Wer für die Freiheit ist, ist für die USA

Wieder einmal hat Präsident Bush den Krieg als Kern seiner Politik dargestellt. sich in einer Rede vor Soldaten in der Rolle als Kriegsherr inszeniert und den Irak ins Visier genommen

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Die Situation wie bei seiner Rede gestern in Fort Hood scheint Präsident Bush zu lieben: als Kriegsherr vor Tausenden von Soldaten zu sprechen, die dann mit "hoo-ah" die Bereitschaft unterstreichen, willig in den Krieg gegen das Böse zu ziehen. Tatsächlich ist das Macht pur, und kaum vorstellbar ist jetzt noch, dass Bush, trotz des misslichen Themas Nordkoreas, das eigentlich die Achse des Bösen verschiebt, das Hussein-Regime im Sattel lassen wird, auch wenn es keinerlei Hinweis auf Massenvernichtungswaffen gibt. Für Bush war dies von Anfang an nicht das Thema, auch nicht irgendeine Verbindung zwischen Irak und al-Qaida.

Die große Frage dürfte nur sein, was nach dem Irak folgen wird. Man wird nicht fehlgehen, wenn man bei Bush sowie vor allem Cheney und Rumsfeld einen durchaus persönlichen Gefallen an der Macht bemerkt. Allmählich drängt sich dieser psychologische Aspekt immer stärker auf. Macht ist verführerisch, vor allem wenn man die Mittel einer militärischen, politischen, technologischen und wirtschaftlichen Supermacht in Händen hat. Bush liebt die großen Gesten und die Rhetorik der Überlegenheit. Dass er sich bei den Soldaten im texanischen Fort Hood nicht in ziviler Kleidung zeigte, sondern in militärischer Kluft auftrat, um wieder einmal eine Drohrede zu inszenieren, ist beredt genug. Er brüstet sich auch mit der Aufstockung des Rüstungsetats und lobt die Tugenden des Soldatenseins, das ebenso belohnend wie gefährlich ist, vor allem aber die "Interessen Amerikas" stets an die erste Stelle setzt.

Über das ärgerliche Thema Nordkorea verliert Bush kaum Worte, auch wenn diese Diktatur droht, eine Wiederaufbereitungsanlage in Gang zu setzen, mit denen sich Atomwaffen fertigen lassen, und auch ansonsten ganz anders als Hussein rhetorisch in den Ring mit Bush tritt. Überall, so versichert er wenig überzeugend, werde man gegen "Outlaw-Regime", die Massenvernichtungswaffen besitzen, mit gleicher Entschlossenheit vorgehen. Doch würden "unterschiedliche Bedingungen unterschiedliche Strategien" erforderlich machen, die von diplomatischem Druck bis zur militärischen Gewalt reichen. Im Fall von Nordkorea müsse die Welt mit einer Stimme sprechen, damit das Regime das Atomwaffenprogramm aufgebe, was sie im Fall von Irak bereits getan habe (wobei es aber bekanntlich nicht nur um Atomwaffen geht). Dann aber bleibt er wieder beim Irak, der "eine schwere Bedrohung für die Vereinigten Staaten" darstelle.

Jeder weiß mittlerweile, dass Nordkorea für den Weltfrieden weitaus gefährlicher als der geschwächte Irak sein kann, der vermutlich keine Massenvernichtungswaffen mehr besitzt. Nordkorea verfügt über Arsenale von Massenvernichtungswaffen und Trägerraketen, sein Diktator könnte unberechenbar handeln und der geopolitische Kontext von Nordkorea ist mit Südkorea, Japan, China und Russland viel heikler. Allerdings spielt Öl im Fall von Nordkorea, das gerade deswegen die Clinton-Regierung auf ähnliche Weise wie jetzt Bush erpresst hatte, keine Rolle. Vermutlich aber ist auch die Eroberung des Iraks für Bush mehr als nur eine kühle Verfolgung von angeblich nationalen Interessen. Wie weit dabei andere Minister und Sicherheitsberater(innen) ihr eigenes Süppchen kochen oder Vater Bush seinem Sohn im Nacken sitzt, ist für einen Außenstehenden natürlich nicht erschließbar.

Flugblatt, das vom Pentagon am 28.12. über dem Irak abgeworfen wurde

Bush will nicht vom Irak und dem Widersacher Hussein abgelenkt werden, den er, nachdem Bin Ladin nicht gefasst werden konnte, zu seinem persönlichen Gegner erwählt hat. Hussein habe öffentlich seinen Hass gegen die USA und ihre Werte erklärt. Er habe Massenvernichtungswaffen gegen Menschen im eigenen Land und in anderen Ländern eingesetzt: "Das ist der Grund, warum ich sage, das der Irak eine Bedrohung, eine reale Bedrohung ist." Natürlich vergisst Bush darauf hinzuweisen, dass Hussein just zu der Zeit, als er chemische Waffen gegen den Iran und gegen die Kurden einsetzte, zum Verbündeten der US-Regierung wurde, deren Vizepräsident Bush sen. war. Die Verhandlungen leitete damals der jetzige Verteidigungsminister Rumsfeld. Überdies erhielt der Irak von den USA notwendige chemische und biologische Mittel wie Milzbrand- oder Pest-Bakterienkulturen. Zu alle dem hat man aus dem Weißen Haus und dem Pentagon sicherheitshalber noch keine Stellungnahme gehört.

Bush behauptet erneut, dass Hussein "nicht einmal versucht hat, ein glaubwürdiges Waffendossier abzugeben". Gleichwohl könne er immer noch seine Richtung ändern. Er wisse genau, was er zu tun habe, um sogar jetzt noch einen Krieg zu vermeiden, der doch nur das letzte Mittel der USA sei. Allerdings kann man sich kaum vorstellen, was Hussein tun könnte, um einen Krieg zu vermeiden. Die einzige Option, die möglicherweise auch Bush sein Gesicht wahren lassen würde, wäre sein Rücktritt. Einige arabische Länder machen sich denn auch dafür stark, dass Hussein den Irak verlassen soll, um einen Krieg zu vermeiden. Die Frage aber ist nicht nur, welches Land ihn aufnehmen würde, sondern auch, ob damit die Forderungen der UN-Resolution nach Abrüstung und die amerikanischen Interessen an einer US-orientierten Nachfolgeregierung erfüllt würden. Da die US-Regierung den Internationalen Strafgerichtshof boykottiert, stellt sich die Frage, ob Hussein sich in einem Prozess verantworten muss, wohl nicht.

Bush versichert den anwesenden Soldaten, den US-Bürgern und der Weltöffentlichkeit, dass man kriegsbereit sei. Krieg ist jetzt aus amerikanischer Sicht wahrscheinlich auch die einfachere Lösung, zumal wenn man wie Bush glaubt, dass die amerikanische Armee die beste der Welt sei und deswegen auch siegen werde. Ende Januar dürfte sich wohl endgültig entscheiden, ob die USA mit ihren britischen Verbündeten losschlagen werden. Angeblich gibt es bereits einen Termin dafür: den 21. Februar.

"Entscheidende Stunden liegen vor uns. Wir kennen die Herausforderungen und Gefahren, mit denen wir konfrontiert sind. Wenn diese Generation von Amerikanern bereit ist, dann akzeptieren wir die Last der Verantwortung und handeln für Freiheit und Frieden. Und hier werden wir siegen."

Zu Beginn hatte Bush klar gemacht, dass die USA sich im ersten Krieg des 21. Jahrhunderts befinde, um Amerika und die Freiheit zu verteidigen. Das aber könne man nicht defensiv machen, sondern man müssen den Krieg zum Feind bringen. Jeder, der Terroristen unterstütze, sei genauso schuldig wie diese: "Und die Taliban wissen, das damit gemeint war." Die Bösen, die sich nicht ans Kriegsrecht halten (weswegen dies auch die Amerikaner nicht müssen), können sich, so Bush, nicht vor den USA verstecken, die alle, einen nach dem anderen, töten oder gefangen nehmen werden: "Wir haben noch nicht alle Terroristen erwischt, aber sie befinden sich auf der Flucht. Und wenn sie genau hinhören, werden sie hinter sich die mächtigen Fußtritte der Vereinigten Staaten von Amerika hören."

Über mögliche Motive und Ursachen des Terrorismus verliert Bush wie üblich kein Wort. Beseitigung heißt die Strategie. Die Losung ist einfach: Da die USA die Freiheit verkörpern, ist jeder, der sich gegen die USA wendet, auch gegen die Freiheit. Das aber kann niemanden, auch angesichts des gegenwärtigen Umgangs der USA mit Menschenrechten und internationalen Abkommen, wirklich überzeugen, weswegen die Demonstration von Macht für die US-Regierung tatsächlich alternativenlos sein könnte:

"Wir haben eine gewaltige Koalition von Menschen mit diesem Prinzip verpflichtet: Entweder seid ihr für uns oder ihr seid für den Feind. Entweder seid ihr für diejenigen, die die Freiheit lieben, oder für diejenigen, die unschuldiges Leben hassen."