlichen Bericht steigt in den USA die Zahl der Unfallopfer durch Handy-Benutzung beim Autofahren und wiegen die gesellschaftlichen Kosten bereits die Einnahmen der Wirtschaft auf

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Handys haben tödliche Folgen - zumindest wenn sie beim Autofahren benutzt werden. Nach einem Bericht des Center for Risk Analysis der Harvard University ist Handynutzung beim Fahren in den USA jährlich für 2.600 Unfalltote verantwortlich.

Mittlerweile gibt es in den USA 128 Millionen Handy-Benutzer. Natürlich steigt die Unfallgefahr mit der Zahl der Benutzer und mit dem Ausmaß der individuellen Nutzung. In einer Handy-Kultur wird schlicht mehr telefoniert, weil auch erwartet wird, dass jeder permanent erreichbar ist. Vor zwei Jahren, als es noch 94 Millionen Handybenutzer gegeben hatte, sollen diese für 1.000 Unfalltote verantwortlich gewesen sein.

Jetzt also führt der Bericht bereits ein Sechstel aller Verkehrstoten im Jahr auf die Handynutzung zurück, zusätzlich sei sie für 570.000 Verletzte und für 1,5 Millionen Fälle von Sachschäden verantwortlich. Die von den Wissenschaftlern vermuteten Kosten dieser Nebenwirkungen sollen sich auf 43 Milliarden Dollar belaufen, was ungefähr der Summe entspricht, die die Menschen für die Handy-Benutzung ausgeben: "Das Risiko steigt, aber die Vorzüge wachsen nicht entsprechend mit", sagt Joshua Cohen, der die Studie geleitet hat. Angeblich "rechnet" sich aber auch ein Handy-Verbot beim Autofahren nicht. Man würde dadurch lediglich 2 Milliarden Dollar Kosten einsparen, aber 25 Milliarden Dollar würden der Wirtschaft verloren gehen.

Das Risiko, als Folge des Handy-Gebrauchs zu sterben, ist an sich noch immer gering, aber doch ganz erheblich. So liege die Wahrscheinlichkeit einen tödlichen Unfalls für einen Fahrer, der mit dem Handy telefoniert, bei 13 zu einer Million. Das ist fast vier Mal weniger, als wenn er keinen Gurt benutzt. Auch für andere Fahrer oder Fußgänger ist Gefahr, bei einem Unfall ums Leben zu kommen, der durch Handy-Benutzung verursacht wird, mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu einer Million gering. Von einem betrunkenen Fahrer erwischt zu werden, ist mit 18:1.000.000 viel wahrscheinlicher. Gleichwohl nimmt mit der Verbreitung von Handys das Risiko zu.

Das sind natürlich alles grobe Schätzungen, denn in den USA wird bei Unfällen die Benutzung von Handys nicht einheitlich und manchmal auch gar nicht erfasst. Nur in New York ist seit 2001 die Benutzung von Handys ohne Freisprechanlage beim Autofahren verboten, in sechs anderen Staaten gibt es einige Einschränkungen. Zahlen liegen aber noch keine vor, ob Verbote wie in New York die Zahl der Unfälle senken. Umstritten ist auch, ob nur die Benutzung einer Freisprechanlage das Unfallrisiko vermindern kann, da nach Untersuchungen festgestellt wurde, dass auch das Telefonieren selbst ablenkt und eine bis zu vier Mal größere Unfallwahrscheinlichkeit mit sich bringen kann (Mythos Multitasking?). Überdies dürfte mit dem Einzug von Navigationssystemen und weiteren Kommunikations- und Informationssystem ins Auto das Unfallrisiko durch Ablenkung insgesamt zunehmen (Ablenkende Informationsflut)

Das allgemeine Risiko bei einem Unfall mit motorisierten Fahrzeugen getötet zu werden, liegt übrigens nach dem Center for Risk Analysis bei 1:6745. Die Wahrscheinlichkeit, einem Anschlag mit Anthrax umzukommen, wurde mit 1 zu über 56 Millionen festgelegt. Auch das könnte ein wenig über das Verhältnis der größeren und kleineren Risiken und deren Bekämpfung zu denken geben.