Clonaid - eine Seifenblase?

Die Anhörung

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Mit Spannung wurde die Anhörung vor dem Broward County Circuit Court erwartet. Richter John Frusciante wollte antragsgemäß die Überwachung des Babys "Eve" von Staats wegen veranlassen: "Ich bin hier, um für die Sicherheit des Kindes und seinen Schutz einzutreten," erklärte er. Begleitet von Anwälten des Department of Children & Families kam Rechtsanwalt Bernard Siegel, der den Stein ins Rollen gebracht hat. Clonaid und die Raeliens wurden von den Anwälten Jonathan Schwartz und Barry Wax vertreten. Die Beklagten waren gar nicht erst erschienen.

Bild: Clonaid

Bernard Siegel musste zugestehen, dass er von der Firma Clonaid weder eine Geschäftsadresse, noch eine Registriernummer oder gar Geschäftsunterlagen gefunden habe, und sich ausschließlich auf die Interviews von Frau Brigitte Boisselier bezieht. Clonaids Anwälte gaben zu verstehen, dass sie das Gericht in der Frage nicht für zuständig halten: "Das Kind war niemals in Florida, ist dort nicht geboren und auch nicht gezeugt worden. Die Eltern wollen anonym bleiben," erklärte Jonathan Schwartz. Der Anwalt verneinte, dass er Eltern und Baby gesehen habe, und antwortete auf die Frage: Existiert das Kind überhaupt? mit der Feststellung: "I have no idea." Clonaids Vizepräsident Thomas Kaenzig, aus Las Vegas telefonisch vernommen, bestätigte, dass nirgendwo auf der Welt eine Firma namens Clonaid registriert sei, und er persönlich für seine Tätigkeit nicht bezahlt werde. Trotzdem soll in einer Woche Clonaids Präsidentin vor Gericht auftreten.

Claude Vorilhon, der Guru der Raeliens, sowie Brigitte Boisselier, Präsidentin einer nicht-existenten, sozusagen virtuellen Clonaid-Firma, ziehen eine Show ab. Einige Hundert Anhänger, die am vergangenen Wochenende in Montreal zusammenkamen, waren begeistert. Mit einer Millionenspende wollen sich die Raeliens in eine bisher unbedeutende politische Partei in Quebec einkaufen. Vielleicht auch nur ein weiteres Hirngespinst? Dennoch verändern Vorilhon und Boisselier unmerklich die Welt, weil sie die Grenzen zwischen Realität und Phantasie verwischen. "Menschliches Klonen ist jetzt und heute machbar," bestätigt der aufgeklärte Bürger in vereinzelten Befragungen. Die weltweite Kampagne wird deshalb überall begierig aufgegriffen und kommentiert.

Bleibt die Frage, welche Rolle den Anwälten und dem Richter zugedacht sind. Warum lässt sich Bernard Siegel auf ein Verfahren ein, obwohl er keine Firma Clonaid dingfest machen kann? Und die Anwälte Jonathan Schwartz und Barry Wax: waren sie sich bewusst, dass sie eine Scheinfirma vertreten? Es hat schon etwas Surreales.