Bildbereinigung in den Medien

Mit angedrohten Bombardierungen von Hotels und Satellitenverbindungen auf der einen und im Militär "eingebetteten" Journalisten auf der anderen Seite will das Pentagon die Kontrolle über die Kriegsberichterstattung sichern

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In den vergangenen Tagen häuften sich in amerikanischen Zeitungen und Zeitschriften - aber nicht nur dort, denn schließlich werden "New York Times" und "Washington Post" von vielen nicht-amerikanischen Journalisten schlichtweg abgekupfert - Berichte und Reportagen von den militärischen Frontlinien aus Kuwait, von dort also, wo der Einmarsch in den Irak demnächst beginnen soll. Tenor der human interest stories: Soldaten sind auch nur Menschen. Dass genau diese Art des Militärjournalismus ganz im Sinne der Pentagon-PR-Experten verläuft, ist kein Zufall. Es ist das Ergebnis von "Embedding" (Der "eingebettete" Reporter).

Das für alle Einsätze der US-Luftwaffe zuständige Combined Air Operations Center

"The orchestration will be everything, the pictures often posed, the angles chosen by "minders", much as the Iraqis will try to do the same thing in Baghdad. Take yesterday's front-page pictures of massed British troops in Kuwait, complete with arranged tanks and perfectly formatted helicopters. This was the perfectly planned photo-op.

Dies sagte der britische Nahostkorrespondent Robert Fisk, der in Beirut lebt und für den "Independent" schreibt, vor wenigen Tagen voraus. Er ist einer der wenigen professionellen Journalisten mit großer Erfahrung in der Region, die sich der Reichweite des Pentagon, aber auch der des irakischen Regimes zu entziehen versuchen, um unabhängig berichten zu können. Inzwischen befindet auch er sich in Bagdad. Schon im letzten Golfkrieg war Fisk mit nur wenigen anderen auf eigene Faust ins Kriegsgebiet gereist.

Die große Frage ist freilich, wie lange Journalisten, die die "Embedding"-Angebote der amerikanischen PR-Strategen nicht angenommen haben, ihrer Arbeit im Irak nachgehen können. Denn das Pentagon hat vor Kurzem alle Unterkünfte, in denen westliche Reporter von TV-, Radio- und Printmedien untergebracht waren, zu militärischen Zielen erklärt: etwa das Raschid-Hotel sowie weitere Hotels, die unter der Kontrolle des irakischen Informationsministeriums stehen.

Die Tatsache, dass George Bush bei seiner Rede an die Nation am Dienstag alle Journalisten im Irak aufforderte, unverzüglich das Land zu verlassen, lässt vermuten, dass das Pentagon in einer ersten Welle von Bombardierungen Ernst machen wird. Die BBC-Kriegskorrespondentin Kate Adie berichtete vor wenigen Tagen im Irish Radio, ein Pentagon-Beamter habe ihr zu verstehen gegeben, elektronische Anlagen, etwa auch Satellitenverbindungen, seien Angriffsziele - selbst wenn sich am Satellitentelefon ein westlicher Journalist befindet - in den Worten des Beamten: "Who cares ? ... They' ve been warned."

Das Ziel ist klar: Vor allem Bilder, die unabhängig von den Wünschen Washingtons um die Welt gehen könnten, müssen präventiv verbannt werden. Zu befürchten ist auch, dass das Internet als zuverlässige Informationsquelle ausfallen wird. Denn die amerikanischen Militärs haben angekündigt, in den ersten Stunden der Angriffe spezielle Waffen einzusetzen, mit denen Telefonleitungen und Computeranschlüsse zerstört werden sollen (Schon wieder eine neue "Wunderwaffe"). Einen Peter Arnett von CNN - er war Mitte Januar 1991 in Bagdad geblieben und hatte wenigstens Kriegsbilder vom Dach des Raschid-Hotels aus übertragen können - soll es nicht wieder geben.

Ebenso wenig wollen sich die amerikanischen Militärs nachsagen lassen, die Pressefreiheit einzuschränken. Das Schlagwort lautet "Embedding" - einbetten. Und die Strategie ist erfolgreich. Rund 600 Journalisten sind vom Pentagon zur Begleitung auf die Militärstützpunkte eingeladen worden. Die Mehrzahl arbeitet für amerikanische TV-Networks. Es handele sich dabei um psychologische Kriegsführung, schrieb Edward A. Gargan von der Tageszeitung Newsday aus eigener Anschauung - vom Pentagon "eingebettet" in Kuwait. Hunderte von Journalisten aus Dutzenden von Ländern würden seit Tagen in der Wüste herumgekarrt. Nicht wenige amerikanische Offiziere müssen angesichts des Kriegshungers der Journaille und des Karrieredurstes so mancher Schreiber dabei schon gut abgesahnt haben.

"And while most are on official lists and have been approved by the Department of Defense, dozens of others - the number is not certain - have cut private deals with individual commanders to document their war. Some have spent lavishly to ensure the success of their private arrangements, buying everything from desert-camouflaged humvees to boxes of Havana cigars to distribute to the troops, or at least to their commanders."

Der Marsch auf Bagdad hat längst begonnen.