Toward other Earths - Toward extraterrestrial Life

Die Suche nach erdähnlichen Planeten und außerirdischem Leben avanciert zur multinationalen Anstrengung - Weltraum-Observatorien TPF (NASA) und DARWIN sollen 2014 Atmosphären erdähnlicher Exoplaneten nach chemischen "Lebensspuren" abtasten

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Noch nie war die Aufbruchstimmung so deutlich zu spüren, noch nie der Optimismus so groß wie auf der ersten internationalen Darwin-TPF-Konferenz, die am Freitag in Heidelberg zuende ging. Man hatte das Gefühl, als sei der erste erdähnliche Planet förmlich zum Greifen nahe, als sei der erste Nachweis einer wie auch immer gearteten außerirdischen Lebensform nur noch eine Frage von einigen Jahren. Spätestens im Jahr 2014, wenn die beiden höchst anspruchsvollen internationalen Weltraum-Missionen "DARWIN" (ESA) und "Terrestrial Planet Finder" (NASA) starten, könnte hierauf eine erste Antwort vorliegen. Auf dem viertägigen Meeting "Toward other Earths" (22.-25.04.), an dem über 200 Wissenschaftler aus dem In- und Ausland teilnahmen, wurde zur Vorbereitung und Koordination beider Missionen der Startschuss zu einem langen Rennen gegeben.

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Angenommen Zukunftsmusik erklänge tatsächlich in melodischen Tonfolgen, dann müsste das, was auf der am Freitag letzter Woche in Heidelberg in der vom Rokoko-Stil geprägten Stadthalle zuende gegangenen ersten Weltkonferenz Toward-other-Earths (22. bis zum 25. April) intoniert wurde, ein wahrer Ohrenschmaus gewesen sein. Denn was im Rahmen der Vorbereitungskonferenz der beiden Weltraummissionen Terrestrial Planet Finder (TPF/NASA) und DARWIN (ESA) von den aus Australien, Chile, Russland, Ungarn und ESA-Mitgliedsstaaten sowie USA stammenden über 200 Wissenschaftlern, Raumfahrtexperten und Ingenieuren aus den verschiedensten Fachgebieten angestimmt wurde, gipfelte in einem interdisziplinären Konzert, an dem es an virtuosen Meistern ihres Faches fürwahr nicht mangelte.

Symbolischer Startschuss

Dabei diktierten bei der vom Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg ersten geplanten Konferenz dieser Art zwei spannende Fragen ganz klar das Geschehen, auch wenn sie in den "Lectures" nur am Rande Erwähnung fanden - dafür aber intern um so mehr diskutiert wurden: Wie viele erdähnliche Exoplaneten werden TPF und DARWIN in der nächsten Dekade aufspüren? Und bei wie vielen davon werden die beiden Weltraum-Observatorien in deren Atmosphären Spuren von Sauerstoff, Methan, Ozon oder Kohlendioxid finden?

Bei alledem standen aber auch Fragen nach dem technologischen Entwicklungsstand und der zu erwartenden Entwicklung bis zu DARWIN und TPF zur Disposition. Ferner noch: Welche Methoden stehen bei der Suche nach extrasolaren Planeten zur Verfügung? Wie lassen sich diese optimieren. Was sind die Vorläufer-Projekte zu DARWIN und TPF? Wie entstehen und entwickeln sich Planeten - wie Leben?

Dass angesichts dieses Fragenkatalogs der Informations- und Diskussionsbedarf der Anwesenden in Heidelberg - vor allem hinsichtlich der technologischen Entwicklung der Raumfahrtprojekte DARWIN und TPF - sehr groß war, kam der Veranstaltung nur zugute. Kein Wunder also, dass zur Vorbereitung der TPF- und DARWIN-Missionen noch eine Serie weiterer multidisziplinärer Konferenzen in Planung ist, nicht zuletzt deshalb, da es fortan unverzichtbar ist, die Raumsondenmissionen aufeinander abzugleichen und Synergien optimal zu nutzen.

Immerhin, der symbolische Startschuss, der in Heidelberg fiel und der den NASA- und ESA-Wissenschaftler-Teams, die schon seit Jahren an TPF und DARWIN herumfeilen, einen langen Arbeitsmarathon beschert, war unüberhörbar. Trotz der knappen Kassen der pekuniär angeschlagenen NASA und monetär geplagten ESA gehen die für 2014 vorgesehenen Weltraumteleskope in die nächste Runde. Und derzeit sieht es ganz danach aus, als gehe den beiden Langzeit-Projekten dabei der Atem nicht so schnell aus. Sofern sie in elf Jahren die Ziellinie überschreiten, wird die vielleicht spannendste Seite im Abenteuer-Buch der unbemannten, satellitengestützten und beobachteten Astronomie aufgeschlagen, wobei sich aber jenes Team als wahrer Sieger dieses Rennens hervortun könnte, dessen Observatorium den ersten erdähnlichen Planeten mitsamt einer Atmosphäre, in der Sauerstoff, Methan oder Ozon respektive Kohlendioxid vorhanden ist, detektiert, weil dies ein klarer Hinweis auf die Aktivität von Leben wäre.

TPF - Kurzportrait

Zu diesem Zweck wird TPF aus fünf Infrarotteleskopen bestehen, die in der Erdumlaufbahn zu einem so genannten Interferometer gekoppelt werden. Dieses kann die eingefangene Strahlung mehrfach überlagern, so dass die Bildschärfe eines 100 Meter großen Fernrohres erzielt wird. Fünf Jahre lang soll das rund 1,7 Milliarden Dollar teure Teleskop-Quintett nach erdähnlichen Planeten in bis zu 50 Lichtjahren Entfernung suchen - und zwar 100 Mal genauer als "Hubble".

Von solch rosigen Aussichten konnten die Planetenjäger, die seit 1995 insgesamt 105 extrasolare Planeten aufgespürt haben, bisher nur träumen. Trotz aller Anstrengungen entdeckten sie bislang nur Sterntrabanten, die für die Entwicklung von Leben, so wie wir es kennen, schlichtweg zu groß und zu heiß sind und eine zu exzentrische Umlaufbahn haben, die sie viel zu dicht am Heimatstern heranführt. Solche jupitergroßen heißen Gaskugeln lassen "Terrestrial Planet Finder" indes kalt. Seine Aufmerksamkeit gilt allein jenen Exoplaneten, die annähernd Erdgröße haben und die - wie unser Heimatplanet - in der so genannten habitablen Zone liegen, also den richtigen Abstand zum Mutterstern haben, um flüssiges Wasser zu besitzen.

Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, treten die Spektrographen des TPF in Aktion. Mittels einer Spektralanalyse, bei der das von Planeten reflektierte Licht in seine verschiedenen farblichen Bestandteile zerlegt wird, werten die Detektoren im Infrarotlicht die Temperatur und chemische Zusammensetzung der jeweiligen Planeten-Atmosphäre aus. Da jedes chemische Element einen unverwechselbaren Fingerabdruck im Lichtspektrum hinterlässt, verraten sich dabei auch alle Biosignaturen: alles, was indirekt auf Leben hindeutet.

"Schon vor 30 Jahren hatte ein britischer Wissenschaftler vorgeschlagen, dass das gleichzeitige Vorhandensein von Sauerstoff und etwa Kohlendioxid ein starker Hinweis auf die Existenz von Leben ist", erklärt James F. Kasting von der Pennsylvania State University, der dem Stab des TPF-Projektes angehört. Dieser Auffassung werde bis heute nicht widersprochen.

DARWIN - Kurzportrait

Die geplante ESA-Mission DARWIN besteht aus einer Flotte von acht Raumfahrzeugen, die am so genannten Lagrange-Punkt L 2 - 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt - operieren sollen, jenem Punkt auf einer Erdumlaufbahn "hinter dem Mond", wo sich die Gravitationskräfte die Waage halten, so dass Raumschiffe im Raum quasi still stehen. Ebenso wie TPF soll DARWIN erdähnliche Planeten aufspüren und in deren Atmosphären nach chemischen Spuren von Leben suchen. Sobald DARWIN nach ET und Co. Ausschau hält, zerlegt es die Infrarot-Strahlung der anvisierten Planeten in ihre verschiedenen Wellenlängen. Da Gase wie Sauerstoff oder Kohlendioxid bestimmte Wellenlängen dieser Strahlung absorbieren, kann das Fehlen dieser Wellenlängen auf das Vorhandensein der lebensnotwendigen Gase und damit möglicherweise auf Leben hindeuten.

Bild: ESA

Zu diesem Zweck bringt zuerst ein Geschwader von sechs Raumfahrzeugen die Infrarot-Weltraumteleskope in Position, die am Lagrange-Punkt 2 zu einem Interferometer zusammengeschaltet werden, um eine aus heutiger Sicht unvorstellbar hohe Trennschärfe zu erreichen. Dann folgen zwei weitere Raumsonden, wobei die Nummer sieben das Licht der Sechsergruppe bündelt und Nummer acht als Zentralstation den Kontakt mit dem blauen Planeten aufrecht erhält.

Dass die DARWIN-Raumsonden weit jenseits der Mondbahn stationiert werden, hängt mit der störenden Infrarot-Eigenstrahlung der Erde zusammen. Da sich DARWIN zur Auffindung extrasolarer Planeten auf deren thermische Eigenstrahlung im Infrarotbereich fixiert, die sich, obwohl der Planet von seiner Sonne milliardenfach überstrahlt wird, klar abgrenzen lässt, darf nicht die kleinste terrestrische Infrarot-Emission auf das Interferometer treffen. Das mag noch einfach klingen, doch die solaren Winde lassen die Späher immer wieder abdriften. Wenn die sechs Teleskopsonden ihre Lichtsignale zur Zentralstation übertragen, müssen deren unterschiedliche Weglängen ständig ausgeglichen werden. Das wiederum verlangt eine Justiergenauigkeit im Bereich von tausendstel Millimetern.

Ozon und Sauerstoff - gute Indikatoren

Diskutiert wird bei der NASA allerdings noch, ob die Ergebnisse der Spektralmethode überhaupt aussagekräftig sind. Fänden die Forscher auf einem erdähnlichen, in einer habitablen Zone gelegenen Planeten etwa Sauerstoff, der auf der Erde als Nebenprodukt der Photosynthese entsteht, und detektierten sie dort auch noch Ozon, eine andere Form des reaktionsfreudigen Sauerstoffs, wäre dies zwar ein starkes Indiz für Leben, brächte aber noch keine absolute Sicherheit, weil die Forscher viele nicht-biologische Prozesse kennen, die zu einer sauerstoffhaltigen Atmosphäre führen können (z.B. Treibhauseffekt auf der Venus). Fraglos wäre aber die Entdeckung von Ozon schon einmal ein Schritt in die richtige Richtung. Gleichwohl dürfte das beste Indiz für extraterrestrisches Leben die Anwesenheit von Sauerstoff zusammen mit Methan oder Kohlendioxid sein, weil diese Kombination auch in der Erdatmosphäre häufig anzutreffen ist.

Sollte TPF oder DARWIN dereinst einen Planeten mit Ozon und Methan finden, wäre damit aber noch längst nicht geklärt, welche Lebensformen die dafür notwendigen chemischen Prozesse in Gang gesetzt haben. Was dort lebt und wie es aussehen mag, ob hochstehende Kulturen oder "nur" Mikroben auf der fernen Welt heimisch geworden sind - dies werden die beiden "All-Fernrohre" kaum beantworten können.

Deutschland an Planetensuche aktiv beteiligt

Das Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) beteiligt sich an der Entwicklung eines der Herzstücke des Multi-Teleskop-Weltraumobservatoriums. Mit diesem Gerät, einem sogenannten Achromatischen Phasenschieber, wird das von den sechs Teleskopen eingefangene Licht in einer solchen Weise zur Interferenz gebracht, dass das Licht des gleißend hellen Zentralsterns nahezu vollständig ausgelöscht wird. Erst dadurch kann ein schwach leuchtender Planet, der diesen Stern in einem winzigen Winkelabstand umkreist, sichtbar werden. Zur Zeit werden mögliche Technologien und Materialen zur Verwirklichung dieses Gerätes untersucht.

Interferometrie ist ein zentrales Thema im Forschungsprogramm des MPIA, das an einer Reihe bedeutender weltweiter Projekte maßgeblich beteiligt ist. Neben DARWIN laufen auch andere Projekte mit interferometrischem Schwerpunkt wie etwa das Large Binocular Telescopemedusa.as.arizona.edu/lbtwww (LBT): Dieses weltweit größte Einzelteleskop besteht aus zwei 8.4-Meter-Spiegeln. Es wird in Zusammenarbeit mit Partnern aus den USA, Italien und Deutschland gebaut. Das MPIA ist federführend bei den deutschen Partnern. Das Licht der beiden Spiegel lässt sich in einer gemeinsamen Brennebene interferometrisch vereinigen.

Dazu dienen die beiden Instrumente LINK und NIRWANA, die unter Leitung des MPIA zusammen mit den Max-Planck-Instituten für extraterrestrische Physik in Garching und für Radioastronomie sowie dem Astrophysikalischen Institut entworfen und gebaut werden.