Große Antikriegskundgebung in New York

Die US-Regierung ist im In- und im Ausland gegen die Demokratie

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Ronda Hauben

In Städten auf der ganzen Welt gab es am Samstag Demonstrationen. Aber nicht in New York City. Protestierenden wurde nicht nur das Recht auf eine Demonstration verweigert, es wurden auch viele Menschen daran gehindert, an der Kundgebung teilzunehmen. Polizisten auf Pferden nahmen Protestierende fest und schlugen auf Demonstranten ein, um sie daran zu hindern, sich der offiziell erlaubten Kundgebung auf der First Avenue anzuschließen. Man schätzt, dass bis zu einer Million Menschen am Samstag in New York City waren, um gegen den von der US-Regierung geplanten Krieg im Irak zu protestieren.

"Die Politiker New Yorks wollten uns hier nicht", sagte einer der Demonstranten. "Sie versuchten es mit allen möglichen Straßensperren. Wir ließen sie nicht gewinnen. Wir sind hier." Ein anderer Demonstrant erklärte: "Man muss sich das einmal vorstellen, dass Menschen auf der ganzen Welt dies tun. Es ist die einzige Möglichkeit des Überlebens. Jeder kam wegen desselben Grundes: Nein zum Krieg."

Ein Student von der Cornell University sagte im Hinblick auf die angebliche Terroristenwarnung mit "code orange", die von der Stadtverwaltung und der Regierung benutzt wurde, um den Protestierenden am Samstag das Recht auf einen Demonstrationszug zu verwehren: "Die Stadt hat eine miese Leistung erbracht. Sie genehmigten eine Versammlung, aber ließen die Menschen dann nicht hinkommen. Dass die Erlaubnis zu einem Demonstrationszugs nicht gegeben wurde, ist empörend. Der ganze code orange ist ein Schwindel."

Die US-Regierung hatte Gesandte nach New York City geschickt, um sicher zu stellen, dass der Richter eines Berufungsgerichts die Entscheidung der Stadt unterstützt, keinen Marsch zu erlauben. Den Protestierenden wurde hingegen eine Kundgebung gestattet. Wie sich herausstellte, verweigerte die Polizei aber einer großen Zahl von Protestierenden das Recht, sich dieser Kundgebung auf der First Avenue anzuschließen.

Es war ein kalter Tag in New York City am Samstag. Die Menschen kamen in Zügen und Bussen von anderen Städten, um gegen den von der US-Regierung geplanten Krieg gegen den Irak zu protestieren. Sie kamen aus ganz New York mit der U-Bahn, mit dem Bus oder auf dem Fahrrad. Es kamen Junge und Alte, Studenten und Rentner, Gewerkschaftsmitglieder und Kirchenangehörige. Die Stadt hatte für den Protest eine Kundgebung auf der First Avenue einige Blocks nördlich der Vereinten Nationen genehmigt. Die Kundgebung reichte nach Berichten von der 51. bis zur 84. Straße. Doch die Menschen waren Straße für Straße in Metallbarrikaden eingesperrt. Die Polizei beschränkte und verweigerte in vielen Fällen den Menschen das Recht, auf den Bürgersteigen oder über Kreuzungen zu gehen, um zur First Avenue zu gelangen.

Es gab zahlreiche Berichte darüber, dass Protestierende von der Polizei verletzt und festgenommen wurden, um sie an der Teilnahme an der Kundgebung zu hindern. Wer wegen der Polizeisperren nicht zur First Avenue kommen konnte, blieb in der 2nd oder 3nd Avenue. Auch noch im nächsten Block, in der Lexington Avenue, gab es Protestierende. In diesen Straßen schlugen, wie Teilnehmer berichteten, die berittene Polizisten auf die Menschen ein und nahmen sie fest. Beiträge in den lokalen Fernsehsendern zeigten dies später auch.

Auf der First Avenue sah man Protestierende, so weit das Auge reichte. Aber selbst hier sperrte die Polizei sie an jedem Block ab, um sie von den Kundgebungsteilnehmern im nächsten Blick zu trennen. Wer die abgesperrten Blöcke verlassen wollte, wurde von der Polizei oft zur nächsten Straßenecke geschickt, wo sie aber die Beamten nicht durchließen, sondern sie nur wieder zurückschickten. Das von der Verfassung garantierte Recht der Menschen, ihren Widerstand gegenüber einer abgelehnten Regierungspolitik Ausdruck zu verleihen, wird schwerwiegend verletzt, wenn die Polizei solche Taktiken einsetzt.

Trotzdem protestierte eine große Zahl von Menschen in New York City. Es gab viele selbstgemachte Plakate, auf denen die Kritik an den kriegstreiberischen und auf Machtdurchsetzung aufbauenden Aktivitäten der US-Regierung geäußert wurde:

"Thank you Belgium, Germany, France et al.", "Stop Mad Cowboy Disease", "Listen to the People", "Bush the Terrible", "Danke Schon Deutschland, Solidaritat","He's Not My President", "Drop Bush Not Bombs", "Democracies Don't Start Wars, We End Them", "This War is 100% Bush Shit", "Communication not Annihilation: No War Against Iraq, Netizens Unite", "U.S.A. Says No to War Against Iraq","Another Mathematician Against the war" und "I Want My Democracy Now".

Demonstranten, die aus Vermont angereist waren, sagten auf die Bitte nach einem Kommentar für Telepolis: "Wir schätzen die deutsche Haltung. Wir vertreten die Mehrheit der Meinung in unserem Land. Sie beschuldigen uns, der liberalste Staat zu sein. Deswegen sind wir hier. " Ein anderer Teilnehmer sagte: "Ich möchte Deutschland für den tapferen Widerstand gegen meine Regierung danken."

Unter den Sprechern der Kundgebung war auch ein Reservist der Army National Guard, dessen Einheit gesagt worden ist, dass es nur noch eine Frage der Zeit sei, bis sie in den Irak geschickt würden. Es gab eine palästinensische Frau und einen israelischen Offizier, der den Kriegsdienst verweigert hatte. Es gab Dichter, Politiker und viele Geistliche aus unterschiedlichen Kirchen. Es gab Aufrufe zum Frieden in vielen Sprachen, auch auf arabisch und hebräisch. Es gab einen Dissidenten, der in den 80er Jahren aus dem Irak geflohen war und erläuterte, dass es nicht möglich sei, den Menschen im Irak mit Bomben zu einer Demokratie zu verhelfen.

Einer der Sprecher sagte: "Die schlimmsten Regierungschefs der Welt besitzen die schlimmsten Waffen der Welt."

Eine amerikanische Demonstrantin meinte, dass "die New Yorker Radiosender mit Ausnahme von ABAI, dem Antikriegssender, nicht über die Kundgebung berichtet haben". Gleichwohl meinte sie: "Das war das erste Mal, dass ich mit dem Rest der Welt verbunden fühlte."

Der Anschlag auf die Bürgerechte, wie er durch die Behandlung der Protestierenden am Samstag in New York City vorgenommen wurde, zeigt die fehlende Achtung der demokratischen Rechte seitens der Bush-Regierung und der Stadtverwaltung von New York City. Manche fragen sich, ob der Plan der Bush-Regierung, den Irak anzugreifen, auch ein Vorwand dafür ist, den Menschen die Verfassungsrechte in den USA zu nehmen.

Auch wenn die amerikanischen Menschen mit einem Wahlsystem konfrontiert sind, an dem für viele nur zwei unterschiedliche Seiten derselben Partei teilnehmen können, gibt es eine lange Geschichte des Protests in den USA. Oft richtete sich der Protest gegen brutale Unterdrückung. Aber das Vorgehen der US-Regierung in den USA zeigt, dass es hier wenig Unterstützung für ihre Politik gibt. Nur durch eine Kampagne, die Furcht und Terror in den USA verbreitet, kann die US-Regierung mit der Hilfe von vielen Politikern aus beiden Parteien im Kongress ihren Anschlag auf andere Länder und Menschen auf der ganzen Welt ausführen. Die Antikriegsbewegung in den USA braucht von friedensliebenden Menschen auf der ganzen Welt Hilfe, um dem Trend zum Faschismus in der US-Regierung wirkungsvoll entgegen zu treten. Die Demonstrationen und Kundgebungen am 15. Februar haben gezeigt, dass es eine solche Unterstützung gibt. Die Menschen, die alles taten, was sie konnten, um am Samstag in New York City gegen die Politik von Bush zu protestieren, sind durch die großen Demonstrationen auf der ganzen Welt gestärkt worden.