Bumsen, boms, bömse, gebomsen

Der Kampf ums starke Verb ist wichtiger denn je

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Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht ­ das wusste bereits der Geheimrat Goethe. Aber wenn er gewusst oder auch nur geahnt hätte, dass seine geliebte Sprache mal so versaubeutelt würde, wie es heute leider gang und gäbe ist, dann wäre der bedeutendste deutsche Versenschmied bestimmt schon damals auf die Barrikaden gegangen.

Genau das tut nun der Deutsche Sprachrat, der künftig die Sprachkultur in Deutschland und unsere deutsche Sprache im Ausland fördern möchte. Gegründet wurde er kürzlich von der Gesellschaft für deutsche Sprache, dem Goethe-Institut Inter Nationes und dem Institut für Deutsche Sprache. Und auf der Barrikade schwingt als Vorsitzende Jutta Limbach, ehemalige Richterin des Bundesverfassungsgerichts, den Duden oder die Fahne des sprachlichen Reinheitsgebotes ­ im Kampf gegen die falsche Benutzung des Konjunktivs, gegen die zunehmende Verwendung von Anglizismen und hoffentlich auch gegen die längst übliche Vergewaltigung des Genitivs!

Kurzum: Eine prachtvolle Idee und ein vermutlich noch prachtvoll besetzter Sprachrat, der ­ man kann es nur von ganzem Herzen wünschen - auch eines der dringlichsten Probleme unserer Zeit angehen wird; und zwar das zunehmende Verschwinden starker Verben. Selbst so beliebte starke Vertreter wie backen, erbleichen, gären, hauen, melken, pflegen, saugen, senden, triefen, weben, wenden oder zeihen sind äußerst gefährdet. Und drohen ­ auch mit feiger Duldung renommierter deutscher Wörterbücher - in das Korsett der Standardkonjugation gepresst zu werden. Das heißt: Statt beispielsweise "du sogst" sagt man dann scheinbar locker "du saugtest" oder statt "du bukst" eben "du backtest" und so weiter und so versaubeutelt fort.

Gegen diesen schlimmen, ja garstigen Trend kämpft schon seit Jahren die Gesellschaft zur Stärkung der Verben und unterbreitet dabei im Internet ständig neue starke Konjugationen wie sagen, sug, süge, gesugen oder flüstern, florst, flörste, geflorsten. Und die Kämpfer fürs starke Verb greifen dabei auch gern Anregungen auf ­ wie beispielsweise die eines lieben Kollegen von heise.de, der vor einiger Zeit eine starke Stammform für den Konjunktiv II von "gefährden" erfunden hat: "Internet-Apotheken geben unzureichende Informationen bei den von ihnen verkauften Arzneimittel ab und geführden somit die Gesundheit der Käufer, ist das Ergebnis einer Studie der australischen Monash University."

Leider war der Kollege dann doch nicht stark genug, um sich mit dieser notwendigen Sprachinnovation bei seinen Kollegen endgültig durchzusetzen - wie dieser Link zeigt. Dennoch sollten sich die Freunde der starken Verben von solchen kleinen Rückschlägen nichts ins Bockshorn jagen lassen. Ob ihre Anregungen allerdings vom deutschen Sprachrat schon bald aufgegriffen und auch umgesetzt werden, daran muss leider wohl doch ein wenig gezwulfelt werden. Aber schön wäre es schon.