Einstein im Frühstücksfernsehen

US-Wissenschaftler will Politiker übers Fernsehen besser aufklären

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Der amerikanische Neurowissenschaftler Terrence Sejnowski plädiert in der aktuellen Ausgabe von Science für die Gründung eines Fernsehsenders, der rund um die Uhr wissenschaftliche Informationen ausstrahlt.

In der amerikanischen Politik werden nach Sejnowski wissenschaftliche Zusammenhänge oft unzulässig vereinfacht und nach ihrem Sensationsgehalt beurteilt. Nur sieben der insgesamt 535 US-Kongressabgeordnete haben vor ihrer Wahl einen naturwissenschaftlichen Beruf ausgeübt. Das erklärt für Sejnowski auch, dass die Gesetzgebung zur Stammzellenforschung in den USA aus Sicht der Wissenschaft so ungünstig ausgefallen ist. Anders in England: Dort haben 10% der Abgeordneten im Oberhaus Erfahrungen in den Naturwissenschaften, was sich auch in der dortigen Gesetzeslage widerspiegle.

Einen großen Teil ihrer wissenschaftlichen Informationen erhalten amerikanische Abgeordnete darüber hinaus aus Lobby-Kreisen. So ist zusätzlich neben der Qualität der Entscheidungen auch noch die Objektivität in Gefahr.

Als Lösung dieses Problems schlägt Sejnowski einen Fernsehsender vor, der für die Wissenschaft eine ähnliche Aufgabe übernehmen soll wie der Sender C-SPAN für die Politik. C-SPAN verbreitet seit 1979 sieben Tagen die Woche 24 Stunden lang Informationen über Politik und öffentliche Angelegenheiten in den USA.

Besonders in kritischen Situationen wie zum Beispiel Epidemien oder Biowaffenanschlägen hätte die amerikanische Bevölkerung auf diese Weise einen ständigen Zugang zu unabhängigen Experten-Informationen. Dadurch ließen sich auch Pannen vermeiden wie zum Beispiel 2001, als in den amerikanischen Medien immer wieder von einem Anthrax-Virus gesprochen wurde anstatt von einem Bakterium.

Offen lässt Sejnowski jedoch die Frage, wann die US-Politiker noch politische Entscheidungen treffen sollen, wenn sie künftig 24 Stunden am Tag vor dem Fernsehgerät sitzen, um in punkto Virologie, Boltzmann-Gleichung und der Verteilung von dunkler Materie im Weltall auf dem neuesten Stand zu bleiben.

Daneben lässt sich jedoch auch bezweifeln, dass ein Präsident, der seine Entscheidung, die Stammzellenforschung einzuschränken, mit den Worten "I also believe human life is a sacred gift from our Creator" untermauert, sich allein deshalb so entschieden hat, weil ihm das notwendige wissenschaftliche Wissen fehlt.