Im Inneren eines Asteroiden

Neuer Einblick in die Entstehung unseres Sonnensystems

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Ein deutsch-französisches Wissenschaftler-Team hat die mineralogische Geschichte eines Steinmeteoriten genauer unter die Lupe genommen. Sie veröffentlichen in der neuesten Ausgabe des Magazins Nature ihre Ergebnisse.

Der Schichtenaufbau des Inneren eines Asteroiden, der an eine Zwiebel erinnert. Die H-Chondriten stammen vermutlich von einem Mutter-Asteroid. Sie werden je nach ihrer Zusammensetzung durch Nummern kategorisiert. H6-Chondriten stammen aus dem heißen Innern des Asteroiden, H3 aus der kühleren äußersten Schicht. Bild: Harvard Smithonian Center for Astrophysics/John A. Wood

Chondrite sind die häufigste Form der Steinmeteoriten, mehr als 85% der auf der Erde aufschlagenden Gesteinsbrocken gehören zu dieser Kategorie. Sie sind die ursprünglichsten Meteoriten, denn sie stammen aus der Zeit der Entstehung des Sonnensystems. Ihre Struktur und Zusammensetzung lässt Rückschlüsse auf ihren Entstehungsprozess zu, vor allem über Schmelztemperaturen und Abkühlgeschwindigkeiten.

Ein Teil von ihnen beinhaltet eine Menge Nickeleisen, deshalb werden sie nach der englischen Bezeichnung "High-Iron" H- Chondrite genannt. Sie werden durch Nummern in verschiedene petrologische Klassen unterteilt (vgl. H-Chondrite). In der Planetologie gibt es schon seit geraumer Zeit die Theorie, dass die H-Chondrite möglicherweise alle von einem Mutter-Asteroiden stammen.

Mario Trieloff (Mineralogisches Institut der Universität Heidelberg), Elmar Jessberger (Institut für Planetologie, Universität Münster), Ingrid Herrwerth (Max-Planck-Institut für Kernphysik), Jens Hopp (Mineralogisches Institut, Heidelberg) sowie Christine Fiéni, Marianne Ghélis, Michèle Bourot-Denise und Paul Pellas (Paris Muséum d'Histoire naturelle) haben nun einen tiefen Blick in die H-Chondrite geworfen und bestätigen diesen Ansatz. Das Team untersuchte Proben dieser Meteoriten und stellte fest, dass sie alle Bruchstücke eines Asteroiden sind und bei dessen Formung verschieden starker Hitze ausgesetzt waren.

Diese Erkenntnisse über die Kleinplanetenbildung gibt einen neuen Einblick in die Entstehung unseres Sonnensystems. Dieser Prozess begann vor nach der Bildung der Ursonne aus einer interstellaren Wolke aus Gas und Staub vor ungefähr 4,6 Milliarden Jahren. Die Sonne war inmitten dieser Wolke und um sie herum klumpte sich die Materie zu kleineren festen Körpern, den so genannten Planetesimalen zusammen, aus denen dann in der Folge auch die Planeten entstanden. Zwischen Mars und Jupiter kreisen aber immer noch kleinere Objekte, die Asteroiden. Diese kalten Gesteinsbrocken stoßen immer wieder zusammen, zerbrechen, werden aus ihrer Bahn geworfen und gehen dann im Zweifelsfall auch als Sternschnuppenschauer auf die Erde nieder (vgl. Crash im Asteroidengürtel).

Die Forscher untersuchten mithilfe der Thermochronometrie gezielt die Temperaturgeschichte der Meteoritenproben. Dabei fassten sie vor allem die Zerfallswärme verschiedener Isotopen ins Auge, die zu einer Aufheizung des Innern des Asteroiden geführt haben. Der Hauptautor, Mario Trieloff erklärt:

Unsere Forschungsergebnisse erlauben die detaillierte Rekonstruktion der Abkühlungsgeschichte eines Asteroiden im frühen Sonnensystem. Sie zeigen, dass die Zerfallswärme des kurzlebigen Isotops 26Al zur effektiven Erwärmung der Kleinplaneten geführt hat. Somit muss die Planetesimalbildung sehr schnell erfolgt sein.

Wir haben Meteoritengestein, das aus unterschiedlichen Tiefen eines solchen nicht aufgeschmolzenen Asteroiden stammt, mit verschiedenen hochpräzisen Datierungsmethoden untersucht, die den Zerfall der natürlichen radioaktiven Isotope 40K und 244Pu nutzen. Dadurch konnte die Abkühlgeschichte dieses Asteroiden detailliert rekonstruiert werden. Es zeigte sich, dass die am stärksten - bis auf etwa 850°C - erhitzten Gesteine am längsten - etwa 160 Millionen Jahre - zur Abkühlung bis auf etwa 120°C benötigten, also aus dem Zentrum des Körpers stammen.

Die Resultate der Gruppe bestätigen die aktuellen Theorie, dass sich die Planeten in den Staubhüllen unserer Sonne sehr schnell gebildet haben (vgl. Sterne aus Nebel geboren). Das gilt aber vermutlich nicht nur für unser Sonnensystem, sondern auch für allen anderen im Universum und bedeutet, dass Planetenbildung ein sehr wahrscheinliches sowie häufig vorkommendes kosmisches Phänomen rund um Sonnen ist.

Trieloff und Kollegen legen eine umfassende Aufschlüsselung der Temperaturgeschichte eines speziellen Planetesimals vor, die sie aus den Eigenschaften der Meteoriten abgelesen haben, die einst in verschiedenen Schichten innerhalb dieses Asteroiden residierten. (...) Diese Forschungsarbeit ist ein posthumer Triumph des Co-Autors Paul Pellas, dessen Hauptlebenswerk in der Entwicklung der Fission-Track-Methode bestand,

kommentiert John Wood vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in seinem begleitenden News&Views-Artikel.