Magnetfeld des Mondes

Wesentliche Aufschlüsse über die Evolution von Himmelskörpern

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In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature bieten Dave R. Stegman, A. Mark Jellinek und Mark Richards von der University of California in Berkeley, Stephen A. Zatman von der Washington University sowie John R. Baumgardner vom Los Alamos National Laboratory eine Erklärung an, wie ein Magnetfeld des Mondes vor langer Zeit entstanden sein könnte und später wieder verschwunden ist.

Mond, Bild: NASA

Der einzige natürliche Satellit der Erde ist in vielen Aspekten immer noch rätselhaft. Zu den ungeklärten Fragen gehört auch das lunare Magnetfeld. Heute besitzt der Mond kein umfassendes Magnetfeld, aber von den Apollo-Missionen (vgl. Heute vor 30 Jahren verließ der letzte Mensch den Mond) zur Erde gebrachte Gesteinsproben lassen vermuten, dass es dort vor 3,9 bis 3,6 Milliarden Jahren vorübergehend eines gab.

Magnetfelder geben wesentliche Aufschlüsse über die Evolution von Himmelskörpern. Planeten wie die Erde oder der Gasgigant Jupiter haben eigene innere Dynamos, mit denen sie ihre Magnetfelder schaffen und aufrecht erhalten. Vollständig verstanden ist auch der terrestrische Geodynamo noch nicht, aber die Geophysiker gehen davon aus, dass das Erdinnere wie ein überdimensionaler natürlicher Generator funktioniert, das bedeutet, die Interaktion der Flüssigkeitsströme im äußeren, flüssigen metallischen Kern, dem Mantel und die Erddrehung sorgen durch mechanische Energie für die Erzeugung eines Magnetfeldes (vgl. Schalenbau der Erde). Die elektrische Leitfähigkeit des geschmolzenen Eisens im Erdinnern ist hoch. Die elektrischen Ströme sind von magnetischen Feldern umgeben.

Das vom Erddynamo erzeugte Magnetfeld ist in sich nicht gleichförmig und nicht stabil. Das Hauptfeld besteht aus einem symmetrischen Teil, dem Dipolfeld, dazu kommen in weit geringerem Umfang, sozusagen als Inseln, asymmetrische Anteile, die von entsprechenden Stromsystemen herrühren. Das Erdmagnetfeld ist heute nach Süden ausgerichtet, wahrscheinlich sind wir aber gerade wieder in einer Phase bevorstehender Umpolung (vgl. Umpolung im nächsten Jahrtausend). Eine wichtige Rolle bei der Generierung des planetaren Magnetfelds spielt die Konvektion, d.h. Wärme-Übertragung durch Strömung von Flüssigkeiten oder Gasen, die zur Ausdehnung oder Verdichtung von Materie führt.

Die Gruppe um Stegman ist der Problematik eines lunaren Geodynamos mithilfe eines dreidimensionalen Simulationsmodells nachgegangen. Bisher ließ sich mit den herkömmlichen Modellen nicht erklären, wie es dem Mond gelungen sein könnte, seinen inneren Dynamo mehrere hundert Millionen Jahre lang am Laufen zu halten. Aber Stegman und Kollegen bedienten sich modernster Computertechnik, legten die bekannten Modelle des Erdmagnetfeldes zugrunde und bezogen die speziellen chemischen Eigenschaften im Mondinnern in ihre Berechnungen mit ein. Dave Stegman sagte dazu:

Dieses dreidimensionale Konvektionsmodell ergibt eine elegante Erklärung für das Magnetfeld, das Astronauten auf dem Mond entdeckt haben. Falls dieses Modell korrekt ist, wäre es das erste Mal, dass die thermale Geschichte eines Planeten inklusive der Erde völlig verstanden würde, und das wäre ein Meilenstein, um die Geschichte aller Planeten wie auch Mars und Erde zu verstehen.

Modell des Mondes mit dem enormen Superplume von heißem Gestein (in Rot), das zur Oberfläche empor "gerülpst" wird. Bild: UC Berkeley

Die Modellberechnung zeigte, dass der Mond nach seiner Entstehung vor 4,5 Milliarden Jahren durch die Kollision der Erde mit einem gigantischen Meteoriten sich langsam abzukühlen begann und dabei Schichten verschiedener Dichte unter seiner Oberfläche bildete. Die schweren Elemente sanken ins Innere und die leichteren bildeten einen dicken Mantel darum herum. Dabei entstand eine dichte Schicht, in der sich radioaktive Elemente anreicherten. Durch ihre Dichte sank sie ab, der radioaktive Zerfall sorgte für Erwärmung und der Mond begann die heiße Materie "auszurülpsen", das heißt, sie stieg in Eruptionen zur Oberfläche empor. Das tat sie in einer Art Fahnen- oder Federform, weswegen die Forscher diese Formationen als Superplumes bezeichnen. Durch diese Konvektion wurde der lunare Dynamo in Gang gesetzt und eine Weile betrieben, bevor er erlosch. Das daraus resultierende Magnetfeld war ein Zehntel Gauss stark, was einem Fünftel der Stärke des irdischen entspricht.

Das Modell muss aber erst noch bestätigt werden, zumal die paläomagnetischen Analysen vom Mond umstritten sind. Die magnetischen Spuren im Gestein könnten auch durch Meteoriteneinschläge auf der Mondoberfläche entstanden sein. Dennoch meint Maria T. Zuber vom MIT in Massachusetts in ihrem begleitenden News&Views-Artikel:

"Obwohl die Resultate der vorliegenden Studie keinen echten Beweis für einen frühen lunaren Dynamo darstellen, demonstrieren sie doch die theoretische Möglichkeit eines Dynamos... Weitere Simulationen, fortgeführte Analysen der paläomagnetischen Eigenschaften der lunaren Proben sowie eine in geringer Höhe vorgenommene, globale Kartierung der magnetischen Signatur des Mondes werden erforderlich sein, um die komplizierte Natur des lunaren Magnetismus wirklich verstehen zu können."

Das wird wohl bald geschehen, denn es gibt einen neuen Wettlauf um Ladungen auf dem Mond, dabei sind die Japaner, die Inder und die Chinesen, die alle bemannte Missionen planen (vgl. Der lange Marsch in den Weltraum).