Wie du mir, so ich dir

Eine Tauschbörse für Organspenden in den USA will für die Mitglieder die Chance erhöhen, bei Bedarf an ein benötigtes Organ zu kommen

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In Deutschland steht wie in anderen Ländern einer wachsenden Zahl von Menschen, die dringend Organe zum Transplantieren suchen, eine bei weitem nicht ausreichende Zahl von Menschen gegenüber, die sich bereit erklären, Organe im Todesfall zu spenden. Derzeit warten 11.500 Menschen in Deutschland auf eine Transplantation. Seit Jahren stagniert jedoch die Zahl der Transplantationen bei etwa 4.000. Zu wenige Menschen erklären sich als Organspender. Die Stimmen mehren sich daher, den "Organmarkt" aufgrund des Organmangels zu deregulieren, zumal der illegale Handel mit Organen große Gewinne verspricht. In den armen Ländern erhalten "Spender" bestenfalls ein paar Tausend Dollar, die reichen Empfänger zahlen hingegen teilweise Hunderttausende. Eine Organisation in den USA versucht einen Zwischenweg zu finden und hat eine Art Tauschbörse gestartet.

Die Schwierigkeit, die Lücke zwischen Organspendern und Menschen zu schließen, die Organe benötigen, liegt in der rechtlichen Einschränkung des Organhandels. Nach dem deutschen Transplantationsgesetz ist der Handel mit Organen verboten. Selbst der Versuch ist strafbar. Die Transplantation darf nur in bestimmten Kliniken und vermittelt durch Eurotransplant erfolgen. Die Verteilung hat "gerecht" zu erfolgen. Die Spender oder ihre Familienangehörigen, die sich einverstanden erklären müssen, erhalten kein Geld. Die Spende geschieht also völlig altruistisch, wenn auch mit der wachsenden Zahl der Menschen, die erklären, im Todesfall ihre Organe zu spenden, auch die Chance steigen würde, selbst schneller im Notfall ein Organ zu erhalten. Lebendspenden ist nur für Verwandte ersten oder zweiten Grades, Ehegatten, Verlobte oder Personen, die in besonderer persönlicher Beziehung stehen, möglich. Eine Kommission muss für die Erlaubnis sicherstellen, dass keine Gewinnabsichten vorliegen und die Spende freiwillig geschieht.

In Europa ist der Organhandel nach dem Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte und der Menschenwürde im Hinblick auf die Anwendung von Biologie und Medizin aus dem Jahr 1998 verboten. In den meisten Ländern ist der Organhandel untersagt. Aber es gibt Lücken und kriminelle Organisationen, die dennoch einen Handel oder auch einen Organtourismus ermöglichen. Es wurden auch bereits Fälle von Entführungen und Ermordungen von Kindern und Erwachsenen zur Entnahme von Organen berichtet.

Organhandel ist beispielsweise aus Indien bekannt, in dem zwar der Handeln verboten ist, aber auch nichtverwandte Spender Organe anbieten können. So wurde beispielsweise in der indischen Provinz Punjab Ende des letzten Jahres ein Organhandelsnetzwerk von Ärzten ausgehoben, die in fünf Jahren in 400 Fällen mindestens 30 Millionen Dollar umgesetzt haben sollen. Hier sollen die Spender um die 500 US-Dollar erhalten haben. Gelegentlich wurde diese auch mit Drohungen eingeschüchtert, sie wegen ihres Vergehens anzuzeigen. Nach der Operation wurden sie in aller Regel unzureichend behandelt. Bekannt wurden im Frühjahr auch in Deutschland mehrere Fälle des Organhandels. So hatte ein israelischer Patient mehrere Hunderttausend Dollar an einen Spender aus Moldavien für eine Niere bezahlt. Operiert wurde in Deutschland, der Arzt sagte, er habe nicht gewusst, dass Zahlung im Spiel war. Ein 48 Jahre alter deutscher Mann, der seine Niere im Internet für 60.000 Euro angeboten hatte, wurde zu vier Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Das Gericht wollte damit ein Zeichen gegen den Handel im Internet setzen

Wie ein jüdischer Arzt letztes Jahr berichtete (Lancet 2002: 359: 971-73), findet ein Organtourismus in andere Länder statt. Oft handelt es sich bei Nierentransplantation um Indien, für arabische Patienten ist zumindest letztes Jahr noch Irak hoch im Kurs gewesen. Eine Nierentransplantation in Indien mitsamt Reise von Israel aus kostete letztes Jahr 15.000 US-Dollar, dasselbe im Irak um die 7.000 Dollar, was allerdings für Juden nicht in Frage kam. Die Organsucher hätten im Irak die Spender getroffen, "oft auf der Straße in einer Gruppe von miteinander konkurrierenden Spendern", die jung und gesund waren und 500 Dollar für eine Niere erhielten. Ansonsten kämen Länder wie Bulgarien, Türkei, Georgien, Russland und Rumänien in Betracht. Die Patienten aus Israel würden in die Länder geflogen, in denen die Spender gesucht werden, müssten aber dann um die 200.000 US-Dollar und mehr zahlen. Auch Menschen aus den USA, die mit den Empfängern nicht verwandt sind, verkaufen Organe, während natürlich weit mehr Organe von Amerikanern gekauft werden.

Das israelische Gesundheitsministerium hat bereits ein Gesetz vorbereitet, das eine finanzielle Vergütung, verstanden als Entschädigung, für die Spende einer Niere von Nichtverwandten möglichen würde. Auch in anderen Ländern wird diskutiert, ob der Mangel an Organspenden durch ein legalen, aber kontrollierten Handel behoben werden könnte und dürfte. Eine Möglichkeit, mit dem Organmangel umzugehen, könnte auch aus dem belgischen Modell folgen. Dort gilt die "stillschweigende Einwilligung", d.h. im Gegensatz zu den üblichen Opt-in-Regelungen eine Opt-out-Regelung. Wer seine Organe nicht spenden will, muss dies explizit in einem Register kund tun. Da nun aber die Verweigerer bekannt sind, könnte dies auch bei anhaltendem Organmangel dazu führen, dass diese im Ernstfall benachteiligt werden.

Werbeargumente von LifeSharers:

  1. Über 6.200 Amerikaner starben im Letzten Jahr, während sie auf der Warteliste für ein lebensrettendes Organ waren - einer alle 90 Minuten.
  2. Über 82.000 Mesnchen befinden sich jetzt auf der Warteliste.
  3. Über 40.000 Menschen werden dieses Jahr auf die Warteliste kommen - einer alle 13 Minuten.
  4. Die Warteliste wächst fünf Mal schneller als die Zahl der Spender.
  5. Über die Hälfte der Menschen, die ein Organ benötigen, werden sterben, bevor sie eines erhalten.

Das Problem sei, so ein Kommentar in USAToday, dass die Organspende heute nur auf Altruismus beruhe: "Überlasse deine Organe anderen, weil das gut ist. Das ist bewundernswert, aber sehr viel mehr geschieht im Leben durch ein wenig Selbstinteresse." Man müsse nicht gleich den Organmarkt ganz öffnen, um neue Wege zu finden, das Spenden attraktiver zu machen. So könnten Spender vereinbaren, dass nach ihrem Tod und der Entnahme von Organen bestimmte Menschen einen gewissen Betrag erhalten. Doch es gibt in den USA bereits eine Initiative, die ein womöglich attraktives Projekt gestartet hat, bei dem nur fraglich ist, ob es unter geltendem Recht etwa auch in Deutschland überhaupt praktiziert werden könnte, auch wenn Geld keine Rolle spielt.

Die Idee von LifeSharers ist ganz einfach. Wer schon zu Lebzeiten bereit ist, im Falle seines Todes seine Organe oder zumindest bestimmte Organe zu spenden, muss dafür kein Geld erhalten, aber er könnte eine andere Vergünstigung gegenüber denjenigen erwarten, die ihre Organe zurückhalten und sich egoistisch verhalten. Normalerweise muss man sich, wenn man eine Transplantation benötigt, über eine zugelassene Klinik auf eine landesweite Warteliste setzen lassen, die von einer nichtkommerziellen Organisation nach bestimmten Kriterien verwaltet wird. Ein Organ zu erhalten, lässt sich im Prinzip nicht beeinflussen.

Die Mitglieder von LifeSharers - ein kostenloses, nichtkommerzielles Netzwerk von Organspendern - werden nun zwar auch in die Warteliste der United Network for Organ Sharing (UNOS) nach den üblichen Kriterien eingetragen. Die Organisation aber meldet den verantwortlichen Stellen, dass es sich um eines ihrer Mitglieder handelt. Wird nun ein Organ von einem gestorbenen LifeSharers-Mitglied angeboten, so sollen erst die auf der Warteliste stehenden Mitglieder berücksichtigt werden, erst dann könnte es einem beliebigen anderen Empfänger angeboten werden.

Wer gibt, soll für seine Bereitschaft also auch belohnt werden. Das klingt vernünftig und ist ja auch das Prinzip von Tauschbörsen. Ob es aber reichen wird, dass dieser explizit geäußerte Wunsch, seine Organe an erster Stelle nur anderen LifeSharers-Mitglieder anzubieten, wird man sehen müssen. Bislang kann bei UNOS seit kurzem nur eine Person, nicht aber eine Gruppe von Menschen als bevorzugter Empfänger angegeben werden, wenn man eine Organspende gemacht hat. Die Mitgliedschaft bei LifeSharers will man nicht berücksichtigen, was bedeutet, dass dies vor Gericht ausgehandelt werden muss, denn bislang ist noch kein Mitglied von LifeSharers organentnahmefähig gestorben. Auch ansonsten stößt die Initiative auf wenig Förderung.

Übrigens sind nicht nur die Mitglieder selbst als Empfänger privilegiert, sondern auch ihre Familienmitglieder - nach der Devise: "Unser Versprechen: Das nächste Leben, das du rettest, kann dein eigenes oder das eines von dir geliebten Menschen sein." Die Frage dürfte neben der wohl allgemein überzeugenden Idee eines egoistischen Altruismus oder altruistischen Egoismus sein, dass der Markt der Organspenden auch noch zentralistisch unter der Maxime gesteuert ist, dass der eigene Körper den Menschen nicht gehört. Ob das noch lange akzeptiert werden wird, darf bezweifelt werden. Außer kraft gesetzt wird die "Gerechtigkeit" des kontrollierten Altruismus zudem faktisch durch die sinkende Bereitschaft von Organspendern und dem Florieren des Schwarzmarktes.